Festzuschuss (Zahnersatz)
Für die Versorgung mit Zahnersatz gilt seit 2005 ein Festzuschusssystem: Gesetzliche Krankenkassen zahlen seither für Zahnersatz wie Brücken, Kronen, Implantate und Prothesen, einen festgelegten Zuschuss, den sogenannten Festzuschuss. Dessen Höhe richtet sich nach dem konkreten Befund und der dafür vorgesehenen Regelversorgung. Den verbleibenden Anteil der Gesamtkosten trägt der Patient selbst (Eigenanteil). Gesetzliche Regelungen zum Zahnersatz enthalten §§ 55 ff. SGB V.
Wie hoch ist der Festzuschuss?
Die Höhe des Festzuschusses, den die Krankenkasse für die Versorgung mit Zahnersatz zahlt, richtet sich ausschließlich nach dem Befund je Zahn, welchen der Zahnarzt stellt. Der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) hat für verschiedene Befunde eine sogenannte Regelversorgung festgelegt (sog. Festzuschuss-Richtlinie).
An den Kosten dieser festgeschriebenen Regelversorgung für den Zahnersatz beteiligten sich die Krankenkassen grundsätzlich in Form eines Festzuschusses zu 60 Prozent. Eine Erhöhung der Festzuschüsse ist durch ein regelmäßig geführtes Bonusheft möglich. In Härtefällen übernimmt die Krankenkasse die Kosten vollständig.
In der vom GBA erlassenen Festzuschuss-Richtlinie (§ 56 Abs. 1 SGB V) wird das Festzuschusssystem genauer geregelt. Die Festzuschuss-Richtlinie enthält circa 50 Befunde, die dazugehörige Regelversorgung, deren Kosten sowie die konkreten Beträge der Festzuschüsse. Die Festzuschussbeträge werden anhand von Durchschnittswerden errechnet und jedes Jahr neu festgelegt.
Eine Liste für die Festzuschüsse zum Zahnersatz 2022 finden Sie in der Festzuschuss-Richtlinie des GBA als Tabelle.
Regelversorgung
Jedem Befund, den der Zahnarzt stellt, ordnet der Gemeinsame Bundesausschuss eine sogenannte Regelversorgung zu, die ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich ist und auf die Versicherte einen gesetzlichen Anspruch haben. Hierbei handelt es sich um den zahnmedizinisch notwendigen Zahnersatz.
Ausgehend von den Kosten dieser Regelversorgung bestimmt sich, welchen Festzuschuss die Krankenkasse für den Zahnersatz bezahlt. Grundsätzlich liegt dieser Festzuschuss bei 60 Prozent der Regelversorgungskosten.
Festzuschuss & höherwertige Versorgung
Versicherte haben die Möglichkeit, sich für eine andere Behandlung bzw. Leistung als die Standardtherapie (Regelversorgung) zu entscheiden. So können Patienten einen hochwertigeren, ästhetischen und/oder komfortableren Zahnersatz wählen.
An der Höhe des Festzuschusses ändert sich durch die Entscheidung des Versicherten nichts: Der Zuschuss, der von der Krankenkasse gezahlt wird, orientiert sich stets an der vorgesehenen Regelversorgung und bleibt daher gleich. Mehrkosten muss der Versicherte allein tragen, sodass sich sein Eigenanteil erhöht.
Mehrkosten entstehen sowohl bei einer gleichartigen Versorgung als auch bei einer andersartigen Versorgung.
Um eine „gleichartige Versorgung“ handelt es sich, wenn zwar grundsätzlich noch die medizinisch notwendige Regelversorgung stattfindet, die aber auf Wunsch des Patienten mit zusätzlichen Leistungen ergänzt wird. Diese Extra-Leistungen beziehen sich in der Regel auf den Komfort, die Ästhetik oder Kosmetik.
Bei der sogenannten „andersartigen Versorgung“ weicht der gewünscht Zahnersatz komplett von der Regelversorgung ab, unterscheidet sich also nach Art, Umfang und Funktion.
Beispiele:
Bei einem einzelnen fehlenden Backenzahn ist regelmäßig eine Brücke als Standardbehandlung vorgesehen. Wählt der Versicherte statt einer Brücke die Versorgung des fehlenden Zahns mit einem kostenintensiveren Implantat, auf dem eine Krone befestigt wird, bleibt der für diesen Befund gezahlte Zuschuss derselbe.
Das gilt auch, wenn sich der Patient für eine Brücke aus Vollkeramik entscheidet, aber Versicherte nach gesetzlichen Vorschriften nur Anspruch auf Versorgung mit einer Brücke aus Metall haben.
Patienten, die eine von der Standardtherapie abweichende Behandlung durchführen lassen, tragen die Mehrkosten stets selbst.
Festzuschuss und Bonusheft
Grundsätzlich übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen 60 Prozent der Kosten der Regelversorgung (§ 55 Abs. 1 S. 2 SGB V). Nehmen Versicherte allerdings nachweislich regelmäßig an Vorsorgeuntersuchungen beim Zahnarzt teil, können sie dadurch den Festzuschuss erhöhen. Wurde das Bonusheft in den letzten fünf Jahren vor Behandlungsbeginn lückenlos ausgefüllt, erhöht sich der Zuschuss auf 70 Prozent (§ 55 Abs. 1 S. 3, 4 SGB V). Bei zehn Jahren steigt der Festzuschuss auf 75 Prozent (§ 55 Abs. 1 S. 5 SGB V).
Für einen entsprechenden Eintrag im Bonusheft müssen sich Versicherte einmal im Kalenderjahr, vor Vollendung des 18. Lebensjahres einmal im Kalenderhalbjahr, einer zahnärztlichen Untersuchung unterzogen haben.
Durch das Bonussystem sollen regelmäßige präventive Kontrollen beim Zahnarzt gefördert werden, um Krankheiten gegebenenfalls frühzeitig erkennen und behandeln zu können. Dadurch kann Zahnersatz letztlich sogar entbehrlich werden. Gleichzeitig sollen Versicherte für ihre regelmäßige Teilnahme an Vorsorgeuntersuchungen "belohnt" werden, falls sie irgendwann Zahnersatz benötigen.
Beispiel:
Die Kosten für die Versorgung mit Zahnersatz belaufen sich auf 800 Euro.
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Festzuschuss der Krankenkasse | Eigenanteil |
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ohne Bonus (60 %) | 480 Euro | 320 Euro |
Bonus 1 (70 %) | 560 Euro | 240 Euro |
Bonus 2 (75 %) | 600 Euro | 200 Euro |
Härtefallregelung
Für Personen, die durch den Eigenanteil der Zahnersatzbehandlung unzumutbar belastet werden, weil sie ein besonders geringes Einkommen haben, ist eine Härtefallregelung vorgesehen, § 55 Abs. 2 SGB V. Ein Härtefall liegt vor, wenn die monatlichen Bruttoeinnahmen die Einkommensgrenze nicht überschreiten.
Im Jahr 2022 gelten insoweit folgende Grenzen:
- Alleinstehende: 1.316 Euro
- mit einem Angehörigen: 1.809,50 Euro
- je weiterem Angehörigen: 329 Euro
Versicherte müssen die Härtefallregelung beantragen und ihr Einkommen nachweisen. Anschließend prüft die Krankenkasse, ob ein Härtefall vorliegt.
Liegt ein Härtefall vor, übernimmt die Kasse die Kosten für die Zahnersatzversorgung vollständig (100%). Diese vollständige Kostenübernahme bezieht sich wiederum nur auf die Regelversorgung.
Erhöhung der Festzuschüsse ab 1. Januar 2021
Durch das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) gelten seit 1. Januar 2021 die zuvor genannten, höheren Festzuschüsse für Zahnersatz für gesetzlich Versicherte.
Bis zum 31. Dezember 2020 lag der Festzuschuss grundsätzlich bei 50 Prozent. Konnten per Bonusheft regelmäßig durchgeführte zahnärztliche Untersuchungen in den letzten 5 bzw. 10 Jahren nachgewiesen werden, erhöhten sich die Festzuschüsse früher auf 60 bzw. 65 Prozent.
Heil- und Kostenplan
Über die Festzuschüsse für den Zahnersatz entscheiden die gesetzlichen Krankenkassen anhand eines Heil- und Kostenplans (HKP), der von dem behandelnden Zahnarzt vor Behandlungsbeginn aufzustellen ist. In diesem Heil- und Kostenplan gibt der Zahnarzt den konkreten Befund (zum Beispiel "Erhaltungswürdiger Zahn", "Zahnbegrenzte Lücke" oder "Einzelzahnlücke"), die Regelversorgung (beispielweise Krone, Brücke, Verblendung) und die konkret geplante Behandlung (etwa Implantat, Prothese) sowie die voraussichtlichen Kosten in Bezug auf jeden einzelnen Zahn an. Aus dem Heil- und Kostenplan, welcher bei der Krankenkasse eingereicht werden muss, ergibt sich nach Festsetzung der Festzuschüsse durch die Kasse, welchen Eigenanteil der Versicherte zu tragen hat. Mit der Zahnersatz-Behandlung darf erst begonnen werden, wenn die Krankenkasse den Behandlungsplan mit der Zuschussfestsetzung bewilligt hat.
Bei gesetzlich Versicherten ist für den Heil- und Kostenplan die Verwendung eines zweiteiligen Formulars vorgesehen. Gesetzlich verankert ist der Heil- und Kostenplan in § 87 Abs. 1a SGB V.
Zahnzusatzversicherung
Zahnzusatzversicherungen erstatten unter Umständen (teilweise) bei einer Zahnersatzbehandlung die Kosten, die über dem Festzuschuss liegen und als Eigenanteil von dem Versicherten zu tragen sind. Entscheidend ist dabei der abgeschlossene Tarif.
Entwicklung
Das Festzuschusssystem in seiner heutigen Form wurde im Rahmen des GKV-Modernisierungsgesetzes im Jahr 2005 eingeführt. Bis dahin beteiligten sich die Krankenkassen mit einem prozentualen Zuschuss von 50 Prozent an den Kosten für Zahnersatz, für bestimmte Therapien gab es zumeist keinen Zuschuss. Das befundbezogene Festzuschusssystem hat dieses Verfahren ersetzt. An der grundsätzlichen prozentualen Beteiligung von mindestens 50 Prozent wurde dabei festgehalten, ebenso am Bonussystem sowie dem Heil- und Kostenplan. Größere Novellierungen gab es seither nicht mehr. Zum 1. Januar 2021 erhöhten sich die Festzuschüsse für Zahnersatz schließlich auf 60 Prozent (sowie auf 70 Prozent beziehungsweise 75 Prozent, wenn das Bonusheft fünf beziehungsweise zehn Jahre lückenlos geführt ist).
Kritik
Ein Vorteil des Festzuschusssystems wird in einer größeren Wahlmöglichkeit der Versicherten gesehen: Patienten können die konkrete Therapie frei wählen und sich auch für eine solche Versorgung entscheiden, die nach altem Recht nicht bezuschusst worden wäre; den Festzuschuss erhalten sie in jedem Fall. Zudem sollte mit dem befundbezogenen System eine soziale Schieflage korrigiert werden: Da der Zuschuss früher prozentual an die Gesamtkosten der Versorgung gekoppelt war, erhielten diejenigen, die sich eine höherwertige Versorgung leisteten, mehr Unterstützung aus der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Laut der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) seien die Ausgaben der GKV für Zahnersatz gesunken. Zudem erfahre das System eine hohe gesellschaftspolitische Akzeptanz, so die KZBV.
Von unterschiedlichen Seiten wird kritisiert, dass das Festzuschusssystem zu einer finanziellen Überforderung der Versicherten führe. Die KZBV weist dies allerdings zurück: Der Anteil der Härtefälle beim Festzuschuss sei konstant beziehungsweise habe sich nicht erhöht. Dies sieht die KZBV als Indikator dafür, dass Patienten zumindest nicht übermäßig finanziell belastet werden.