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Bundestagswahl 2025

Gesundheitspolitik der Parteien: Das will die AfD

Interview mit Martin Sichert - Sprecher für Gesundheitspolitik der AfD im Bundestag
veröffentlicht am 10.02.2025 von Redaktion krankenkasseninfo.de

Martin Sichert (AfD)Martin Sichert (AfD)© MdB-Büro Martin Sichert
Welche Pläne hat die AfD für die GKV, die PKV, den Pflegesektor oder die Medikamentenversorgung? Martin Sichert beantwortete als gesundheitspolitischer Sprecher seiner Fraktion sieben Fragen zu dringenden Brennpunkthemen.       

2025-02-10T10:39:00+00:00
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Die Beiträge für Krankenversicherte und Arbeitgeber steigen derzeit so stark an wie noch nie. Mit welchen Maßnahmen und Konzepten würden Sie die aktuelle Kostenlawine im Gesundheitsbereich eindämmen wollen?

Zuallererst sollte der Staat das, was er bestellt, auch bezahlen. So müssen zum Beispiel endlich kostendeckende Beiträge für Bürgergeldempfänger eingezahlt werden. Bei der Krankenhausreform sollten nicht wieder die Beitragszahler die Zeche zahlen. 

"Es müssen endlich kostendeckende Beiträge für Bürgergeldempfänger eingezahlt werden.."

Stattdessen muss der Transformationsfonds auf ein steuerbares und effektives Maß reduziert und vollständig aus den Haushalten der Länder finanziert werden.

Gesundheitspolitische Forderungen im Wahlprogamm der AfD


- Kliniken: Vollständige Abschaffung der Fallpauschalen
- Förderung ärztlicher Niederlassungen im ländlichen Raum
-
Beibehaltung der Zustimmungsregelung bei Organspende
- Mehr Geld für pflegende Angehörige

- Corona-Untersuchungsausschuss im Bundestag
- WHO - Reform / WHO - Austritt


 

Angesichts der Teuerungskrise werden Vorschläge laut, die auf Abbau oder Ausgliederung von Kassenleistungen hinauslaufen. Wie offen ist die AfD für Streichungen beim Leistungskatalog und wo wäre dabei eine Rote Linie?

Die Prinzipien der evidenzbasierten Medizin müssen beachtet werden. Deshalb dürfen die etablierten Institutionen und das Prozedere der Selbstverwaltung nicht durch direkte staatliche Eingriffe umgangen oder abgelöst werden. 

"Was wann wo seinen Platz hat und zu welchen Preisen es erstattet wird, das festzulegen ist Aufgabe der Selbstverwaltung."

Föderale Strukturen und die Selbstverwaltung haben in Deutschland die Überlegenheit gegenüber einer zentral verwalteten Staatsmedizin bereits bewiesen. Was wann wo seinen Platz hat und zu welchen Preisen es erstattet wird, das festzulegen ist Aufgabe der Selbstverwaltung.

Unter der mittlerweile beendeten Ampel-Regierung wurde eine umfassende und auch umstrittene Krankenhausreform durchgesetzt. Wie kritisch sehen Sie dieses Gesetz und wo wäre aus AfD-Sicht Abänderungen nötig?

Elementar wichtig ist, Krankenhausstandorte auch bei Reduktion der Akutbettenzahl zu erhalten. Das könnte beispielsweise mit der Schaffung von Abteilungen für Kurzzeitpflegeplätze und Fachabteilungen für fachübergreifende Frührehabilitation in Krankenhäusern geschehen. Außerdem wollen wir die Sektorengrenzen minimieren und Schnittstellenprobleme, sowie unnötige stationäre Aufnahmen und unnötige Transporte ins Krankenhaus, reduzieren, indem ambulante Leistungen - übrigens auch im Rettungsdienst -mit einem gemeinsames Abrechnungssystem vergütet werden, sowie Leistungen des Rettungsdienstes insgesamt (inklusive Transport) als Leistungsbereich ins SGB V aufgenommen werden.

"Bei der Krankenhausreform sollten nicht wieder die Beitragszahler die Zeche zahlen."

Ferner braucht es endlich einen Bürokratieabbau, der auch den Namen verdient. Dazu müssen die Krankenkassen und die Krankenhäuser mit Vertretern der Ärzteschaft und der Pflege verpflichtet werden, Vorschläge zu erarbeiten, um 50 Prozent der Dokumentationspflichten zu reduzieren und die ärztliche Arbeitszeit für Bürokratie und Dokumentation auf höchstens 20 Prozent zu begrenzen.

Auch die Medikamentenversorgung erlebt eine handfeste Krise. Lieferengpässe in Apotheken gehören leider zum Alltag. Kann und sollte die Politik helfen, und wenn ja, wie?

Noch vor einigen Jahren galt Deutschland als „Apotheke der Welt“. Heute besteht bei der Arzneimittelversorgung der Bevölkerung eine gefährliche Abhängigkeit vom Nicht-EU-Ausland, insbesondere von China und Indien. Lieferengpässe bei wichtigen Arzneimitteln nehmen zu. Wir wollen deshalb sicherstellen, dass pharmazeutische Unternehmen eine Nichtverfügbarkeit eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels in Deutschland unverzüglichen melden müssen und die betroffenen Arzneimittel dann nicht exportiert werden dürfen.

"Noch vor einigen Jahren galt Deutschland als 'Apotheke der Welt'. Heute besteht bei der Arzneimittelversorgung der Bevölkerung eine gefährliche Abhängigkeit vom Nicht-EU-Ausland."

Außerdem muss die Vergabe von Rabattverträgen gemäß § 130a Absatz 8 SGB V derart geändert werden, dass Zuschläge grundsätzlich auf mindestens zwei unterschiedliche Anbieter verteilt werden, von denen mindestens einer sowohl das Fertigarzneimittel als auch den darin enthaltenen Wirkstoff innerhalb der EU herstellt bzw. herstellen lässt, sowie eine für zwei Monate ausreichende nationale Arzneimittelreserve für alle verschreibungspflichtigen Arzneimittel eingerichtet wird.

In Deutschland gibt es ein zweigleisiges System in der medizinischen Versorgung, abhängig vom Versichertenstatus. Welche perspektivische Zukunft sieht die AfD für die Private Krankenversicherung?

Die AfD steht für soziale Marktwirtschaft und gegen Planwirtschaft, gegen Einheitsversorgung und gegen Sozialabbau: Die AfD lehnt deshalb Kopfpauschalen und Bürgerversicherung ab. Zur Stärkung von Qualität und Wirtschaftlichkeit in beiden Systemen wollen wir stattdessen mehr Wettbewerb in der GKV und der PKV. 

"Die AfD lehnt Kopfpauschalen und Bürgerversicherung ab."

Wir wollen die Budgetierung abschaffen und das Honorarsystem für GKV und PKV für die Ärzteschaft einkommensneutral angleichen.

Neben der Krankenversicherung steht auch die gesetzliche Pflegeversicherung vor großen finanziellen Herausforderungen. Wie würde die AfD den Pflegesektor stabilisieren?

Auch in der Pflegeversicherung gilt, dass der Staat die Kosten für die von ihm veranlassten versicherungsfremden Leistungen selbst tragen muss. Das würde die Pflegeversicherung sofort um rund 5,5 Milliarden Euro entlasten. Dann müssen wir dem Grundsatz „ambulant vor stationär“ - soweit wie irgend möglich - Geltung verschaffen; nicht zuletzt im Sinne der Pflegebedürftigen selbst.

"Auch in der Pflegeversicherung gilt, dass der Staat die Kosten für die von ihm veranlassten versicherungsfremden Leistungen selbst tragen muss."

Damit ausreichend Personal auch in Zukunft zur Verfügung steht, ist es uns ganz wichtig, wieder auf das über Jahrzehnte bewährte System der getrennten Berufsausbildung von Gesundheits-, Kranken-, Kinderkranken- und Altenpflege zurückzugehen und insbesondere den Trend zur immer weitergehenden Akademisierung umzukehren. Dieser sorgt nur dafür, dass interessierte junge Leute aus den Pflegeberufen und aus der Versorgung von Pflegebedürftigen herausgedrängt werden. Das müssen und werden wir ändern.

Die Corona-Zeit hat uns vor Augen geführt, dass Krankheiten nicht vor Grenzen halt machen. Welche Rolle sehen Sie aus Sicht der AfD für Deutschland in der weltweiten Pandemievorsorge und Gesundheitszusammenarbeit?

Wir verfügen in Deutschland über Institutionen in der Grundlagenforschung, der klinischen Forschung usw., die mit ihren Arbeitsergebnissen die Vorsorge und auch die Behandlung und den Umgang in und mit medizinischen Krisen auf eine qualitativ hochwertige und evidenzbasierte Basis bringen können. Diese Institutionen müssen politisch unabhängig und neutral sein, und können so auch international dazu beitragen, auf Krisen künftig wissenschaftlich und ideologiefrei zu reagieren.

"Institutionen müssen politisch unabhängig und neutral sein"

Damit das möglich ist, muss man diese Institutionen dann aber - anders als wir es bei Corona erlebt haben - wirklich unabhängig arbeiten lassen, statt sie - wie es in Sachen RKI ja mittlerweile aktenkundig ist - lediglich als Alibiveranstaltung für politisch motivierte Maßnahmen zu nutzen. Das hat weder den Menschen in Deutschland noch weltweit geholfen.

Wahlprogramm der Alternative für Deutschland - AfD

 

 


WAHL Spezial 2025 - Gesundheitspolitik

 

"Leistungen, die sich nicht bewährt haben, streichen wir aus dem Leistungskatalog."
>>> Interview mit Christine Aschenberg-Dugnus (FDP)

 

 

"Kein Flickwerk mehr am alten System“
>>> Interview mit Jan-Peter Warnke (BSW)

 

 

 

"Die GKV hat ein strukturelles Einnahmeproblem"
>>> Interview mit Janosch Dahmen  (GRÜNE)

 

 

 

"Für eine gerechte Verteilung der Lasten"
>>> Interview mit Kathrin Vogler, DIE LINKE

 

 

 

  "Kürzungen im Leistungskatalog möchte niemand"
>>> Interview mit Tino Sorge (CDU)

 

 

 

"Wir halten am Ziel einer Bürgerversicherung fest"
>>> Interview mit Heike Baehrens (SPD

 

 

 

 

 

 

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