Ergotherapie - selbstbestimmt und wirksam handeln
Ergotherapie und Physiotherapie
Der griechische Ursprung des Wortstammes „ergon“ bedeutet „etwas, das durch Arbeit entstanden ist“ und „etwas, das vollbracht wurde“. Analog zu diesem Begriff geht es in der Ergotherapie darum, die Handlungsfähigkeit eines Menschen nach einer krankheitsbedingten Einschränkung wieder herzustellen oder zu verbessern. Ergotherapeuten versuchen also, das „ergon“ eines Menschen zu reaktivieren und seine Tatkraft zu therapieren. Zum Einsatz kommt Ergotherapie sowohl bei physischen Erkrankungen wie bei psychischen Krankheitsbildern.
Ergotherapeuten helfen zum Beispiel, wenn eine Hand oder ein Arm aufgrund einer Erkrankung nur noch eingeschränkt genutzt werden kann. Mit verschiedenen Tätigkeits- und Bewegungsübungen sorgen sie dafür, dass die Betroffenen wieder aktiv werden und es bleiben. Gleichzeitig beraten sie und schlagen Anpassungen vor, die den Alltag erleichtern - ganz unabhängig vom Alter. Im Unterschied zur Physiotherapie ist Ergotherapie nicht allein auf den Körper ausgerichtet, sondern bezieht soziale und psychische Felder mit ein.
Wann Ergotherapie verschrieben wird
Die Gründe für eine Therapie sind vielfältig. Erfolgreich eingesetzt wird Ergotherapie beispielsweise in der medizinischen Reha nach akuten Unfällen, bei neurodegenerativen Erkrankungen wie Parkinson, Multipler Sklerose, ALS oder Demenz oder bei psychischen Krankheiten wie Depression oder Schizophrenie.Weiterhin wird Ergotherapie eingesetzt bei
- Gelenk-, Skelett-, Muskelerkrankungen (beispielsweise Arthrose, Rheuma, Knochenbruch)
- Entwicklungsstörungen (beispielsweise Motorik, Autismus-Spektrum-Störung, körperliche oder geistige Behinderungen)
- Erkrankungen des Gehirns (Schlaganfall, Schädel-Hirn-Trauma )
- Psychische Erkrankungen (Angststörung, Depression, Schizophrenie)
- Sensibilitätsstörungen
- Fatigue Syndrom
Methoden und Standards
Handwerkliche Tätigkeiten wie Töpfern, Korbmacherei oder Papierflechten sind nur eine Säule ergotherapeutischer Methoden. In der modernen Ergotherapie werden auch Assessments und standardisierte Tests eingesetzt. Vor allem aber kommen evidenzbasierte ergotherapeutische Verfahren zum Einsatz, deren Wirksamkeit wissenschaftlich erforscht und nachgewiesen ist. Die fachlichen Grundlagen und Qualitätsstandards werden durch die Deutsche Gesellschaft für Ergotherapiewissenschaft begründet. Gesetzlich verankert sind sie in der Heilmittel-Richtlinie und im Heilmittel-Katalog. Diese wurden vor einiger Zeit umfassend novelliert. Eine der Neuerungen war ein Rezeptformular, das sowohl Ärzte als auch Psychotherapeuten ausstellen können.
Das Ziel von Ergotherapeuten ist es, die Fähigkeiten ihrer Klienten zu verbessern, welche diese für ein selbstbestimmtes Leben benötigen. Dazu gehört die Fähigkeit, sich selbst zu versorgen, aber auch zu arbeiten, das Haus zu verlassen und sozial zu interagieren. Ergotherapie hilft, mit (erworbenen) körperlichen oder geistigen Beeinträchtigungen umzugehen und den Alltag trotz Einschränkungen zu bewältigen. Dies wiederum kann die Lebensqualität der Betroffenen erheblich positiv beeinflussen und die Gesundheit verbessern. Im Rahmen der Ergotherapie können auch die Angehörigen umfassend beraten werden. Abhängig von der persönlichen Lebenssituation und der jeweiligen Beeinträchtigung kann eine Ergotherapie unter anderem folgende Übungen und Angebote enthalten:
- Training von Fertigkeiten für Freizeit, Schule oder Beruf
- Training von alltäglichen Fertigkeiten (beispielsweise anziehen, Zubereitung von Mahlzeiten, Haushaltsführung)
- Bewegungs- und Wahrnehmungsübungen
- Kreative und handwerkliche Übungen
- Gedächtnis- und Konzentrationstraining
- Unterstützung bei der Tagesstrukturierung
- Anpassen der Wohnsituation oder des Arbeitsplatzes
- Nutzung von Hilfsmitteln wie Prothesen oder Rollatoren
- Beratung, bei Bedarf auch Anleitung von Angehörigen
- Übungen zur Verbesserung von Ausdauer und Konzentration
- Übungen zur Tages- und Zeitstrukturierung
- Stärkung des Selbstvertrauens, der Entscheidungsfähigkeit und sozialer Fähigkeiten
- Individuelle Anpassung des Arbeitsplatzes (in Abstimmung mit Arbeitgeber)
Krankenkassen und Ergotherapie
Die Ergotherapie gehört laut Heilmittelrichtlinie zu den anerkannten Behandlungsmethoden und wird von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Voraussetzung für eine Kostenübernahme ist eine ärztliche Verordnung durch einen behandelnden Hausarzt oder Facharzt.
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