Pflegeversicherung: Kinderreiche Familien müssen bei Beiträgen stärker entlastet werden
Gesetzgeber soll Änderungen auf den Weg bringenDer Entscheidung der Verfassungsrichter lagen mehrere Verfassungsbeschwerden sowie eine Richtervorlage zugrunde. Im Kern betrafen die Verfahren die Frage, ob die Betreuung und Erziehung von Kindern bei der Bemessung der Beiträge zur Pflegeversicherung gesetzlichen Rentenversicherung und Krankenversicherung berücksichtigt werden müssen.
Anzahl der Kinder bisher nicht berücksichtigt
Gegenwärtig liegt der Beitragssatz der Pflegeversicherung bei 3,05 Prozent. Kinderlose müssen ab Vollendung des 23. Lebensjahres zusätzlich einen Beitragszuschlag zahlen, der zum Jahresbeginn 2022 auf 0,35 Prozent angehoben wurde. Damit zahlen Kinderlose einen höheren Beitrag zur Pflegeversicherung als Eltern. Die Anzahl der Kinder wird allerdings nicht berücksichtigt.
Zur Entlastung von Familien mit mehreren Kindern genügen diese Beitragsregelungen nicht, so das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in seiner neusten Entscheidung. Die von der Anzahl der Kinder unabhängige Beitragsbelastung benachteilige in der Pflegeversicherung Eltern mit mehr gegenüber solchen mit weniger Kindern – und zwar bereits ab dem zweiten Kind. Als Grund führen die Verfassungsrichter an, dass mit zunehmender Kinderzahl auch die Kostenlast, etwa durch Kindererziehungskosten, steige. Diese Benachteiligung werde im System der sozialen Pflegeversicherung momentan nicht hinreichend kompensiert.
Das BVerfG sieht insoweit einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 I GG). Daran gemessen sei die von der Kinderzahl unabhängige gleiche Beitragsbelastung von Eltern unverhältnismäßig und deshalb verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt.
Wie geht es nach dem Urteil weiter?
Die derzeit geltenden Beitragsregelungen können vorerst weiter angewendet werden. Bis zum 31. Juli 2023 muss der Gesetzgeber allerdings eine Neuregelung schaffen.
Bei der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung sind die gleichen Beitragsbelastungen von Eltern und Kinderlosen laut BVerfG hingegen verfassungskonform. In beiden Sozialversicherungszweigen würde der wirtschaftliche Erziehungsaufwand hinreichend kompensiert, sodass Eltern nicht benachteiligt würden.
In der Rentenversicherung erfolge dieser Ausgleich durch die Anrechnung von Kindererziehungszeiten, in der Krankenversicherung würden Familien vor allem durch die beitragsfreie Familienversicherung sowie kinderbezogene Gesundheitsleistungen im Rahmen des sozialen Ausgleichs entlastet.
[ Aktenzeichen: 1 BvL 3/18, 1 BvR 717/16, 1 BvR 2257/16, 1 BvR 2824/17 ]
-
AOK Sachsen-Anhalt bietet kostenlose Pflegeberatung – auch für Nichtmitglieder
Die Pflege eines Angehörigen erfordert viel von denjenigen die sie leisten und geht nicht selten zu Lasten der Gesundheit. Die AOK Sachsen-Anhalt unterstützt Pflegende auf vielfältige Weise. Unter anderem können Pflegende, auch wenn sie kein AOK-Mitglied sind, kostenlose Beratungen in Anspruch nehmen. -
Fragen zum Pflegeantrag oder Pflegeleistungen? „Anna erklärt’s”
Wer sich über Pflegeleistungen oder das Antragsprozedere zur Pflegeversicherung beraten lassen will, kann dies als Versicherte(r) der BKK Pfalz nun auch ausschließlich digital erledigen. Als erste gesetzliche Krankenkasse bietet die bundesweit geöffnete gesetzliche Krankenkasse eine interaktive virtuelle Beratung an. -
Wegen gefälschter Arztzeugnisse: Krankenhaus bleibt auf OP-Kosten sitzen
Gesetzliche Krankenkassen müssen für Krankenhausbehandlungen, an denen ein Nichtarzt mitgewirkt hat, nicht bezahlen. Dem Krankenhausträger steht laut dem höchsten Sozialgericht dann wegen des sogenannten Arztvorbehalts kein Vergütungsanspruch zu.