Verbände zur Finanzmisere der Krankenkassen
Reformpolitik von Jens Spahn kommt im ungünstigsten Augenblick zum TragenKostendruck war schon vor der Pandemie zu spüren
Auch die Ersatzkassen tragen schwer an den finanziellen Einbußen und sehen dafür verschiedene Ursachen, die zusammenspielen. Durch die Krise würden einerseits Mehrausgaben anfallen, weil die gesetzlichen Krankenkassen während der Pandemie viele gesamtgesellschaftliche Aufgaben übernommen haben. Auf der anderen Seite fehlten aber „Beitragseinnahmen aufgrund von pandemiebedingter Kurzarbeit“, so die Vorstandsvorsitzende des Verbandes der Ersatzkassen (vdek), Ulrike Elsner. Allerdings, so Elsner weiter, habe der Finanzdruck schon vor der Pandemie auf den Kassen gelegen und sei nur vorübergehen durch wegfallende oder verschobene Behandlungen abgemildert worden.
Einige Ersatzkassen seien dabei, ihre finanziellen Rücklagen wie gesetzlich vorgegeben abzubauen. Deren Zusatzbeitrag sei deshalb auch deshalb Ende September bereits nicht mehr kostendeckend gewesen. Den Rückgriff auf die Rücklagen der Krankenkassen sehen die Ersatzkassen als „einen einmaligen Vorgang“ an, der nur durch eine außergewöhnliche Pandemiesituation gerechtfertigt sei. „Wir erwarten aber, dass sich ein solcher Eingriff in die Finanzautonomie der Selbstverwaltung nicht wiederholt“, so Elsner.
BKK-Verband sieht „Fehlentwicklungen“
Selbst bei Konjunktur-Erholung sei abzusehen, dass die Ausgabenentwicklung die GKV nicht nur im nächsten, sondern auch in den kommenden Jahren vor erhebliche Herausforderungen stellen wird, sagte
Franz Knieps, Vorstand des BKK Dachverbandes gegenüber krankenkasseninfo.de Als Ursachen dafür nennt der BKK-Chef nicht nur die wegbrechenden Beitragseinnahmen durch die Pandemie, sondern auch verschiedene neue Gesetze wie das Terminservice-und Versorgungsgesetz (TSVG) und bestimmte mit ihnen verbundene „Fehlentwicklungen“.
AOK: 33 Milliarden wegen Spahns Gesetzen
Auch der Chef des AOK-Bundesverbands Litsch benennt unmissverständlich „kostspielige Gesetze“ von Bundesgesundheitsminister Spahn als eine Hauptursache für die Finanzmisere bei den Kassen. Die „Spahn‘sche Gesetzgebung „ dagegen verursache zwischen 2019 und 2020 Extraausgaben von rund 33 Milliarden Euro, so der AOK-Chef weiter.
Die Kombination aus ungebremstem Ausgabenanstieg und sinkenden Einnahmen würde sich bereits 2021 auf die Höhe vom Zusatzbeitrag auswirken. Aber auch für 2022 sieht der Verbandschef „eine zweite Welle von Beitragsanhebungen“ auf die Versicherten zukommen. Ohne politisches Gegensteuern drohe sogar eine Verdopplung des durchschnittlichen Zusatzbeitrags. Die bislang beschlossenen Gegenmaßnahmen der Bundesregierung seien laut Litsch bei weitem nicht ausreichend.
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