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Urteile

Zahnersatzbehandlung im EU-Ausland nur mit Heil- und Kostenplan

Krankenkasse muss Behandlung vorab genehmigen
veröffentlicht am 05.07.2019 von Redaktion krankenkasseninfo.de

Ansicht eines Heil- und Kostenplans ( Ausschnitt) Ansicht eines Heil- und Kostenplans ( Ausschnitt)(c) KZBV
Versicherte, die sich im EU-Ausland einer Zahnersatzbehandlung unterziehen, müssen bei ihrer Krankenkasse einen Heil- und Kostenplan des dort behandelnden Arztes vorlegen und genehmigen lassen, um Anspruch auf Erstattung der Kosten zu haben. So entschied das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen am 14.5.2019 (Az.: L 4 KR 169/17).

2019-07-05T14:50:00+00:00
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Geklagt hatte eine 38-jährige Frau, die sich einer Zahnersatzbehandlung in Polen unterzogen hatte. Ihrer Krankenkasse hatte sie einen Heil- und Kostenplan (HKP) ihres Zahnarztes in Deutschland vorgelegt, welcher sich auf rund 5.000 Euro belief. Die Krankenkasse bewilligte auf dessen Grundlage einen Festzuschuss in Höhe von ca. 3.550 Euro für Zahnersatz im Ober- und Unterkiefer.

Um ihren Eigenanteil möglichst gering zu halten, begab sich die Frau zur Zahnersatzbehandlung nach Polen. Die Rechnung der behandelnden polnischen Zahnärztin in Höhe von 3.250 Euro reichte sie bei ihrer Krankenkasse ein.

Kasse lehnte Erstattung teilweise ab

Diese zog den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) hinzu. Auf Basis der gutachterlichen Stellungnahme des MDK, wonach die durchgeführte Behandlung im Unterkiefer mangelhaft sei und nicht den in Deutschland geltenden Qualitäts- und Konstruktionskriterien entspreche, lehnte die Krankenkasse eine Kostenerstattung für die Versorgung im Unterkiefer ab. Sie bezuschusste lediglich die Zahnersatzbehandlung im Oberkiefer. Ein Widerspruch der Frau blieb erfolglos.

Daraufhin erhob die Frau Klage. Das Sozialgericht (SG) Braunschweig gab ihr zwar zunächst Recht, doch das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen hob die erstinstanzliche Entscheidung auf und wies die Klage ab. Auf die Mangelhaftigkeit des Zahnersatzes kam es nach Ansicht des Gerichts dabei nicht an.

Zahnersatzbehandlung bedarf Genehmigung

Zur Begründung führten die Richter an, dass ambulante Behandlungen im EU-Ausland zwar keiner Genehmigung allein wegen dem Umstand bedürfen, dass sie in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union in Anspruch genommen werden. Allerdings seien andere Genehmigungserfordernisse, die nach nationalem Recht vorgesehen sind, weiterhin einzuhalten.
Dies gelte insbesondere bei der Zahnersatzbehandlung, bei der die Krankenkasse einen Heil- und Kostenplan prüfen und genehmigen muss (vgl. § 87 Abs. 1a SGB V).

Heil- und Kostenplan erforderlich

Unterziehen sich Versicherte einer Zahnersatzbehandlung im EU-Ausland, so setzt ein Anspruch auf Festzuschüsse voraus, dass sie ihrer Krankenkasse eine Unterlage vorlegen, die einem Heil- und Kostenplan gleicht, und die Kasse die Behandlung genehmigt.

Einen solchen Heil- und Kostenplan oder ein vergleichbares Dokument der behandelnden Zahnärztin in Polen hatte die Klägerin allerdings nicht vorgelegt. Die Krankenkasse hatte lediglich den Heil- und Kostenplan des Zahnarztes in Deutschland genehmigt, welcher einen entsprechenden Plan der polnischen Praxis aber nicht ersetzen kann.

Dieses Genehmigungsverfahren sei unabhängig davon durchzuführen, ob die Behandlung im Inland oder Ausland erfolgen soll. Auf diese Weise werde der Krankenkasse vor Behandlungsbeginn Gelegenheit gegeben, die Zahnersatzversorgung auf ihre Notwendigkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit zu untersuchen und gegebenenfalls begutachten zu lassen. Ist das nicht möglich, führe dieser Umstand zum Ausschluss des Anspruchs des Patienten, wie im zugrundeliegenden Streitfall.

 

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