„Warum liegt hier eigentlich Stroh?"
Bei der Click-Jagd in den sozialen Medien testen die Krankenkassen gerne mal die GeschmacksgrenzenDass Krankenkassen nicht so hip sind wie Klamotten- oder Smartphonehersteller, ist eher ein Problem der beauftragten Werbeagenturen. Denn schließlich ist es deren Job, mit witzigen Kampagnen das dröge Image aufzupolieren und das eine oder andere Zielgruppenmitglied zu einem Krankenkassenwechsel zu bewegen.
Manchmal entspringen der Kreativität der Kreativen gerade bei solchen Aufträgen die schillerndsten Blüten. So adaptierte die City BKK im Jahr 2009 die Tatsache, dass das Wort „krank“ in der Jugendsprache eine positiv besetzte Karriere gemacht hatte. Mit dem Label „Kranke Kasse“ und stylischen Chipkarten ging die Kasse eine Zeitlang auf Jungkundenfang, was sie allerdings nicht vor der Insolvenz rettete.
Klick mich, teil mich, like mich
Jahre später ist virales Zielgruppenmarketing in den Social-Media-Kanälen der neueste Schrei. Geklickt und geteilt wird, was unterhält. Und das muss nicht geistreich sein und darf gerne auch mal übers Ziel hinausschießen. So ließ die Knappschaft 2016 in einem Impf-Spot einen überzeugten Sextouristen mit dem Credo „Urlaub ist Eroberung“ auftreten. „Der eine bringt sich halt 'ne Tschin Gho aus Thailand mit, der andere die Mala-Ria aus Afrika..“ Aua..
Auch die BARMER scheut auf der Jagd nach Klicks im Netz keine Tabubrüche, um das klassisch eher un-hippe Image im Netz hinter sich zu lassen. In der aktuellen Social-Media-Kampagne soll es „emotional, bunt und lebensnah“ zugehen, wie es von Seiten der ausführenden Agentur TLLG heißt. Aber dass die Lebensnähe soweit geht, dass man einen Porno-Dialog zitiert, überrascht dann doch. Der verwendete Claim „Warum liegt hier überhaupt Stroh?“ stammt als Auftakt einer Fellatioszene aus der 'Feder' von Pornoregisseur Walter Molitor und verhalf dem Streifen „Achtzehneinhalb 18“ aus dem Jahr 2002 zu Kultpopularität. Dagegen erscheinen nun selbst die grunzenden Heavy-Metal-Fans aus der Wacken-Kampagne der BARMER von 2015 wie Chorknaben. Christian Bock, Marketing-Teamleiter der Barmer, lobte die neue Kampagne der Agentur für ihr „grundlegendes Verständnis für die Lebenswelt unserer Zielgruppe und den Platz der Marke Barmer darin“. Bingo!
Muss das wirklich sein?
'Locker' und 'unkonventionell' kommt zum Glück manchmal auch noch ohne den Bereich unter der Gürtellinie aus. Das zeigt die AOK Rheinland-Pfalz /Saarland mit Ihrer aktuellen Werbe-Adaption des Rio Reiser – Hits „König von Deutschland“. Für Fans des 1994 verstorbenen Sängers ist es wohl eher ein Ärgernis, wenn sein erfolgreichster Song von der Werbung okkupiert wird. Bei der Masse der User aber dürfte das sehr wohl ankommen. Ob sie nun tatsächlich auch den neuen Text unter der Dusche trällern werden, kann nur gemutmaßt werden. Hier schon mal zum Mitschreiben: „Osteopathie und noch viel meeeeehr - würd ich kriegen wenn ich AOK versichert wär'...
Für Krankenkassen sollten Leistungen und Servicequalität als Werbeträger ein Selbstläufer sein. Denn wenn die stimmen, könnte für die Werbung gelten: Weniger ist mehr.
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Ab 2021 kommt das Aus für Wattestäbchen
Das EU-Parlament hat Ende Oktober ein Verbot von Wegwerf-Artikeln aus Kunststoff beschlossen. Neben Wattestäbchen und Plastikgeschirr werden unter anderem auch Trinkhalme, Rührstäbchen für Kaffee, dünne Plastiktüten und Luftballonstäbe vom europäischen Markt verschwinden.