Long COVID: Das Leiden danach
An Covid-19 - Erkrankte hatten zumeist mit Symptomen wie Husten, Müdigkeit und Kurzatmigkeit für einen Zeitraum von wenigen Tagen oder Wochen zu kämpfen. Es gibt aber auch Betroffene, deren Beschwerden nach Monaten nicht vollständig abgeklungen sind. Oft fühlen sich diese Personen nicht mehr in der Lage alltägliche Tätigkeiten auszuführen, weshalb sie teilweise nicht mehr fähig sind in ihren Beruf zurückzukehren. Die Betroffenen leiden unter postakuten Symptomen und leben mit einer niedrigeren physischen und psychischen Belastungsgrenze. Covid-19 wurde bei diesen Betroffenen übergangslos von einer neuen Erkrankung abgelöst: Long COVID.
Long COVID oder Post COVID
Unter der Bezeichnung Long COVID werden alle Beschwerden verstanden, die vier Wochen nach einer Coronainfektion fortbestehen oder im Zusammenhang mit der Krankheit neu auftreten. Sind die Beschwerden auf keine andere Diagnose zurückzuführen und halten länger als zwölf Wochen nach der Infektion mit dem Coronavirus an, ist laut RKI eine mögliche Diagnose Post COVID angezeigt. Der Unterschied zwischen Long COVID und Post COVID liegt also in der Dauer der Beschwerden. Bei beiden Syndromen handelt es sich jedoch gleichermaßen um postakute Langzeitfolgen von einer Corona-Erkrankung.
Die Beschwerden von Long COVID Patienten können verschiedene Organe betreffen und haben verschiedene Ursachen, Schweregrade sowie Ausprägungen. Sie treten mindestens zwei Monate auf, wobei sie dauerhaft vorhanden oder wiederkehrend sein können.
Diffuse Krankheitsbilder
Durch die postakuten Symptome fühlen sich Betroffene im Alltag häufig stark eingeschränkt. Die Beeinträchtigungen reichen von körperlichen über kognitive bis hin zu psychischen Beschwerden, wobei die berichteten Symptome der Betroffenen sehr verschieden sind. Sicher ist: Die Symptome treten in unterschiedlicher Dauer und Kombination auf. Es gibt daher kein einheitliches Krankheitsbild zu Long COVID. Das RKI nennt als mögliche Anzeichen für eine Long COVID Erkrankung beispielsweise
- Konzentrations-, Wortfindungs- und Gedächtnisprobleme
- Erschöpfung
- eingeschränkte Belastbarkeit
- Husten
- Anhaltende Entzündungsreaktionen
- Kurzatmigkeit, Atemnot und ähnliche Atembeschwerden
- Schlafstörungen
- Muskelschwäche
- Muskelschmerzen
- Depressive Verstimmungen
- Ängstlichkeit
- Geruchs- und Geschmacksstörungen
Vielfach im Zusammenhang mit Long COVID wird das Chronische-Fatique-Syndrom (CFS) genannt. Charakteristisch sind ein schnelles und starkes Erschöpfungs- sowie Schwächegefühl. Die Betroffenen kapitulieren schon bei kleineren Belastungen im Alltag und können vielfach nur eingeschränkt oder gar nicht mehr arbeiten.
Je schwerer der Verlauf der Covid-19-Erkrankung war, desto länger dauert durchschnittlich die Rückbildung der Symptome von Long COVID. Verschiedene Studien, unter anderem an der Universitätsmedizin Halle stellten fest, dass die postakuten Symptome schneller nach einer Infektion mit der Omikron-Variante als bei Infektionen mit früheren Varianten abklingen. Auch scheinen die psychischen und kognitiven Langzeitfolgen länger anzuhalten als Körperliche. Bei vielen Betroffenen gehen die Symptome von Long COVID jedoch nach einigen Monaten wieder zurück.
Wie viele Menschen haben Long COVID?
Es gibt derzeit noch keine gesicherten Daten, wie hoch der Anteil der Betroffenen ist, die nach einer überwundenen Corona-Erkrankung mit langfristigen gesundheitlichen Folgen zu kämpfen haben. Schätzungen belaufen sich auf eine Spanne zwischen 6,5 und 13 Prozent. Verschiedene Studien kommen allerdings auf unterschiedliche Ergebnisse, deren Werte teilweise stark voneinander abweichen. Als gesichert gilt, dass Long COVID im jüngeren und mittleren Erwachsenenalter häufiger auftritt als bei Kindern, Jugendlichen und Alten. Frauen sind außerdem scheinbar häufiger betroffen als Männer.
Bisher wird davon ausgegangen, dass jede Person, die sich mit dem Coronavirus infiziert hat, auch Long COVID entwickeln kann. Das Risiko für Long COVID scheint mit der Schwere der Corona-Erkrankung zu steigen. Es gibt außerdem die Hypothese, dass die Gefahr an Long COVID zu erkranken mit der Anzahl der Corona-Erkrankungen und der Anzahl der Symptome währenddessen im Zusammenhang steht. Nichtsdestotrotz tritt Long COVID auch bei Personen mit asymptomatischen oder milden COVID-19-Verläufen auf. Ob die jeweilige Virusvariante der Coranaerkrankung bei Post COVID eine Rolle spielt, ist noch nicht abschließend geklärt. Es gibt allerdings Hinweise darauf, dass die Omikron-Variante seltener zu Long COVID Symptomen führt als frühere Arten des Virus. Auch bestimmte Vorerkrankungen stehen im Verdacht, das Risiko für postakute Langzeitfolgen zu erhöhen. Dazu zählen chronische Entzündungen, Verschlüsse kleiner Gefäße, Viruspersistenz, eine Aktivierung des Epstein-Barr-Virus, Änderungen im Darm-Mikrobiom sowie Autoimmunprozesse.
Long COVID erkennen und sich schützen
Bislang gab es keine verlässlichen körperlichen Merkmale, die die Krankheit Long COVID nachweisen. Eine Studie an der Technischen Universität München ergab nun, dass Long COVID mit bestimmten Veränderungen der Äderchen im Auge einhergeht. Offenbar sorgt Covid-19 für Veränderungen der Gefäßinnenwände, so dass die Blutgefäße der Augen einen Hinweis auf Long COVID gebe können. Sind die Arteriolen (kleinste Arterien) unnormal verengt oder reagieren Venolen (kleinste Venen) verändert auf Licht, spricht das für eine Erkrankung. Bevor das Verfahren als gültige Diagnostik bestätigt wird, sind jedoch weitere Studien nötig.
Derzeit gilt als bester Schutz vor Long COVID die Vermeidung einer Ansteckung mit dem Coronavirus. Das gelingt am besten unter Einhaltung angemessener Verhaltensregeln und von Hygienemaßnahmen. Da eine vollständige Corona-Schutzimpfung vor einem schweren Krankheitsverlauf von Covid-19 schützt, senkt auch diese Maßnahme die Wahrscheinlichkeit an Long COVID zu erkranken.
Eine Kontaktreduzierung zu Menschen mit Long COVID ist nicht nötig, da diese nicht ansteckend zu sein scheinen.
Therapieansätze gegen Long COVID
Wie bei jeder neuen Krankheit steht die Medizin auch bei Long COVID ganz am Anfang. Nicht selten verkennen Ärzte die Symptome der Erkrankung. Da deren Ursachen noch kaum erforscht sind, gibt es zurzeit auch keine anerkannten wirksamen Therapiemöglichkeiten oder Medikamente. Ärzte können also lediglich versuchen die Symptome zu lindern, nicht jedoch die Krankheit selbst zu heilen. Die Behandlung orientiert sich immer an den postakuten Beschwerden, die bei verschiedenen Betroffenen ganz unterschiedlich ausfallen können. Da nicht jede Maßnahme für jeden Patienten sinnvoll ist, ist die Therapie immer individuell zugeschnitten.
Übliche Maßnahmen gegen Long COVID - Symptome
- Regelmäßige Kontrolluntersuchungen
- Physiotherapie (Krankengymnastik, Atemtherapie)
- Sporttherapie (Krafttraining, Ausdauertraining)
- Ergotherapie (Belastbarkeitstraining, Hirnleistungstraining)
- Logopädie (Sprechtherapie, Schlucktherapie)
- Ernährungstherapie
- Psychotherapie
- Einnahme von Arzneimitteln
Haben Betroffene Langzeitfolgen nach Covid-19, sollten sie als erstes ihren Hausarzt aufsuchen. Erkennt dieser eine Long COVID Erkrankung, kann er die Betroffenen an eine Facharztpraxis überweisen. Deutschlandweit gibt es jedoch nur wenige spezialisierte Praxen, die Long COVID Patienten behandeln. Eine frühzeitige Behandlung kann zwar helfen zu verhindern, dass die Symptome chronisch werden, jedoch bessern sich die Beschwerden von Betroffenen in der Regel auch nach einiger Zeit von selbst.
Was können Betroffene selbst tun?
Long COVID Erkrankte können durch bestimmte Maßnahmen ihre Beschwerden selbst lindern und somit ihre Gesundheit fördern. Wer unter einer Belastungsintoleranz leidet, sollte anstrengende Aktivitäten vermeiden. Eine starke Überlastung kann zum sogenannten „Crash“ und dadurch zur Verschlimmerung der Beschwerden führen. Ein bewährtes Konzept zur eigenen Schonung ist das „3-P-Prinzip“: Pacing, Planen und Priorisieren.
Zur Linderung der Atembeschwerden können besondere Atemtechniken und Körperhaltungen angewandt werden, welche dafür bekannt sind die Atmung zu erleichtern. Alles in allem soll die Methode Betroffenen dabei helfen, ihre Kräfte zu schonen.
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