Gesundheitspolitik der Parteien: Was fordert das Bündnis Sarah Wagenknecht (BSW)?
Jan-Peter Warnke, Sprecher für Gesundheitspolitik beim BSW im InterviewDie Beiträge für Krankenversicherte und Arbeitgeber steigen derzeit so stark an wie noch nie. Mit welchen Maßnahmen und Konzepten würden Sie die aktuelle Kostenlawine im Gesundheitsbereich eindämmen wollen?
Die steigenden Beiträge sind das Ergebnis einer systematischen Fehlentwicklung im System. Wir haben das Gesundheitssystem neu gedacht. Wir glauben, dass nur eine Verschmelzung der Sektoren, regional geplant, die Chance für ein Gesundheitswesen in unserem Land sein kann. Also kein Flickwerk am alten System mehr.
"Kein Flickwerk mehr am alten System"
Wir stehen für die Verstetigung der innovativen integrierten Versorgungskonzepte und eine Vernetzung aller Akteure, ambulant, stationär, rehabilitativ sowie pflegerisch und palliativ. Wir gehen davon aus, dass die Umgestaltung des Systems vielleicht mehrere Jahrzehnte dauern wird, aber es muss jetzt damit begonnen werden.
- Bürgerversicherung (Zusammenlegung von GKV+PKV)
- staatliche Infastruktur-Garantie für medizinische Grundversorgung
- Steuerfinanzierung versicherungsfremder Leistungen
- volle Übertragbarkeit der PKV Alterungsrückstellungen
- Steuer-kofinanzierte Pflegevollversicherung
- Ablehnung des WHO - Pandemievertrags
Angesichts der Teuerungskrise werden Vorschläge laut, die auf Abbau oder Ausgliederung von Kassenleistungen hinauslaufen. Wie offen ist das BSW für Streichungen beim Leistungskatalog und wo wäre dabei die Rote Linie?
Streichungen an Leistungen treffen dann auf unsere roten Linien, wenn dadurch sowohl eine populationsbezogene aber auch eine für den einzelnen Menschen angemessene Behandlung oder Betreuung unmöglich wird. Wir fordern die Steuerfinanzierung von versicherungsfremden Leistungen (z.B. Beiträge von Bürgergeld-Empfängern).
Unter der beendeten Ampel-Regierung wurde eine umfassende und auch umstrittene Krankenhausreform durchgesetzt. Sehen Sie Bedarf für Änderungen an diesem Gesetz?
Es besteht kein Zweifel, dass auf dem Krankenhaussektor Reformen notwendig sind. Die vorliegende Reform ist völlig ungeeignet die bestehenden Probleme zu lösen. Im Gegenteil wird mit der Reform versucht, den Sektor Krankenhaus durch fragliche Kriterien zu stabilisieren.
"Die vorliegende Krankenhausreform ist völlig ungeeignet die bestehenden Probleme zu lösen."
Ohne eine Verschmelzung mit den anderen Sektoren, wird es zu keiner Lösung des Problems kommen.
Auch die Medikamentenversorgung erlebt eine handfeste Krise. Lieferengpässe in Apotheken gehören leider zum Alltag. Kann und sollte die Politik helfen, und wenn ja, wie?
Deutschland aber auch Europa hat in den letzten Jahrzehnten die Produktion von Medikamenten in Dritt-Staaten abwandern lassen. Gleichzeitig hat die Politik zugelassen, dass die Pharmakonzerne die Allgemeinheit mit überzogenen Preisen belegt hat. In diesem Zusammenhang wurden die Zulassungshürden für neue Medikamente und Impfstoffe aber abgesenkt, wenn wir an die Pandemie der letzten Jahre denken.
In Deutschland gibt es ein zweigleisiges System in der medizinischen Versorgung, abhängig vom Versichertenstatus. Welche perspektivische Zukunft sieht das BSW für die Private Krankenversicherung?
Das BSW will endlich ein Ende der Zweiklassenmedizin. Wir setzen uns daher für eine ein Ende der privaten Krankenvollversicherung und für die Einführung einer Bürgerversicherung ein. Wir fordern die sofortige Übertragung der Altersrückstellung der privaten Krankenversicherung beim Anbieterwechsel (Portabilität).
"Wir fordern die sofortige Übertragung der Altersrückstellung der privaten Krankenversicherung beim Anbieterwechsel"
Neben der Krankenversicherung steht auch die gesetzliche Pflegeversicherung vor großen finanziellen Herausforderungen. Wie würde das BSW den Pflegesektor stabilisieren wollen?
Wir fordern eine Pflegevollversicherung, die zum großen Teil steuerfinanziert sein wird. Das Pflegeheim darf nicht zur Armutsfalle werden. Wir müssen dabei schnell handeln. Die Demografie ist unumkehrbar. Wir müssen die Palliativmedizin, die Versorgung in Hospizen und die stationäre Pflege so fördern, dass diese Lebensphase in Würde gelebt werden kann.
"Der vorliegende WHO-Pandemievertrag ist in allen Teilen abzulehnen"
Die Corona-Zeit hat uns vor Augen geführt, dass Krankheiten nicht vor Grenzen halt machen. Welche Rolle sehen Sie aus Sicht des BSW für Deutschland in der weltweiten Pandemievorsorge und Gesundheitszusammenarbeit?
Es steht ein neuer Pandemievertrag zwischen der WHO und der EU zu Diskussion. Der vorliegende Vertrag ist in allen Teilen abzulehnen, da es nationales Recht aber auch nationale Kompetenz einschränkt und ein Freibrief für Grundrechts-Einschränkungen darstellt.
WAHL Spezial 2025 - Gesundheitspolitik
>>> Interview mit Kathrin Vogler, DIE LINKE
>>> Interview mit Christine Aschenberg-Dugnus (FDP)
>>> Interview mit Janosch Dahmen (GRÜNE)
>>> Interview mit Tino Sorge (CDU)
>>> Interview mit Martin Siechert (AfD)
>>> Interview mit Heike Baehrens (SPD