Organspenderegister startet stufenweise
Menschen können digital zum Organspender werden oder Änderungen an ihrer Entscheidung vornehmenOrganspende bleibt freiwillig
Im internationalen Vergleich hinkt Deutschland in Bezug auf Organspenden weit hinterher. Mehr als 8.000 Menschen pro Jahr warten hierzulande auf lebenswichtige Transplantationen, weil kein geeignetes Spenderorgan zur Verfügung steht. Den größten Bedarf an Spende-Organen gibt es bei Nieren. Weitere geeignete und benötigte Spenderorgane sind Leber, Lunge sowie Bauchspeicheldrüse und Dünndarm. Auch Gewebe wie Adern, Haut und Herzklappen kann man in Deutschland für Transplantationen zur Verfügung stellen.
Im Jahr 2020 reformierte der Bundestag die gesetzlichen Regelungen zur Organspende, um die Entscheidungsbereitschaft der Bevölkerung zu erhöhen. Das nun realisierte Organspenderegister beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gilt dabei als zentraler Punkt der Reform, um mehr Menschen zu einer Entscheidung für oder gegen Organspende zu animieren. Durch das digitale Register erhalten die Krankenhäuser einen Überblick auf die aktuelle Datenlage zur Organspende. Die freiwillige Entscheidung des Einzelnen, einer Spende zuzustimmen, bleibt die unangetastete Grundvoraussetzung für jegliche Organspende.
Zeitplan zur Einführung
Die Einführung des Organspenderegisters verläuft in mehreren Phasen: Seit dem 1. März 2024 ist das Register für die Bevölkerung freigeschaltet. Ab Juli werden dann die Krankenhäuser Zugang erhalten. Zwischen Juli und Ende September soll der Zugang zum Portal für Eintragende nach und nach auch über die digitale Identität möglich werden. Das wiederum ist die Voraussetzung dafür, um beispielsweise mit einer Krankenkassen-App auf das Register zugreifen zu können. Ab Januar 2025 wird das Register dann um den Bereich Gewebeentnahmen erweitert. Ursprünglich war der Start des Registers bereits für 2022 vorgesehen.
Deutliche Vorteile
Neben dem modernisierten Anmeldeverfahren für Spender dient das Register als verbesserte Informationsquelle für Ärztinnen und Ärzte. Diese stehen bisher vor dem Problem, dass viele potentielle Spender sich zu Lebzeiten weder für noch gegen eine Spende aussprachen. Oftmals müssen die Angehörigen dann die Entscheidung übernehmen. Damit verzögern sich aber die dringend benötigte Organspenden. Ein vergrößerter Pool an dokumentierten Entscheidungen vereinfache laut Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) die Arbeit von Ärztinnen und Ärzten und wirke zudem entlastend für Angehörige. Darüber hinaus besteht bei einem digitalen Register kaum die Gefahr, dass Daten verschwinden. Beim Organspendeausweis kann es hingegen vorkommen, dass man diesen verliert oder ihn in kritischen Momenten nicht auffinden kann.
Vorteile des digitalen Organspende-Registers
- Vereinfachung der Dokumentierung für oder gegen Organspende
- Schnellere Änderungen der Entscheidung
- Verbesserte Übersicht zu Organspendern für Krankenhauspersonal
- Verbesserte Sicherheit und Archivierung der Dokumentation
- Weniger Druck für Angehörige
Anmeldung im Organspenderegister
Seine persönliche Entscheidung zur Organspende kann man über das Portal www.organspende-register.de dokumentierten und gegebenenfalls auch ändern. Für die Anmeldung benötigt man den Personalausweis mit freigeschalteter Onlinefunktion sowie den dazu festgelegten Pin.
Für die eigentliche Abgabe der Organspendeentscheidung werden weitere Elemente wie die Krankenversichertennummer und eine E-mail-Adresse benötigt. Ist man einmal online angemeldet, lassen sich folgende Daten festlegen und überarbeiten:
- Erlaubnis zur Entnahme von Organen und Gewebe
- Festlegung zur Entnahme bestimmter Organe und Gewebe
- Bestimmung einer Person, die diese Entscheidungen im Todesfall übernimmt
- Widerspruch zur Entnahme von Organen und/oder Gewebe
Sowohl für die Anmeldung als auch für die Nutzung des Registers fallen keine Kosten. Außerdem besteht keinerlei Pflicht, sich zu registrieren. Darüber hinaus behält der Organspendeausweis seine Gültigkeit. Die digital abgespeicherte Entscheidung lässt sich jederzeit widerrufen oder anpassen.
Bedingungen und Voraussetzungen
Von der Einführung des Registers unberührt bleiben die allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen und geltenden Voraussetzungen für eine Einwilligung oder Ablehnung einer Organspende. Diese wurden im Zuge der jüngsten Reform allerdings angepasst. Generell gilt nun:
Personen, die das 16. Lebensjahr erreicht haben, können einer Organspende zustimmen. 16-Jährige, die einen Antrag auf einen Personalausweis stellen, erhalten Infomaterial zur Organspende erhalten. Ab einem Alter von 14 Jahren kann man eine Organentnahme ablehnen.
Eine Altersobergrenze für Spender existiert nicht. So transplantierten 2023 Ärzte in Italien erfolgreich die Leber einer 100-jährigen Spenderin. In Deutschland kam die bisher älteste Organspenderin auf 92 Jahre. Gesundheitbedingte Einschränkungen für eine Organspende sind auf eine Reihe bestimmter Vorerkrankungen beschränkt. Dazu gehören unbehandelbare System- oder Infektionserkrankungen. Vorkerkrankungen können ebenfalls im Register oder Organspendeausweis dokumentiert werden.
Kritik von Ärzten und Patientenschützern
Trotz breiter Anerkennung der Reform kommt es auch zu kritischen Stimmen unter anderem von Verbänden und der Ärzteschaft. So sieht die Deutsche Stiftung Patientenschutz noch Verbesserungsbedarf beim digitalen Anmeldeverfahren. Dieses gelinge bislang nur mit dem Personalausweis, dessen Onlinefunktion man dazu vorab aktivieren muss. Damit hält der Start des Registers noch einige technische Hürden bereit, vor allem für Menschen, die nur wenig mit dem Internet vertraut sind. Außerdem fehlt bei zentralen Einrichtungen wie Passämtern an Terminals mit der nötigen Datensicherheit, um eine Online-Registrierung vor Ort durchzuführen. Damit konnte ein Versprechen der Reform noch nicht umgesetzt werden.
Die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie bezweifelt, ob es durch die Digitalisierung der Organspendeerklärung am Ende mehr Spender als bisher geben wird. Anders als es im Bundestag beschlossen wurde, wünschen sich die Chirurgen die Einführung der so genannten „Widerspruchslösung“, wie sie Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) gefordert hatte. Dabei gilt jeder Mensch automatisch als Organspender im Todesfall, sofern er vorab einer Entnahme nicht aktiv widersprochen hat. Dass die Widerspruchslösung automatisch zu mehr Organspenden führt, dafür gibt es laut der Deutschen Statistischen Gesellschaft allerdings keine statistischen Belege. In Deutschland gilt nach wie vor die so genannte "Entscheidungslösung". Diese besagt: Nur wer seine eigene Entscheidung schriftlich oder digital bekundet und niederlegt, gilt als potenzieller Organspender.
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