Ampel auf rot, gelb oder grün - Wie realistisch ist eine Bürgerversicherung nach der Wahl?
SPD, Linkspartei und Grüne wollen und thematisieren sie seit langem – eine Reform der bestehenden Gesetzlichen Krankenversicherung mit dem Ergebnis einer einheitlichen Krankenversicherung für bislang private und gesetzlich Versicherte - genannt Bürgerversicherung. Mit dem Projekt lassen sich im Regierungsfall durchaus große Bevölkerungsmehrheiten hinter sich vereinen. Nach einer Erhebung von Infratest wünschen sich mehr als zwei Drittel aller Bundesbürger diesen Schritt.
Abschaffung der PKV?
Freilich würde die FDP als Koalitionspartner in einer Ampel niemals einer Abschaffung der PKV zustimmen, aber davon ist im Grünen Wahlprogramm auch nicht mehr die Rede. Das Reformupdate der GRÜNEN sieht vor, die Privatversicherten in eine „solidarische Finanzierung einbeziehen.“ Wie die Grüne Gesundheitsexpertin Maria Klein-Schmeink erläutert, sollen PKV-Kunden nach den Vorstellungen ihrer Partei künftig auch einen einkommensabhängigen Beitrag an den Gesundheitsfonds abführen. Im Gegenzug sollen sie dann aus dem Fonds einen Zuschuss zu den Kosten ihrer weiterhin bestehenden PKV erhalten. Die Höhe dieses Betrags soll genau dem entsprechen, was eine gesetzliche Krankenkasse für einen vergleichbaren Versicherten aus dem Fonds bekommen würde.
Kompliziert wird das Projekt seit eh und je durch die schwer lösbare Frage nach dem Umgang mit den Alterungsrückstellungen der PKV in einem Bürgerversicherungsmodell. Dabei handelt es sich um langfristig am Kapitalmarkt angelegte Beitragsanteile, die den PKV-Beitrag im Alter kalkulatorisch möglichst stabil halten sollen. Nicht nur bei einer Bürgerversicherung, auch bei einem politisch von allen Ampelparteien gewollten erleichterten Systemwechsel zwischen PKV und GKV stellen die Alterungsrückstellungen den kompliziertesten Brocken dar.
Im Koalitionspoker der Sondierungsverhandlungen könnte ein polarisierendes Reformprojekt sehr willkommen sein als Verhandlungspuffer, um der FDP Kompromisse beim Klimaschutz oder in der Steuerpolitik abzuringen. Spielen die Liberalen mit und blocieren das Projekt nicht zu 100% , könnte eine abgespeckte Bürgerversicherung als typischer Kompromiss als „Einstieg“ mit einem wesentlich kleineren Beitragsanteil auf den Weg gebracht werden. Aber es bleibt fraglich, ob SPD und Grüne ihr Reformprojekt bei Verhandlungen tatsächlich gegen die FDP ins Feld führen werden. Denn im aktuellen Wahlprogramm der Sozialdemokraten wird die Bürgerversicherung längst nicht mehr so klar und vehement gefordert wie in den vergangenen Wahlperioden.Auch die GRÜNEN signalisieren von vornherein Kompromissbereitschaft. Selbst auf den Namen 'Bürgerversicherung' könne man getrost verzichten, wie die Fraktionssprecherin für Gesundheit Klein-Schmeink betonte.
Auch ohne Bürgerversicherung bleibt hoher Reformdruck
Egal welche Koalition ab Herbst 2021 regieren wird in Deutschland, sie wird um eine deutliche Gesundheitsreform nicht herumkommen. Denn im Zuge der Corona-Krise haben sich gigantische Finanzierungslücken aufgetan, die man kaum den Versicherten aufbürden kann. Und es gibt viele weitere Felder mit dringendem Handlungsbedarf: die Krankenhausfinanzierung, der Pflegenotstand oder die Arztdichte auf dem Land.
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"Leistungseinschränkungen wird es mit uns nicht geben" Maria Klein-Schmeink (GRÜNE) im Interview
PKV ja oder nein, Impfpflicht oder Impffempfehlung in der Corona-Pandemie, Krankenhausreform und Digitalisierung. Maria Klein-Schmeink, die dienstälteste gesundheitspolitische Fraktionssprecherin im Bundestag, beantwortet unsere Fragen und erläutert die Lösungsvorschläge ihrer Partei. -
Wahljahr 2021 - Kommt nun die Bürgerversicherung?
Im September findet die Wahl zum 20. Deutschen Bundestag statt. Im Wahlkampf, der nun bald an Fahrt aufnimmt, werden auch diesmal gesundheitspolitische Reformen ein wichtiges Thema sein. Bei einem Regierungswechsel könnte sogar die Bürgerversicherung auf den Tisch kommen. Ein Rückblick. -
Grüne mit Update für Bürgerversicherung: PKV soll bleiben aber "integriert" werden
Die Grünen haben sich von ihren langjährigen Plänen zur Abschaffung der Privaten Krankenversicherung (PKV) gelöst. Wie das RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) mitteilte, sieht das neue Positionspapier zur Bürgerversicherung den Erhalt der PKV unter veränderten Rahmenbedingungen vor.