Logopädie gestern und heute
Der Begriff Logopädie stammt aus dem Altgriechischen. Er lässt sich in die Worte lógos, zu Deutsch „Wort“ und paideuein, also „erziehen“ aufteilen und übersetzen. Logopädie bedeutet also nichts anderes als Sprecherziehung. Logopädinnen und Logopäden haben ein weites Tätigkeitsfeld: sie diagnostizieren, beraten, informieren und therapieren Menschen jeden Alters. Diejenigen, die eine solche Behandlung in Anspruch nehmen, leiden meistens unter Hör-, Stimm-, Sprach- und Schluckstörungen, deren Ursprung entweder funktionell, organisch oder psychisch ist.
Eine Logopädische Behandlung hat das Ziel, die individuell befriedigende Kommunikationsfähigkeit von Patienten (wieder) herzustellen. Logopäden versuchen, ihre Klienten unter anderem dabei zu unterstützen, das Sprechen oder die Artikulationsfähigkeit erneut zu erlernen. Auch die Wiedereingliederung in den Beruf oder die Schulfähigkeit eines Kindes können Teil und Ziel einer solchen Behandlung sein. Besonders wichtig: die Arbeit muss an die individuellen Bedürfnisse des Patienten angepasst werden. Nur ein motivierter Patient wird langfristig Erfolge erzielen! Die Behandlung muss übrigens nicht in wöchentlicher Einzeltherapie stattfinden, sondern kann auch in der Gruppe oder in Intervallen erfolgen. Eben auch – ganz an die Wünsche des Patienten angepasst.
- Klein- und Schulkinder mit Auffälligkeiten bei Artikulation und Spracherwerb
- Schulkinder mit Schwierigkeiten in der Lese-Rechtschreibung
- Menschen jeden Alters mit Störungen des Redeflusses (Stottern)
- Erwachsene mit neurologischen oder internistischen Erkrankungen
- Schlaganfallpatienten
- Beruflich stimmbelastete Menschen (z.B. Sänger, Schauspieler oder Lehrer)
- Erwachsene und Jugendliche mit einer Schädel-Hirn-Verletzung
Sprachstörungen in Deutschland
Es ist ein trauriger Fakt, dass die Zahl der Kinder mit Sprachstörungen rapide ansteigt. Erschreckend ist vor allem, dass die pandemische Lage der letzten Jahre die Entwicklung sprachlicher Kompetenzen massiv gestört hat. Die unzähligen geschlossenen logopädischen Praxen, aber auch der fehlende Austausch mit Gleichaltrigen sind dabei nicht unerheblich. Das allerdings auch die Übernutzung von Smartphone, Computer und TV Mitschuld daran trägt, ist weithin bekannt. Laut dem Robert-Koch-Institut nehmen in Deutschland innerhalb eines Jahres rund 6,1 Prozent der Kinder und Jugendlichen eine logopädische Behandlung in Anspruch. Überraschend: sie wird von mehr Jungs als Mädchen genutzt. Insgesamt fällt die Inanspruchnahme bei den 3- bis 6-jährigen mit rund 15 Prozent am Höchsten aus. Die sozialen Unterschiede werden übrigens darin deutlich, dass mehr benachteiligte als nicht-benachteiligte Kinder und Jugendliche eine Behandlung in Anspruch nehmen.
Kosten und Zuzahlung bei Logopädie
Eine logopädische Therapiesitzung kostet zwischen 75 und 110 Euro. Die Kosten werden größtenteils von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen. Wer als Kassenpatient eine logopädische Behandlung in Anspruch nehmen möchte, muss sich vorab eine Heilmittelverordnung (Rezept) durch einen Arzt ausstellen lassen. Diese bestätigt die medizinische Notwendigkeit. Anschließend stehen einem zehn Sitzungen zu je 45 Minuten zu. Empfiehlt der Logopäde eine anschließende Fortsetzung, so kann der Arzt ohne weiteres sechs weitere Behandlungen verschreiben. Die weiter anschließende Weiterbewilligung ist komplex und wird in der Regel nur bei schwerer Indikation ausgesprochen. Ein Tipp: diese Regelung lässt sich umgehen, wenn zwischen den Therapieeinheiten eine Behandlungspause von einem Vierteljahr besteht.
Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen rund 90 Prozent der Kosten für eine logopädische Behandlung bei Erwachsenen. Die restlichen 10 Prozent der Behandlungskosten und die Rezeptgebühr von zehn Euro müssen sie selbst tragen. Bei Patienten unter 18 Jahren übernehem die Kassen die kompletten Kosten der Therapie.
Ein Blick in die Vergangenheit
Logopädische Behandlungen gibt es seit dem Ende des 19. Jahrhunderts. Die ersten Lehrkurse für so genannte „Sprachheilkundler“ gab es bereits 1886 in Potsdam. Fünf Jahre später schlossen bereits mehr als einhundert Kursteilnehmer diese Ausbildung ab und boten ihre Heilbehandlungen an. Im Jahr 1901 wurde dann in Berlin die erste Ambulanz für Sprachkranke eröffnet, wo tägliche Kurse für sprach-gebrechliche Kinder angeboten wurden. Nach dem ersten Weltkrieg folgte die Erweiterung und Anerkennung der Sprachheilkunde als akademisches Lehrfach.
Emil Fröschels, ein österreichischer Facharzt für Sprach- und Stimmheilkunde, führte 1924 den Begriff „Logopädie“ in die medizinische Fachsprache ein. Fröschels setzte sich stark dafür ein, eine wissenschaftlich basierte Ausbildung mit akademischer Abschlussprüfung einzuführen. Die offizielle Berufsbezeichung wurde im Jahr 1957 eingeführt. Und nochmal fünf Jahre später gab es dann auch endlich die erste Logopäden-Lehranstalt. Nach unzähligen Verhandlungen mit der Berliner Senatsverwaltung hatten die Absolventen nach Kursbeendigung auch erstmals eine staatliche Anerkennung in der Tasche.
Ausbildung oder Studium? Und was verdient man als Logopädin?
Lange Zeit war die Logopädieausbildung nur schulisch möglich. Interessierte können mittlerweile auch ein Studium absolvieren und dieses mit dem Bachelor of Sience abschließen. Für Schüler und Hochschüler findet im 6. Semester das Examen statt, welches neben einem schriftlichen und mündlichen, auch einen praktischen Teil beinhaltet. Die berufsfachschulische Ausbildung ist hiermit beendet. Das Studium aber nicht und so folgen, je nach Studienkonzeption, noch ein bis zwei Semester, um die Bachelorarbeit fertigzustellen. Die Hochschulabsolventen haben also zwei Abschlüsse in der Tasche: ihren Bachelortitel und das staatliche logopädische Examen.
In Deutschland gibt es in etwa 75 private oder staatliche Berufsfachschulen und 23 Hochschulen beziehungsweise Universitäten, die Logopädie anbieten. Auszubildende erhalten je nach Schule auch eine Ausbildungsvergütung, die im Laufe der Ausbildungszeit auf bis zu 1.200 Euro brutto ansteigt. Fertige Logopäden dürfen zunächst mit 1.600 Euro rechnen, später verdienen sie im Schnitt 2.700 Euro brutto im Monat. Rund 31.000 Logopäden sind laut dem Statistischen Bundesamt derzeit in Deutschland tätig. Von ihnen sind circa 90 Prozent weiblich.
-
Behandlung von Sprachstörungen mit Logopädie
Phonetische Sprachstörungen oder auch Schluckbeschwerden treten bei vielen Kindern in bestimmten Lebensabschnitten auf. Dauern sie an, sollte eine Logopädie-Praxis aufgesucht werden. Hierbei gilt: je eher mit einer Therapie begonnen wird, um so besser. -
Physiotherapie und Logopädie bald auch regulär digital
Die Digitalisierung im Gesundheitswesen schreitet voran. Unabhängig von Pandemir-Sonderregelungen können Physiotherapeuten, Logopäden, Sprech- oder Ernährungstherapeuten ihre Behandlungen bald auch regulär telemedizinisch durchführen. Dazu hat der G-BA die Heilmittelrichtlinie geändert. -
Krankenkassen übernehmen Logopädie-App
Auch die Logopädie wird zunehend digital. Nachdem Anfang Februar die erste App im Bereich der Sprachheilkunde als erstattungsfähige Anwendung zugelassen wurde, können nun bestimmte Patientengruppen damit selbstständig üben und bekommen die Kosten von der Krankenkasse erstattet. -
Klinische Sprechwissenschaft als Alternative zu Logopädie
Wer unter beruflich oder privat an Sprechstörungen oder Stimmproblemen leidet, kann alternativ zu Logopädie auch therapeutische Hilfe durch klinische Sprechwissenschaft in Anspruch nehmen.