Beweist der Krankenschein immer die Arbeitsunfähigkeit?
Arbeitnehmerin verlor vor Gericht, nachdem der Arbeitgeber den AU-Schein angezweifelt hatteKündigung und Krankenschein zeitlich deckungsgleich
Dem Urteil lag die Klage einer Arbeitnehmerin gegen ihre ehemalige Arbeitgeberin, bei der sie als kaufmännische Angestellte beschäftigt war, zugrunde. Anfang Februar 2019 reichte die Arbeitnehmerin die Kündigung ein, wodurch das Arbeitsverhältnis – nach Ablauf der Kündigungsfrist – zwei Wochen später endete. Noch am Tag der Kündigung reichte die Klägerin außerdem eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ein, die auf denselben Tag datiert war, und eine voraussichtlich für zwei Wochen – also bis zum Ablauf der Kündigungsfrist - bestehende Arbeitsunfähigkeit bescheinigte. Nach Angaben der Arbeitgeberin soll die Klägerin zudem einem damaligen Kollegen am Kündigungstag telefonisch mitgeteilt haben, dass sie nicht zur Arbeit erscheinen werde, ohne hierbei eine Erkrankung zu erwähnen.
Erfolgreiche Klage nur in erster Instanz
Daraufhin weigerte sich die beklagte Arbeitgeberin, für den betroffenen Zeitraum weiter die Entgeltfortzahlung zu leisten. Sie stellte den Beweiswert der AU-Bescheinigung in Frage, weil diese genau die Restlaufzeit des Arbeitsverhältnisses nach der Kündigung abdeckte. Die Klägerin hingegen verlangte Lohnfortzahlung. Sie zog vor Gericht – und hatte zunächst Erfolg, denn die Vorinstanzen gaben der Klage statt und verpflichteten die Firma zur Weiterzahlung im Rahmen gesetzlicher Vorschriften zur Lohnfortzahlung.
Finanzielle Folgen bei berechtigten Zweifeln am Krankenschein
Demgegenüber teilte das Arbeitsgericht die Auffassung der Arbeitgeberin. Zwar belege die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung als Beweismittel grundsätzlich die Arbeitsunfähigkeit. Der Arbeitgeber könne deren Beweiswert jedoch erschüttern, wenn er tatsächliche Umstände aufzeige, die Anlass zu ernsthaften Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit geben. Gelinge dies dem Arbeitgeber, sei wiederum der Arbeitnehmer in der Beweispflicht, so die Erfurter Richter.
Im Fall der Klägerin sei der Beweiswert des Krankenscheins deshalb erschüttert, weil die Arbeitsunfähigkeit passgenau die Dauer der Kündigungsfrist umfasse, so der Senat. Da die Klägerin ihre Arbeitsunfähigkeit nicht anderweitig nachgewiesen hatte, wies das Gericht die Klage auf Entgeltfortzahlung ab.
(Aktenzeichen: 5 AZR 149/21)
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