Dreiwochenfrist bei Leistungsanträgen: Sozialgericht ändert bisherige Regelungen
Versicherte haben keinen Sachleistungsanspruch und müssen 'gutgläubig' gewesen seinZentraler Gegenstand des Urteils vom 26. Mai 2020 ist die sogenannte "Genehmigungsfiktion" (§13 Abs.3a S.6,7 SGB V). Laut dieser Regelung sind Krankenkassen verpflichtet, über Leistungsanträge von Versicherten innerhalb von drei Wochen zu entscheiden. Muss der MDK hinzugezogen werden, sind es fünf Wochen. Kann die Krankenkasse diese Frist nicht einhalten, hat sie dies den Versicherten schriftlich mitzuteilen. Tut sie dies nicht, gilt die beantragte Leistung nach Fristablauf automatisch als genehmigt (Genehmigungsfiktion). Die Versicherten können nach Ablauf der Dreiwochenfrist die Leistung selbstständig in Anspruch nehmen und haben Anspruch auf Kostenübernahme durch die Krankenkasse.
Ab sofort nur noch Vorkasse
Auf Grundlage der so genannten Genehmigungsfiktion haben Versicherte nach neuer Rechtsprechung des BSG in diesem Falle nur noch Anspruch auf Kosterstattung im Nachhinein. Ein Anspruch auf Sachleistung, wie er bisher juristisch angenommen wurde, besteht nun offiziell nicht. Nutzen die Versicherten das Fristenrecht und treten beispielsweise eine noch nicht genehmigte Reha eigenständig an, müssen sie die Rechnung dafür also zunächst selbst tragen. Die Kasseler Richter stellten mit ihrem Urteil klar, dass die Genehmigungsfiktion juristisch nur bewirkt, dass sich Versicherte die beantragte Leistung selbst beschaffen und anschließend die Kosten von der Krankenkasse erstatten lassen können.
"Gutgläubigkeit" wird vorausgesetzt
Ein solches Recht bestehe allerdings nur, wenn der Versicherte zu dem Zeitpunkt, wo er sich die Leistung selbst beschafft, „gutgläubig“ ist, also nicht weiß, dass der Anspruch tatsächlich nicht besteht. Sobald über den Leistungsanspruch in bindender Weise entschieden worden ist, ende das Selbstbeschaffungsrecht des Versicherten, welches durch die Genehmigungsfiktion vermittelt wird, da er fortan Kenntnis davon habe, ob er die Leistung beanspruchen kann. Er ist dann folglich nicht mehr „gutgläubig.“ Durch die Genehmigungsfiktion werde das Verfahren bezüglich der Leistungsgewährung (Verwaltungsverfahren) nämlich nicht abgeschlossen. Vielmehr sei die Krankenkasse auch nach diesem Zeitpunkt dazu berechtigt und verpflichtet, über den Antrag zu entscheiden.
Klage auf Medikamentenversorgung nach Fristversäumnis
Dem Urteil lag die Klage eines Versicherten zugrunde, welcher bei seiner Krankenkasse die Versorgung mit einem bestimmten Medikament zur Behandlung seiner Gangstörung beantragt hatte. Zugelassen ist dieses Medikament nur zur Behandlung einer Gangstörung bei Multipler Sklerose. Der Kläger leidet hingegen unter einer anderen Erkrankung. Das fragliche Medikament hatte sich der Kläger allerdings nicht selbst beschafft, sondern er verlangte die künftige Versorgung mit dem Medikament im Wege der Sachleistung. Seine Krankenkasse lehnte den Antrag ab, jedoch erst nach fast drei Monaten. Die gesetzlich vorgesehene Entscheidungsfrist der Krankenkasse war damit überschritten. Vor Gericht wollte der Mann daher seinen (vermeintlichen) Anspruch gegen seine Krankenkasse auf Versorgung mit dem Medikament als Sachleistungsanspruch durchsetzen.
Weitere Klärungen notwendig
Während die Vorinstanzen dem Kläger in Anlehnung an die bisherige Rechtsprechung des BSG diesen Anspruch zusprachen, führte die Revision der beklagten Krankenkasse zu der Rechtsprechungsänderung des BSG.
Ob die Klage des Mannes letztlich begründet ist, konnte das BSG nicht abschließend entscheiden, da noch nicht alle notwendigen Feststellungen getroffen worden sind. Daher hat das BSG die Sache an das Landessozialgericht (LSG) zurückverwiesen.
(BSG, Urteil vom 26.05.2020; Az.: B 1 KR 9/18 R)
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Ablehnung - wenn die Krankenkasse nicht zahlt
Anträge auf Kostenübernahme für Medikamente, Hilfsmittel oder Therapien können aus den verschiedensten Gründen von der Krankenkasse abgelehnt werden. -
Frist überschritten: Krankenkasse musste Kosten für Bauchstraffung im Ausland übernehmen
Wenn eine Krankenkasse ihre Versicherten länger als die vorgeschriebene Frist auf die Bewilligung einer Leistung warten lässt, gilt der Antrag als genehmigt. Der Anspruch auf Erstattung der Kosten gilt auch dann, wenn die Behandlung im Ausland durchgeführt wurde.