Einmischung der Krankenkasse bei Psychotherapie und Krankschreibungen rechtswidrig
FDP rät Betroffenen, der Kasse das Recht auf Anrufe zu entziehen und Beschwerde einzulegenDie Unzulässigkeit von direkten Beratungsanrufen der Kassen ohne Einverständnis von Versicherten ergebe sich aus §44 Abs 4 SGV V. Weiterhin gelte der verfassungsrechtliche Schutz der Therapiefreiheit durch Artikel 5 Absatz 3 Satz 1 sowie der Berufsfreiheit durch Artikel 12 Absatz 1 Satz 1 (Berufsfreiheit) des Grundgesetzes.
Laut Bundesregierung hätten die Krankenkassen im Zeitraum von 2017 mehr als 700.000 derartiger Einwilligungserklärungen eingeholt. Diese Sorgfalt ließen die Krankenkassen jedoch im Bereich der Psychotherapie vermissen, wo es zu Anrufen ohne Genehmigung kam.
Einschüchterungen und Drohungen am Telefon
Der Bundesverband der Vertragspsychotherapeuten (bvvp) monierte in diesem Zusammenhang, dass es ausschließlich Ärzten und Psychotherapeuten obliege, Behandlungsempfehlungen auszusprechen. Nicht wenige Krankenkassen würden sich aber systematisch über diesen Grundsatz hinwegsetzten. So habe es laut einer Umfrage bei Therapeutenverbänden circa 100 Fälle von Einmischungen von Kassen in die Diagnosen und Therapieempfehlungen gegeben, die dokumentiert und angemahnt worden seien. Bei diesen Vorfällen seien Patienten von Krankenkassenmitarbeitern eingeschüchtert worden mit dem Drohszenario, dass die Krankschreibung bei Nichtbefolgung der Vorschläge aufzuheben.
MDK für Überprüfungen zuständig
Weiterhin stellte die Regierung klar, dass zur Überprüfung von Behandlungserfolgen oder bei begründeten Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit nicht die Krankenkassen selbst zu handeln haben, sondern der Medizinische Dienst (MDK) einzuschalten ist.
Die FDP stellte abschließend klar, dass eine „Einflussnahme der Krankenkassen auf psychotherapeutische Behandlungen“ unzulässig sei und verhindert werden müsse. Der FDP-Gesundheitspolitiker Wieland Schinnenburg (MdB) rät bei einer ungewollten Einmischung der Krankenkasse dazu, auch ihre bereits erteilte Einwilligung dafür zu widerrufen und sich bei der Aufsichtsbehörde zu beschweren. Von ihrem Beschwerderecht sollten nach Ansicht des Juristen auch Ärzte und Psychotherapeuten Gebrauch machen.
Quelle: Ärzteblatt
-
Ablehnungsquote für Psychotherapie stark angestiegen
Wer psychisch krank ist, aber dringenden Bedarf für eine Psychotherapie nachweist, kann laut Sozialgesetzbuch die Kosten für eine Therapie auch bei privaten Therapeuten abrechnen. Die Kassen lehnen allerdings immer mehr solcher Anträge ab – aus Kostengründen. -
Erster Schritt zur Therapie: Die psychotherapeutische Sprechstunde
Niedergelassene Psychologen müssen seit 2017eine allgemeine psychotherapeutische Sprechstunde anbieten. Das ermöglicht hilfesuchenden Menschen mit psychischen Erkrankungen und Belastungen einen schnellen Zugang zur therapeutischen Versorgung. -
Anspruch auf Krankengeld trotz verspäteter Meldung bei Krankenkasse
Fällt die verspätete Einreichung eines Krankenscheins in den Verantwortungsbereich der Krankenkasse, kann Versicherten dennoch einen Anspruch auf Krankengeld zustehen. Das entschied das Sozialgericht (SG) München mit Urteil vom 17. Juni 2020 in einem Fall, in dem ein Arzt einen Krankenschein erst nachträglich ausgestellt hatte.