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Heilmittel

Logopädie - gestern und heute

veröffentlicht am 10.03.2023 von Redaktion krankenkasseninfo.de

Logopädische Sitzung mit einem Kind Logopädische Sitzung mit einem Kind(c) Canva.com
Behandlungen mit Logopädie werden bei verschiedenen Sprachstörungen eingesetzt, die von leichten Beschwerden bis hin zu Stimmbandschädigungen und Kehlkopfverlust reichen können. Logopädische Behandlungen werden beispeilsweise für Schlaganfallpatienten, Kinder mit Sprachentwicklungsproblemen wie Stottern oder stimmbelastetete Schauspieler verordnet und von der Krankenkasse bezahlt.

2023-03-10T11:23:00+00:00
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Vielfältiger Einsatz für Logopädie

Logopädische Behandlungen werden unter anderem in logopädischen Praxen, Krankenhäusern, Rehabilitationszentren, Sprachheilkindergärten und Förderschulen angeboten. Je nach Befund und Schweregrad kann die Logopädie durch Physiotherapie, Ergotherapie, Psychotherapie oder ärztliche Behandlungen ergänzt werden. Die Ziele der Sprachtherapie sind dabei vielfältig: Sie kann die Stimme trainieren, aber auch die Aussprache verbessern oder das „richtige“ Sprechen lehren. Logopäden wenden dabei verschiedene Verfahren wie Sprachverständnis- oder Artikulationstraining an, führen aber auch verschiedene Entspannungs- oder Atemübungen durch.Welche Behandlungsmethoden langfristig empfohlen werden, hängt von der jeweiligen Störung ab. Für den Behandlungserfolg ist es außerdem wichtig, dass die Klienten selbstständig und regelmäßig zu Hause üben. Logopäden führen unter anderem folgende Methoden mit ihren Klienten durch:

  • Übungen zur Lautbildung und zur Verbesserung der Sprechflüssigkeit
  • Übungen zur Wahrnehmung
  • Übungen für Atmung, Gehör, Schlucken und Stimme
  • Übungen zur Verbesserung des Wortschatzes, der Wortfindung und der Grammatik
  • Unterstützung der Kommunikation durch Hilfsmittel (Sprachcomputer, Gebärden)
  • Hörtraining und allgemeiner Umgang mit der Hörprothese (Cochlea-Implantat)
  • Unterstützung bei der Umsetzung und Anwendung im Alltag

Was genau machen Logopäden?

Logopädie gibt es für alle Altersstufen Logopädie gibt es für alle Altersstufen(c) Canva.com
Der Begriff Logopädie stammt aus dem Altgriechischen. Er lässt sich in die Worte lógos, zu Deutsch „Wort“ und paideuein, also „erziehen“ aufteilen und übersetzen. Logopädie bedeutet also nichts anderes als Sprecherziehung. Logopäden haben ein weites Tätigkeitsfeld: sie diagnostizieren, beraten, informieren und therapieren Menschen jeden Alters. Diejenigen, die eine solche Behandlung in Anspruch nehmen, leiden meistens unter Hör-, Stimm-, Sprach- und Schluckstörungen, deren Ursprung entweder funktionell, organisch oder psychisch ist. In der Logopädie kommen keine Medikamente zum Einsatz. Ein Logopäde hat das Ziel, die individuell befriedigende Kommunikationsfähigkeit seiner Patienten (wieder) herzustellen. Sie versuchen, ihre Klienten unter anderem dabei zu unterstützen, das Sprechen oder die Artikulationsfähigkeit erneut zu erlernen. Auch die Wiedereingliederung in den Beruf bei Erwachsenen oder die Schulfähigkeit eines Kindes können Teil und Ziel einer logopädischen Behandlung sein. Besonders wichtig: die logopädische Arbeit muss an die individuellen Bedürfnisse des Patienten angepasst werden. Denn nur ein motivierter Patient wird langfristig Erfolge erzielen. Die Behandlung muss dabei nicht zwingend in wöchentlicher Einzeltherapie stattfinden, sondern kann auch in der Gruppe oder in Intervallen erfolgen. 

Für wen ist Logopädie geeignet?
  • Klein- und Schulkinder mit Auffälligkeiten bei Artikulation und Spracherwerb
  • Schulkinder mit Schwierigkeiten in der Lese-Rechtschreibung
  • Menschen jeden Alters mit Störungen des Redeflusses (Stottern)
  • Erwachsene mit neurologischen oder internistischen Erkrankungen
  • Schlaganfallpatienten
  • Beruflich stimmbelastete Menschen (z.B. Sänger, Schauspieler oder Lehrer)
  • Erwachsene und Jugendliche mit einer Schädel-Hirn-Verletzung










Sprachstörungen nehmen zu

Sprachstörungen bei Kindern nehmen zu  Sprachstörungen bei Kindern nehmen zu(c) Getty Images / JohnAlexandr
Es ist ein trauriger Fakt, dass die Zahl der Kinder mit Sprachstörungen rapide ansteigt. Erschreckend ist vor allem, dass die pandemische Lage der letzten Jahre die Entwicklung sprachlicher Kompetenzen massiv gestört hat. Die unzähligen geschlossenen logopädischen Praxen, aber auch der fehlende Austausch mit Gleichaltrigen sind dabei nicht unerheblich. Das allerdings auch die Übernutzung von Smartphone, Computer und TV Mitschuld daran trägt, ist weithin bekannt. Laut Robert-Koch-Institut nehmen in Deutschland innerhalb eines Jahres rund 6,1 Prozent der Kinder und Jugendlichen eine logopädische Behandlung in Anspruch. Überraschend: sie wird von mehr Jungs als von Mädchen genutzt. Insgesamt fällt die Inanspruchnahme bei den 3- bis 6-jährigen mit rund 15 Prozent am Höchsten aus. Die sozialen Unterschiede werden übrigens darin deutlich, dass mehr benachteiligte als nicht-benachteiligte Kinder und Jugendliche eine Behandlung in Anspruch nehmen.

Logopädie und Krankenkassen Logopädie und Krankenkassen(c) getty Images / style-photography

Diese Störungen werden behandelt

Auch wenn die logopädische Behandlung vor allem bei Kindern angewendet wird, gibt es dennoch verschiedene Störungsbereiche, bei denen sie auch bei Erwachsenen notwendig werden kann:

Sprachstörungen

Bei Sprachstörungen ist die Fähigkeit, bestimmte Laute zu unterscheiden, Dinge zu benennen oder Sätze zu bilden, beeinträchtigt. Die Ursachen dieser Störungen sind bei Kindern meist unklar, wobei allgemeine Entwicklungsstörungen oder Hörstörungen zu den bekannten Risikofaktoren gehören. Bei Erwachsenen sind Sprachstörungen fast immer auf Erkrankungen oder Verletzungen des Gehirns zurückzuführen.

Stimmstörungen

Bei Stimmstörungen ist die Stimme dauerhaft verändert. Sie klingt zum Beispiel gepresst, belegt, tonlos oder heiser. Meist ist sie weniger belastbar, das heißt sie wird schnell brüchig oder die Fähigkeit, laut zu sprechen, ist beeinträchtigt. Stimmstörungen können zum Beispiel durch häufiges oder zu lautes Sprechen entstehen. Aber auch Erkrankungen des Kehlkopfes oder eine ungünstige Atemtechnik begünstigen Stimmstörungen. Auch psychische Ursachen wie Depressionen können die Stimme verändern.

Sprechstörungen

Menschen mit Sprechstörungen haben Schwierigkeiten, bestimmte Laute zu produzieren, flüssig zu sprechen oder Wörter genau auszusprechen. Bei Kindern sind Ausspracheschwierigkeiten häufig - vor allem Zischlaute wie „Z“ oder „S“ fallen ihnen schwer. Sprechstörungen können mitunter auf Entwicklungsstörungen zurückzuführen sein, aber auch psychische Probleme können eine Rolle spielen. Bei anderen Patienten ist der Redefluss gestört, das heißt sie stottern, poltern oder weisen eine Mischform auf. Während beim Stottern meist Laute oder Silben wiederholt werden oder unwillkürliche Blockaden oder Pausen auftreten, fällt beim Poltern vor allem das hohe Sprechtempo auf. Polternde haben oft eine ungenaue Aussprache oder lassen Laute oder ganze Wortteile aus. Redeflussstörungen haben oft genetische Ursachen.

Hörstörungen

Menschen mit einer Hörschädigung nehmen Geräusche oder Sprache nur eingeschränkt wahr. Hören sie kaum oder gar nicht, spricht man von Gehörlosigkeit. Ursachen können ein Hörsturz, Verletzungen oder Infektionen sein. Aber auch starker Lärm kann das Gehör schädigen und zu einer dauerhaften Schwerhörigkeit führen. Bei Erwachsenen treten Hörstörungen eher mit zunehmendem Alter auf, die sogenannte Altersschwerhörigkeit. Bei Kindern mit Hörstörungen kann das Gehör schon vor der Geburt nicht richtig entwickelt sein.

Schluckstörungen

Bei Menschen mit Schluckstörungen ist der Bewegungsablauf der am Schlucken beteiligten Muskeln gestört. Dadurch kommt es zu Problemen beim Transport der Nahrung durch Mund und Rachen. Ursache sind Schädigungen des Nervensystems, aber auch Erkrankungen des Mund- und Rachenraumes, Kopfverletzungen oder Fehlbildungen. Gelangt bei einer Schluckstörung Nahrung in die Lunge, kann dies zu lebensbedrohlichen Komplikationen führen.
Eine sprachtherapeutische oder logopädische Behandlung wird in der Regel ab dem vierten Lebensjahr empfohlen. Das Kind ist dann bereits am Ende der Sprachentwicklungsphase angelangt.

Kosten und Zuzahlung bei Logopädie

Eine logopädische Therapiesitzung kostet zwischen 75 und 110 Euro. Die Kosten werden größtenteils von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen. Wer als Kassenpatient eine logopädische Behandlung in Anspruch nehmen möchte, muss sich vorab eine Heilmittelverordnung (Rezept) durch einen Arzt ausstellen lassen. Diese bestätigt die medizinische Notwendigkeit. Anschließend stehen einem zehn Sitzungen zu je 45 Minuten zu. Empfiehlt der Logopäde eine anschließende Fortsetzung, so kann der Arzt ohne weiteres sechs weitere Behandlungen verschreiben. Die weiter anschließende Weiterbewilligung ist komplex und wird in der Regel nur bei schwerer Indikation ausgesprochen. Ein Tipp: diese Regelung lässt sich umgehen, wenn zwischen den Therapieeinheiten eine Behandlungspause von einem Vierteljahr besteht.

Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen rund 90 Prozent der Kosten für eine logopädische Behandlung bei Erwachsenen. Die  restlichen 10 Prozent der Behandlungskosten und die Rezeptgebühr von zehn Euro müssen sie selbst tragen. Bei Patienten unter 18 Jahren übernehem die Kassen die kompletten Kosten der Therapie.

Blick in die Vergangenheit

Logopädische Behandlungen gibt es seit dem Ende des 19. Jahrhunderts. Die ersten Lehrkurse für so genannte „Sprachheilkundler“ gab es bereits 1886 in Potsdam. Fünf Jahre später schlossen bereits mehr als einhundert Kursteilnehmer diese Ausbildung ab und boten ihre Heilbehandlungen an. Im Jahr 1901 wurde dann in Berlin die erste Ambulanz für Sprachkranke eröffnet, wo tägliche Kurse für sprach-gebrechliche Kinder angeboten wurden. Nach dem ersten Weltkrieg folgte die Erweiterung und Anerkennung der Sprachheilkunde als akademisches Lehrfach.

Emil Fröschels, ein österreichischer Facharzt für Sprach- und Stimmheilkunde, führte 1924 den Begriff „Logopädie“  in die medizinische Fachsprache ein. Fröschels setzte sich stark dafür ein, eine wissenschaftlich basierte Ausbildung mit akademischer Abschlussprüfung einzuführen. Die offizielle Berufsbezeichung wurde  im Jahr 1957 eingeführt. Und nochmal fünf Jahre später gab es dann auch endlich die erste Logopäden-Lehranstalt. Nach unzähligen Verhandlungen mit der Berliner Senatsverwaltung hatten die Absolventen nach Kursbeendigung auch erstmals eine staatliche Anerkennung in der Tasche.

 

Logopädie lernen: Ausbildung oder Studium

Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes arbeiten derzeit circa 30.000 Logopäden in Deutschland. Davon sind übrigens rund 90 Prozent Frauen.
Eine Ausbildung zum Logopäden dauert drei Jahre und schließt mit einer staatlichen Abschlussprüfung ab. Die Ausbildung erfolgt bundeseinheitlich an Berufsfachschulen für Logopädie und in logopädischen Praxen, Rehabilitationseinrichtungen oder Kliniken. Gegliedert ist sie in theoretische und praktische Inhalte. So lernen die Auszubildenden beispielsweise den Aufbau der Sprech- und Stimmorgane, aber auch Teile der Phonetik und Linguistik kennen. Dieses Wissen vertiefen sie dann in der praktischen Ausbildung, die sie zum Teil in Kliniken oder Rehabilitationszentren absolvieren.

Die Auszubildenden erhalten je nach Schule eine Ausbildungsvergütung, die im Laufe der Ausbildung auf bis zu 1.200 Euro brutto ansteigt. Ausgelernte Logopäden können zunächst mit 1.600 Euro rechnen, später verdienen sie durchschnittlich 2.700 Euro brutto im Monat. Durch Berufserfahrung oder ein abgeschlossenes Studium kann das Gehalt jedoch steigen.

Neben der Ausbildung gibt es auch die Möglichkeit, Logopädie oder Sprachtherapie an einer Hochschule auf Bachelor- und Masterniveau zu studieren. Das Studium ist häufig ausbildungsintegrierend, sodass die Studierenden sowohl den Abschluss als Logopäde als auch den akademischen Titel erwerben können. So haben sie später die Möglichkeit, in die Forschung oder Lehre zu gehen.

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