Patientenakte ePA für alle - Was muss ich wissen?
Bessere Datenübersicht sowie individuellere Untersuchungen und Therapie für Patientinnen und Patienten. Das verspricht die elektronische Patientenakte, kurz ePA. Neben personenbezogenen Angaben beinhaltet sie auch Diagnosen und medizinische Dokumente. Ärzte und Therapeuten, Apotheken und Kliniken können auf die Daten zugreifen und gegebenenfalls bearbeiten, genauso wie die Versicherten selbst. Möchte man keine ePA, hat man jederzeit das Recht, Widerspruch gegen die Nutzung einzulegen.
Ziel und Nutzen der Patientenakte
Das Konzept hinter einer Patientenakte ist einfach: Sie vereint die individuelle Krankengeschichte (Anamnese) der Patienten und dient neben dem Patientengespräch als weitere Informationsquelle oder als Grundlage für ärztliche Untersuchungen. Je informierter Ärzte und Therapeuten über ihre Patienten und deren Krankengeschichte sind, desto präziser können sie eine Diagnose erstellen, abgleichen und ihre Behandlungen daran ausrichten.
Eine Patientenakte für alle Dokumente und Befunde(c) Getty Images / TarikVision
ePA für alle
Die Idee der ePA ist nicht neu. Bereits seit 2021 haben Mitglieder einer gesetzlichen Krankenversicherung die Möglichkeit, eine elektronische Patientenakte anlegen zu lassen. Dieses Angebot wurde allerdings nur spärlich genutzt. So nutzten bis 2024 laut Techniker Krankenkasse nur etwa vier Prozent der TK-Versicherten eine digitale Patientenakte. Nach dem Wirksamwerden gesetzlicher Neuregelungen wird nun seit Februar 2025 automatisch eine ePA für alle in Deutschland lebenden gesetzlich Versicherten erstellt. Die Akte für Gesundheitsdaten besteht lebenslang, einer Nutzung muss aktiv widersprochen werden.
Inhalte des digitalen Gesundheitsordners
Mit der Nutzung einer automatisierten und digital vorliegenden Patientenakte verpflichten sich behandelnde Ärztinnen und Ärzte dazu, diese Akte zu bearbeiten. Damit kann die ePA folgende Daten umfassen:
- Diagnosen
- Laborbefunde
- Entlassungsberichte
- Medikationspläne
- Impfungen
- Röntgenbilder
- Zuzahlungsbefreiungen
Zudem kann die E-Akte von Beginn an Daten zu verschriebenen und erhaltenen Medikamenten enthalten. Diese Infos speisen sich aus den bereits gesammelten Daten durch verordnete E-Rezepte. Zusätzlich können Versicherte bei ihrer Krankenkasse zwei mal innerhalb von 24 Monaten beauftragen, vorhandene medizinische Papierdokumente in die E-Akte einzupflegen. Arztpraxen sind nicht dazu verpflichtet, ältere Befunde und Unterlagen in den digitalen Ordner zu übertragen.
elektronisches Rezept in der ePA(c) Getty Images / Gaitanides
Darüber hinaus können Versicherteihre Daten in die ePA selbst eintragen und bearbeiten. So können sie den digitalen Ordner beispeilsweise mit Vitaldaten erweitern, die beispielsweise aus einer Fitness-App stammen. Des Weiteren lassen sich zum Beispiel Infos aus dem Mutterpass oder dem Bonusheft vom Zahnarzt einpflegen oder eine Patientenverfügung digital hinterlegen. Durch die Bearbeitungsfunktionen soll die Akte zu einem Partizipationswerkzeug für Behandelnde und Versicherte avancieren. Zu den Gestaltungsoptionen gehört es auch, dass Mitglieder gesetzlicher Krankenkassen den Zugriff auf einzelne Daten in ihrer ePA limitieren können.
Wer hat Zugriff auf die Akte?
Die ePA ist so konzipiert, dass man über verschiedene Endgeräte darauf zugreifen kann. Neben dem PC, dem Notebook und dem Tablet kann man somit auch mit dem Smartphone zu jeder Zeit Gesundheitsdaten abrufen, vorausgesetzt, das Endgerät ist online. Gesetze regeln dabei, wer Akteneinsicht erhält. Hierbei greifen sowohl die vom Versicherten festgelegten Zugriffsbestimmungen als auch die jeweilige Nutzungssituation. So muss eine konkrete Behandlungs- bzw. Versorgungssituation vorliegen, um einen Zugriff zu rechtfertigen.
Datenzugriff auf die Patientenakte(c) Getty Images / KrulUA
Beschränkung der Akteneinsicht
Ein Zugriff erfolgt somit erst durch die Zustimmung der Versicherten. Allerdings gilt bei den individuellen Zugriffsbeschränkungen, was schon beim automatischen Anlegen der ePA galt. Eine Zustimmung seitens der Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen wird vorausgesetzt. Um Bedenken eines Zugriffs durch Unbefugte entgegenzutreten, erhalten Versicherte die Möglichkeit, einzelnen Dritten die Dateneinsicht zu verweigern. Geblockt werden kann beispielsweise eine einzelne Arzt- oder Zahnarztpraxis, einen Therapeuten oder eine bestimmte Klinik oder auch Apotheke. Den blockierten Leistungserbringern bleibt dadurch sowohl die Einsicht in Daten verwehrt als auch das Einpflegen von Informationen und Dokumenten. Die Verweigerung darf dabei keinerlei Einfluss auf die weitere Behandlung haben. Darüber hinaus können Versicherte bestimmte Daten gegenüber der Einsicht durch Dritte sperren. Beispielsweise können sie bestimmen, dass E-Rezepte und Daten zur Kostenübernahme seitens der Krankenkasse bzw. genutzte Leistungen gar nicht erst in der Akte landen.
Möglichkeiten zur Festlegung von Zugriffsberechtigungen:
- Kundenservice bzw. Ombudsstelle der jeweiligen Krankenkasse
- per entsprechender ePA-App der Krankenkasse
- Mündlich beim Besuch einer Arztpraxis, einer Apotheke, einem Klinikaufenthalt
Neben der inhaltlichen Nutzung lässt sich auch die Zugriffsdauer für unterschiedliche Nutzungsberechtigte bestimmen. Generell erhalten Praxen und Krankenhäuser maximal ein Zugriffsrecht von 90 Tagen. Apotheken können hingegen nur drei Tage die Daten einsehen. Die Fristen beginnen, sobald das Lesegerät die Gesundheitskarte erfasst. Das Einlesen der Versichertenkarte gilt damit als stille Zustimmung zur Datennutzung und -bearbeitung und gestatten den Zugriff auch während einer Videosprechstunde innerhalb der Frist.
ePA für Kinder und Jugendliche
Sobald Kinder und Jugendliche gesetzlich krankenversichert sind, beispielsweise als Familienversicherte, erhalten auch sie automatisch eine elektronische Patientenakte. Bis zum 15. Lebensjahr entscheiden Eltern bzw. Sorgeberechtigte oder gesetzliche Vertreter über einen möglichen Widerspruch sowie über Zugriffsbeschränkungen. Haben die Kinder das 15. Lebensjahr vollendet, können sie ihre ePA selbständig verwalten oder Widerspruch einlegen. Einen ehemals durch die Eltern erfolgten Widerspruch können sie demnach auch revidieren und anschließend auf eigenen Willen eine elektronische Akte anlegen lassen.
Vorteile der ePA(c) Getty Images / Midnight Studio
Vorteile der elektronischen Patientenakte
Die E-Akte gewährt Ärzten und anderen behandelnden Personen einen schnellen Überblick, den sie sich an jedem Ort zu jeder Zeit verschaffen können. Dadurch können sie sich in aller Ruhe mit Befunden befassen und auf kommende Termine und Behandlungen sowie etwaige Rückfragen vorbereiten. Durch die Verbindung von E-Akte, E-Rezept und elektronischer Gesundheitskarte erhalten Zugriffsberechtigte eine übersichtliche Gesamtschau auf bisher verabreichte Medikamente. Dies hilft dabei, einen zukünftigen Medikationsplan aufzustellen und Neben- wie auch Wechselwirkungen einzugrenzen bzw. zu vermeiden. Damit erleichtert die ePA die Kommunikation zwischen Arztpraxis und Apotheke.
Ein Wechsel der Arztpraxis, zum Beispiel nach einem Umzug, gestaltet sich durch die ePA zudem sehr einfach. Da die Ärzte sofort auf bisherige Ergebnisse und Krankendaten zugreifen können, lassen sich laufende Behandlungsmaßnahmen unkompliziert fortsetzen. Ein weiterer Vorteil besteht in der Datensicherheit durch die digitale Speicherung der Daten in einer zentralen Akte. Dieses Vorgehen beugt dem Verlust bzw. der Beschädigung von Daten und Dokumenten vor.
Verwalten der elektronischen Patientenakte
Einen einfachen und direkten Weg, die eigenen Krankendaten einzusehen und zu bearbeiten, bietet die ePA-App. Die gesetzlichen Krankenkassen stellen für ihre Mitglieder dazu eine eigene Software bereit. Diese kann man über die Internetseite der jeweiligen Krankenversicherung herunterladen. Der Download wie auch die Nutzung der App sind gratis und freiwillig.
Anmeldung in der elektronischen Patientenakte
Nach der erfolgten Registrierung kann man sich über jedes beliebige Endgerät einwählen und die eigenen Daten verwalten. Versicherte können zudem Vertrauenspersonen bestimmen und ihnen Zugriffsrechten auf die digitale Akte geben. Anschließend können die Vertrauenspersonen im Namen des Versicherungsmitgliedes die Akte betreuen, falls es dem Mitglied selbst nicht möglich ist. Bei den Vertrauenspersonen kann es sich um Familienmitglieder, einen guten Freund oder auch um eine Rechtsvertretung handeln. Dafür ist es unerheblich, ob die Vertretungsperson in der gleichen gesetzlichen Krankenkasse Mitglied ist. Die Nutuung der ePA-App stellt bei allem nur eine von vielen Zugriffsmöglichkeit dar. Sie ist keine Bedingung für die Führung und Nutzung der digitalen Akte. Beispielsweise lassen sich Zugriffsrechte sowie die Einpflege älterer Informationen und Befunde auch im Kontakt mit der Krankenkasse regeln.
ePA und Krankenkassenwechsel
Leistungen, Kosten und Service gesetzlicher Krankenkassen unterscheiden sich. Daher kann es für viele Menschen sinnvoll sein, einen Krankenkassenwechsel zu erwägen. Ein Wechsel der Krankenkasse wird auch bei Nutzung der ePA nicht unnötig verkompliziert. Bei einem Wechsel übernimmt die neue Kasse alle bestehenden digitalen Daten der ePA auf ihren Server. Die Datenübermittlung erfolgt dabei mittels einer Verschlüsselung zum Schutz der Informationen. Über die Service-App der neuen Krankenkasse kann man die eigene Gesundheitsakte wie gewohnt ansteuern und die persönlichen Gesundheitsdaten checken. Ebenfalls bleiben durch den Krankenkassenwechsel die bereits erteilten Nutzungsbestimmungen wie Zugriffsrechte, Vertrauenspersonen oder Widerspruchserklärungen. Dieser Vorgang verläuft weitestgehend automatisch.
ePA - Datenmigration von Server zu Server(c) Getty Images / SmileStudioAP
Versicherte können über die ePA-App bisher erteilte Berechtigungen in der neuen Akte entweder beibehalten oder löschen lassen. Allerdings existiert eine Ausnahme bei der automatischen Übermittlung. Diese betrifft den Widerspruch gegen Daten von kassenspezifischen Anwendungen in der elektronischen Patientenakte. Diese Ausnahme rührt daher, dass die gesetzlichen Krankenkassen jeweils eigene Apps konzipieren und dafür eigene Daten- und Funktionsstandards der ePA für ihre Mitglieder festlegen. Daher empfiehlt es sich vor einem Kassenwchsel, alle kassenspezifischen Daten herunterzuladen und die neue Krankenkasse aufzufordern, diese wenn möglich in ihr System zu übertragen. Viele Krankenkassen bieten die Option, solche speziellen Infos als simple xml-Datei herunterzuladen.
Widerspruch zur Erstellung einer ePA
Bevor Krankenkassen eine ePA erstellen, müssen sie ihre Mitglieder über die Funktionsweise einer elektronischen Patientenakte und die Widerspruchsrechte informieren. Anschließend erhalten die Versicherten maximal 6 Wochen, um ihr Widerspruchsrecht geltend zu machen. Der Widerspruch kann dabei online, postalisch oder per Telefon erfolgen. Für die Einpflege hochsensibler Informationen informiert die Krankenkasse nochmals spezifisch über Widerspruchsoptionen. Auch bei bestehender Akte können Versicherte jederzeit Widerspruch einreichen. Die Krankenkasse muss dann alle bestehenden Daten der ePA löschen. Entscheidet man sich nach einem Widerspruch um und möchte eine elektronische Akte, wird diese unproblematisch von der Krankenkasse des Versicherten angelegt.
erfolgreicher Widerspruch gegen die ePA-Nutzung
Datensicherheit bei der Online-Akte
Ein Zusammenspiel verschiedener Methoden und Prozeduren gewährleistet die Sicherheit der Daten, die sich in der elektronischen Patientenakte befinden. Zunächst liegen die Daten auf Servern in Deutschland und unterliegen dadurch den europäischen Datenschutzbestimmungen.
Zudem werden die Daten verschlüsselt in der Akte hinterlegt. Beim Abrufen der Daten greift darüber hinaus eine End-to-End-Verschlüsselung zwischen dem Server und dem genutzten Endgerät. Die Krankenkasse ist dabei nicht befugt, ohne Einverständnis der Versicherten auf die Akte zuzugreifen.
Dennoch legte der Chaos Computer Club im Jahr 2024 unterschiedliche Sicherheitslücken auf, unter anderem bei der elektronischen Gesundheitskarte oder bei der Verwendung älterer Konnektoren. Die gematik nahm diese Kritik auf. Sie verantwortet die Telematikinfrastruktur des deutschen Gesundheitswesens und beaufsichtigt damit die technischen Bedingungen der elektronischen Patientenakte. Die gematik versprach, etwaige Sicherheitslücken sukzessive zu schließen. Sie wies zugleich darauf hin, dass der Zugriff auf Versichertendaten über diese Lücken nur unter ziemlich unwahrscheinlichen Bedingungen und mit großem Aufwand gelinge.