Verhaltenstherapie – ungünstige Verhaltensmuster überwinden lernen
Was ist eine Verhaltenstherapie?
Verhaltenstherapie reiht sich in die psychotherapeutische Tradition einer gesprächsbasierten, empirischen Vorgehensweise ein. Die einzelnen Sitzungen stellen dabei einen urteilsfreien Raum dar, in dem bisherige Lernerfahrungen und Annahmen reflektiert und deren Brauchbarkeit überprüft werden. Therapeuten binden die Patienten dabei direkt in den Heilungsprozess ein. So bestimmen die Teilnehmenden die Zielsetzung und das Tempo der Therapie stets gemeinsam. Verhaltenstherapeuten schauen sich dabei gemeinsam mit ihren Klienten bestimmte Verhaltensmuster an:
- Gedankliche Bewertung der Welt
- Fähigkeit, eigene Bedürfnisse zu äußern
- Strategien, um die Bedürfnisse innerhalb eines sozialen Gefüges befriedigt zu bekommen
- Umgang mit anderen Menschen in einer Gemeinschaft
- Fähigkeiten, die soziale Gemeinschaft mitzugestalten
Die Verhaltenstherapie folgt dabei wissenschaftlichen Standards. Therapeuten protokollieren den Verlauf der Therapie sowie die Veränderung innerhalb der Verhaltensweisen der Patienten. Hierbei liegt das Ziel in einer objektiven, fortwährenden Analyse über den Erfolg der Therapie, um gegebenenfalls auch Anpassungen vorzunehmen. Bei ihren Betrachtungen orientiert sich die Verhaltenstherapie am aktuellen Erkenntnisstand aus Medizin und Biologie.
- Transparentes handlungs- und lösungsorientiertes Vorgehen
- Durchdringen von Problemauslösern und deren Reproduktion
- Stärkung der Selbstfürsorge und der Eigenverantwortung
- Vermittlung von Praktiken für selbstbestimmtes Handeln
Formen der Verhaltenstherapie
Um belastende Lernerfahrungen zu hinterfragen und angeleitet zu überwinden, bietet die Verhaltenstherapie verschiedene Konzepte an. Im gemiensamen Vorgespräch suchen Patienten und Psychotherapeuten gemeinsam die geeignete Therapieform, abhängig von den Belastungen und den Zielvorstellungen der Hilfesuchenden. Ein transparentes Vorgehen der Psychotherapeuten ist dabei enorm wichtig, denn die Basis für jeglichen Therapieerfolg ist, dass Patienten die Therapie freiwillig beginnen und fortführen.
Zu den etablierten Formen gehört die Kognitive Verhaltenstherapie. Hierbei konzentrieren sich die Therapeuten stärker auf die Gefühls- und Gedankenwelt der Patienten und weniger auf die Handlungsebene. Vorrangig geht es um eine positive Veränderung von Einstellungen und Bewertungen der Patienten, sowohl sich selbst gegenüber als auch gegenüber ihrer Umwelt. Menschen in depressiven Episoden leiden beispielsweise unter Grübelei sowie verzerrten Selbstbetrachtungen und Deutungen. Das Aufzeigen von Gedankenspiralen und das Finden von Gegenargumenten sowie Realitätstests helfen Ihnen methodisch dabei, dies kritisch zu durchleuchten.
Die Konfrontationstherapie siedelt ihre Strategien eher auf der Handlungsebene an. Menschen mit Angst- und Zwangsstörungen können dabei allmählich und in kleinen Schritten einen neuen Umgang mit Stress und angstauslösenden Situationen trainieren.
Weitere Methoden in der Verhaltenstherapie sind unter anderem
- Soziales Kompetenztraining
- Verhaltensmodifikation durch operante Verfahren (Biofeedback, Rollenspiele und Kommunikationstraining)
- Genuss- und Entspannungstraining
- Achtsamkeitsübungen
- Ärger- und Selbstmanagement
- Akzeptanz- und Commitmenttherapie
- Schematherapie
Wer bietet Verhaltenstherapie an?
Menschen, die eine Therapie wünschen, haben verschiedene Möglichkeiten, um darüber zu entscheiden, wo und wie die Sitzungen stattfinden sollen. Neben der Wahl zwischen Einzeltherapie, Gruppentherapie und Kombinationsbehandlung besteht auch eine Auswahl über Ort und zeitlichen Ablauf der Verfahren. Verhaltenstherapien führen sowohl Psychiater als auch Psychologen mit einer psychotherapeutischen Spezialisierung im Bereich Verhaltenstherapie durch. Hilfesuchende können sich in eine Ambulante Verhaltenstherapie, in teilstationäre Varianten ( z.B. in einer Tagesklinik) oder in eine Stationäre Verhaltenstherapie begeben.
Bei der ambulanten Variante treffen Patienten den Verhaltenstherapeuten oft in der Praxis. Darüber hinaus gibt es auch Onlinesitzungen, in denen sich Patienten und Psychotherapeuten austauschen. Die stationäre Therapie erfolgt in einer Klinik, die Verhaltenstherapie anbietet. Für ein stationäres bzw. teilstationäres Angebot müssen Interessierte vorab eine Überweisung vom Hausarzt beziehen.
Die Inhalte einer ambulanten und stationären Therapie ähneln sich. Unterschiede existieren dabei im Ausmaß, in Intensität und zeitlichen Abläufen. Beide Formen bieten Einzeltherapie sowie Gruppentherapie an bzw. eine Kombination aus beiden Verfahren. Bei einer ambulanten Therapie legen die Patienten dabei gemeinsam mit den Therapeuten die Termine für die Sitzungen fest. Bei einer Therapie mit Klinikaufenthalt sind die zeitlichen Abläufe und inhaltlichen Strukturen stark vorgegeben.
- gleichzeitiger Einsatz verschiedener Methoden
- zusätzliche ärztliche Betreuung
- Größere Intensität
- facettenreicheres Therapieprogramm
Verhaltenstherapie - ab welchem Alter?
Für Psychotherapie gibt es generell keine Altersbeschränkungen oder Empfehlungen. Neben Erwachsenen, also Personen ab 21 Jahren, können auch Kinder und Jugendliche von einem verhaltenstherapeutischen Setting profitieren. Für diese Gruppe an Hilfesuchenden gibt es entsprechend versierte Angebote der Kinder- und Jugendtherapie. Genauso wie die Erwachsenen lernen auch Kinder und Jugendliche in der Verhaltenstherapie positivere Denk- und Verhaltensmuster im Umgang mit Stress und Depressionen sowie verzerrten Selbst- und Umweltwahrnehmungen. Dazu nutzen Therapeuten oft spielerische Ansätze und kreative Verfahren. Die Verhaltenstherapie gehört zu den Standardverfahren der Kinder- und Jugendspychotherapeuten.
Das passiert bei einer Verhaltenstherapie
Der Beginn einer Verhaltenstherapie dient dem Kennenlernen zwischen Patient und Therapeut. Im Erstgespräch und weiteren probatorischen Sitzungen folgt der Therapeut einem groben Fragenkatalog. Dies dient dazu, eine objektive Diagnose zu erstellen, die die Entscheidung über Therapieform und Dauer und damit auch den übrigen Therapieverlauf mitbestimmt. Die Diagnose gilt als Basis für den Therapieplan. Anschließend bespricht der Therapeut das diagnostizierte Störungsbild mit den Patienten. Viele Hilfesuchende erleben eine entlastende Wirkung, wenn sie im Vorgespräch über ihre Symptome berichten und eine Einordnung durch die Therapeuten erfahren.
Typischer Ablauf einer Verhaltenstherapie
Während der Probatorik vereinbaren beide Parteien die Ziele der Therapie. Diese können ja nach Therapieverlauf angepasst oder neu formuliert werden. In den einzelnen Sitzungen gehen Patienten gemeinsam mit dem Therapeuten ihre bisherigen Ansichten und Einstellungen durch. Darauf aufbauend bespricht der Therapeut günstigere Wahrnehmungs- und Handlungsstrategien. Zudem versucht er den Patienten empathisch zu motivieren, die neuen Strategien im Alltag zu testen, um in der folgenden Sitzung über mögliche Erfolge zu sprechen. Darüber hinaus begleiten Therapeuten die Patienten in schwierigen Situationen, um einen neuen Umgang mit ihnen auszuprobieren und zu festigen.
Wie lange dauert eine Verhaltenstherapie?
Die Therapiedauer richtet sich nach den Beschwerden, die die Patienten mitbringen, den daraus resultierenden Methoden und dem Therapieverlauf. Gesetzliche Krankenkassen bewilligen Kurzeit- und Langzeittherapien. Kurzzeittherapien haben eine maximale Sitzungsanzahl von 12 Sitzungen. Eine Sitzung dauert dabei rund 50 Minuten. Stellt sich im Therapieverlauf heraus, dass Patienten weitere Sitzungen benötigen, kann der Therapeut eine Verlängerung um maximal 12 Sitzungen beantragen. Die volle Sitzungsanzahl muss dabei nicht ausgereizt werden, beispielsweise wenn sich der Therapieerfolg früher einstellt oder Patienten die Therapie abbrechen möchten.
Für Langzeittherapien gewähren gesetzliche Krankenkassen eine Gesamtanzahl von 60 Sitzungen. Es ist ebenfalls möglich, eine begonnene Kurzzeittherapie in eine Langzeitvariante umzuwandeln.
Kostenübernahme einer Verhaltenstherapie bei der Krankenkasse
Neben der systemischen, analytischen und tiefenpsychologischen Therapie zählt auch die Verhaltenstherapie zu den anerkannten Verfahren durch die gesetzliche Krankenversicherung. Damit übernehmen die Krankenkassen auch die Behandlungskosten. Dafür gilt allerdings die Grundvoraussetzung, dass eine ärztlich festgestellte krankheitswerte psychische Störung vorliegt. Dazu zählen unter anderem:
- Suchtverhalten
- Zwangs- und Angststörungen
- Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen
- Depression
- Sörungen des Essverhaltens
Keine Kostenübernahme von den Kassen gibt es dagegen für Angebote wie:
- Berufsfördernde Maßnahmen
- Partnerschaftsberatung
- Erziehungsberatung
- Heilpädagogische Angebote
Der Therapieantrag wird in aller Regel direkt durch den zugelassenen Therapeuten bzw. die psychotherapeutische Einrichtung mit kassenärztlichem Sitz eingereicht. Denn nur dann kann eine kassenärztliche Abrechnung mit der Krankenkasse und die entsprechende Kostenübernahme erfolgen. Einige gesetzliche Krankenkassen übernehmen weiterhin auch die entsprechenden Leistungen zur Rückfallprophylaxe nach Abschluss einer Therapie. Hierzu kann sich ein Krankenkassenwechsel anbieten.
-
Erster Schritt zur Therapie: Die psychotherapeutische Sprechstunde
Niedergelassene Psychologen müssen seit 2017eine allgemeine psychotherapeutische Sprechstunde anbieten. Das ermöglicht hilfesuchenden Menschen mit psychischen Erkrankungen und Belastungen einen schnellen Zugang zur therapeutischen Versorgung. -
Wie wirkt systemische Therapie?
Seit Juli 2020 übernehmen die Krankenkassen bei Erwachsenen psychotherapeutische Behandlungen mit Systemischer Therapie. Sabastian Baumann (Systemische Gesellschaft e.V.) spricht im Interview über Methoden, Setting und den Zugang zu diesem Therapieverfahren für gesetzlich Versicherte. -
Mehr als Ton und Wasserfarben: Anthroposophische Kunsttherapie
Hildegard Pütz ist Geschäftsführender Vorstand des Berufsverbands für Anthroposophische Kunsttherapie (BVAKT). Im Gespräch mit krankenkasseninfo erklärt sie die besonderen Ansätze dieser Therapieform, wo sie angeboten und warum sie von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen wird. -
Systemische Therapie bei Kindern und Jugendlichen wird Pflichtleistung der gesetzlichen Krankenkassen
Systemische Therapie wird als Variante der psychotherapeutischen Behandlung von Kindern und Jugendlichen eine Kassenleistung. Das gab der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) nach einem entsprechenden Beschluss im Januar bekannt. Bislang gilt dies nur für Erwachsene. -
Neue Krankenkassen-App bei psychischen Störungen
Jeder fünfte Jugendliche in Deutschland hat psychische Probleme. Für die Behandlung stehen nicht genügend Therapieplätze zur Verfügung. Eine neue App bietet Sofortkontakt zu Therapeuten- ganz ohne Wartezeiten.