Urteil: Krankenkasse muss für besseres und teureres Hörgerät aufkommen
Das messbar bessere Sprachverständnis, das auch bei störenden Umgebungsgeräuschen erhalten bleibt, stelle demnach einen „erheblichen Gebrauchsvorteil“ dar. In diesem Fall seien die Krankenkassen verpflichtet, das Hilfsmittel zum Behinderungsausgleich zu gewähren.
Krankenkasse verweigerte besseres Hörgerät
Allerdings ließen die Potsdamer Richter die Revision zum Bundessozialgericht (BSG) in Kassel zu. Die schwerhörige Klägerin hatte ursprünglich bei ihrer Krankenkasse die Versorgung mit dem höherwertigen Hörgerät „KINDuro 3410“ beantragt. Die Kosten dafür betrugen 3.320 Euro. Ein zuvor durchgeführter Hörgeräte-Test hatte ergeben, dass die Betroffene mit den beidseitigen Hörgeräten über ein um fünf Prozent besseres Sprachverständnis verfügte als mit zuzahlungsfreien Systemen. Auch bei Störschall erreichte sie ein um 2,5 Prozent besseres Sprachverstehen. Dennoch lehnte ihre Krankenkasse die Versorgung mit dem Hörgerät ab mit dem Hinweis, , dass ein zuzahlungsfreies Hörgerät zum Festbetrag von 1.438 Euro ausreichend sei. Wolle die Versicherte dennoch das gewünschte Hörgerät, müsse sie die Differenz von 1.816 Euro selbst tragen.
Anspruch auf vollen Behinderungsausgleich
Grund für diese Entscheidung der Krankenkasse sei die nur minimale Verbesserung des Sprachverstehens im Vergleich zu den zuzahlungsfreien Geräten. Die Ergebnisse lägen zudem im Rahmen der Messtoleranzen des normierten Freiburger Sprachtests. Der „erhebliche Gebrauchsvorteil“ sei daher nicht gegeben. Das zuständige LSG entschied jedoch zugunsten der Klägerin: Es verpflichtete die Krankenkasse dazu, auch den Restbetrag zu zahlen. Die Krankenkasse sei grundsätzlich verpflichtet, Behinderungen wie in diesem Fall auszugleichen. Es müsse ein bestmöglicher Ausgleich nach dem jeweiligen Stand des medizinischen und technischen Fortschritts geschaffen werden, so das Landgericht. Hörbehinderte hätten Anspruch auf einen vollen Behinderungsausgleich, der auch für größere Räume und störende Umgebungsgeräusche gelte.
In der Urteilsbegründung verweisen die Richter darauf, dass der Anspruch auf Hilfsmittel zum Behinderungsausgleich sich nicht auf den Basisausgleich im Sinne einer Minimalversorgung beschränken muss. Wenn ein Hilfsmittel einen messbaren und nachgewiesenen erheblichen Gebrauchsvorteil gegenüber preisgünstigeren Geräten bietet, hätten Versicherte auch einen Anspruch darauf.
AZ: L 14 KR 129/22
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