Unverzichtbar für Millionen: Das Hörgerät
Ab wann benötige ich ein Hörgerät?
Auch junge Menschen leiden an Hörproblemen
Betroffene müssen im Alltag oft Beeinträchtigungen erfahren. Weil es ihnen beispielsweise schwer fällt, einem Gespräch inhaltlich zu folgen, stoßen sie beim Gegenüber nicht selten Ablehnung oder Unverständnis. Eine verminderte Hörfähigkeit kann somit psychische als auch physische und soziale Probleme zur Folge haben.
- Schwierigkeiten, dem Gegenüber bei einer Konversation zu folgen
- Probleme bei hochfrequenten Konsonanten wie „f, p, k, s, t“ in Kombination mit Konsonanten „sch“ und „ch“
- Den Eindruck haben, dass andere Personen häufig nuscheln oder undeutlich sprechen
- Mündliche Kommunikation und Meetings im Arbeitsleben werden zur Herausforderung
- Hinweise aus dem sozialen Umfeld ( TV oder Radio zu laut )
- Wichtige Hinweistöne oder Telefonklingeln werden schlechter wahrgenommen
Der Gang zum Hörakustiker
Hörgeräte werden am Ohr angepasst und eingestellt(c) Canva.com
Ob man nur ein oder bereits zwei Hörsysteme benötigt, wird zuvor ärztlich durch einen HNO-Spezialisten geklärt. Wer beidseitig schwerhörig ist, sollte auch auf beiden Ohren ein Gerät tragen, weil sonst das Hörvermögen der unversorgten Seite immer schlechter wird. Generell empfiehlt es sich, lieber zwei günstige Hörgeräte zu nehmen, als ein teures. Die meisten Hörgeräte arbeiten mit Batterien, die je nach Größe innerhalb von drei bis 24 Tagen erneuert werden müssen.
Welche Arten von Hörgeräten gibt es?
Für jede Art eines Hörverlustes gibt es mittlerweile passende Hörsysteme, welche sich in ihrem Aufbau ähneln. Sie nehmen durch das Mikrofon den Schall in ihrer Umgebung auf, wandeln diese in elektrische Signale um und leiten sie an einen Verstärker weiter. Dieser wiederum verstärkt, abhängig vom individuellen Hörverlust, das Signal und sendet sie an einen Lautsprecher, der sie ans Ohr überträgt.
verschiedene Arten von Hörgeräten(c) Getty Images / Guzaliia Filimonova
Das Hinter-dem-Ohr-Hörsystem, dessen Technik komplett hinter dem Ohr sitzt und das einen hohen Tragekomfort bietet, leitet den Ton durch einen Schallschlauch zum Trommelfell. Bei den EX-Hörer-Systemen ist der Lautsprecher ausgelagert und liegt direkt hinter dem Gehörgang, sodass der Ton über ein Kabel in den Gehörgang zum Lautsprecher geleitet wird. Auch diese sitzen zum Großteil hinter der Ohrmuschel.
Die In-dem-Ohr-Systeme sind besonders dezent und sitzen im Gehörgang, sodass sie die Funktion der Ohrmuschel nicht nur effektiv nutzen, sondern auch das gewohnte Klangbild unterstützen. Mittlerweile gibt es sogar teil- und vollimplantierte Geräte, die auf jeden unterschiedlichen Defekt angepasst werden können. Man unterscheidet hierbei zwischen Implantaten, die in den Schädelknochen oder ins Mittelohr eingesetzt werden, Cochlea-Implantaten im Innenohr und Hirnstammimplantaten.
Mittelohr-Implantate und knochenverankerte Implantate sind besonders bei Menschen mit leicht bis schwerem Innenohr-Hörverlust, einer Schallleitungsschwerhörigkeit oder einer kombinierten Hörschädigung empfehlenswert, die entweder keine Hörgeräte tragen können oder deren Hörleistung mit solchen unbefriedigend ausfällt.
Hirnstammimplantate stimulieren das Hörempfinden direkt am Gehirn, sodass sie sich mitunter für Personen bewähren, die unter Neurofibromatose Typ 2 (Tumore am Hörnerv) leiden. Cochlea-Implantate zeichnen sich dadurch aus, dass sie die Funktion der Hörsinneszellen ersetzen und sind daher auch für gehörlose oder stark hörgeschädigte Menschen geeignet sind.
Hörgeräte und Krankenkasse
Bei einem Blick auf Preis schlackern viele zunächst mit den Ohren. Jedoch ist bei den Hörsystemen nicht nur der Preis für das Hörsystem, sondern auch die individuelle Anpassungsleistung inkludiert. Wer zu lange mit dem Kauf wartet, kommt häufig nicht über ein Sprachverstehen von 10 bis 20 Prozent hinaus, weil das Hörvermögen immens abgenommen hat. Daher raten Krankenkassen und HNO-Ärzte, früh mit der Hörgeräteversorgung zu beginnen.
Jeder Hörgeräte-Akustiker ist dazu verpflichtet, auch eigenanteilsfreie Geräte anzubieten, die auch als Nulltarif-Hörgeräte bezeichnet werden. Die teureren Geräte punkten unter anderem mit einer besseren Technik, die auch bei lauter Umgebung in Sachen Leistung überzeugen können. Kassenhörgeräte sind deswegen aber nicht automatisch als ungenügend oder minderwertig anzusehen.
Hörgerät zum Nulltarif von der Krankenkasse(c) Getty Images / JPC-PROD
Um die Abwicklung der Antragsformalitäten mit der Krankenkasse kümmern sich die Hörgeräte-Akustiker. Schon zu Beginn der Hörgeräteversorgung ist eine Verordnung des HNO-Arztes und eine Versorgungsanzeige bei der Kasse einzureichen, die wiederum den Anspruch prüfen. Mit der finalen Kaufentscheidung erhalten die Krankenkassen zusätzlich noch einen Abschlussbericht und eine Mehrkostenerklärung, die besagt, dass der Käufer den Differenzbetrag selbst entrichten muss. In der Höhe des vereinbarten Preises sind dann auch beispielsweise Kosten für die Nachbetreuung oder Wartungs- und Reparaturleistungen enthalten. In einem Abstand von sechs Jahren ist es möglich, den Zuschuss für eine Hörhilfe oder eine neue Reperaturkostenpauschale zu beantragen, während Ohrpassstücke sogar alle zwei Jahre bezuschusst werden können. Völlig unabhängig von der Krankenkasse hat man immer die Möglichkeit, auf eigene Kosten in neues Hörgerät zu erwerben.
Barrierefreiheit im Job
Laut einer REHADAT-Umfrage, die an insgesamt 753 Personen mit unterschiedlich stark-ausgeprägten Hörschädigungen durchgeführt wurde, fühlen sich 83 Prozent gut in ihrem Job integriert. Um das zu gewährleisten, kann unter Umständen beispielsweise auch die Deutsche Rentenversicherung Hörgeräte bezuschussen, die über dem Festbetrag der Krankenkassen liegen. Das ist dann der Fall, wenn berufsbedingt ein höherer Hörbedarf vorliegt. Auch die Bundesagentur für Arbeit kann eine Zuzahlung bewilligen, wenn spezielle Anforderungen an das Hörvermögen hinsichtlich der Berufsausübung gestellt werden. Zudem kann das Integrationsamt als Kostenträger in Betracht kommen, was allerdings stark individuell erfragt werden muss. Dafür sind mehrere Kriterien ausschlaggebend. Ein Faktor ist beispielsweise, wenn das Tragen eines Hörgeräts die Arbeitssicherheit erhöht, weil Alarme besser wahrgenommen werden können.