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Bundestagswahl 2021: FDP

"Ohne Veränderungen wird die Gesundheitsversorgung unbezahlbar" Interview mit Christine Aschenberg-Dugnus (FDP)

WAHL-SPEZIAL mit den gesundheitpolitischen Sprechern der Parteien und Fraktionen
veröffentlicht am 09.08.2021 von Redaktion krankenkasseninfo.de

Christine Aschenberg-Dugnus (FDP)Christine Aschenberg-Dugnus (FDP)
Die Gesundheitspolitik steht vor komplexen Herausforderungen. Mit welchen Reformplänen will die FDP gesetzlich und privat Versicherte vor steigenden Beiträgen bewahren? Und wie halten es die Liberalen mit dem Datenschutz in der Digitalisierungswelle oder der Impfpflicht? Diese und weitere Fragen beantwortet Christine Aschenberg-Dugnus, gesundheitspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion im Bundestag.

2021-08-09T15:28:00+00:00
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krankenkasseninfo: Steigende Beiträge in der gesetzlichen Krankenversicherung scheinen in naher Zukunft unausweichlich und können bereits jetzt nur durch Steuermilliarden verhindert werden. Mit welchen politischen Werkzeugen würde die FDP dieses Dilemma angehen wollen?

C. Aschenberg-Dugnus: Wir wollen unser Gesundheitswesen zukunftsfest machen. Dazu müssen die Beiträge in der GKV stabil bleiben. Für uns als Freie Demokraten ist es deshalb ein elementares Ziel, für mehr und fairen Wettbewerb im Gesundheitswesen einzutreten und dieses Thema mit einem Gewinn an Wirtschaftlichkeit und einer Verbesserung der Qualität zu flankieren. Wir wollen deshalb, dass die Gesundheitsausgaben durch ein stärkeres Kostenbewusstsein weniger schnell wachsen.

"Für uns als Freie Demokraten ist es deshalb ein elementares Ziel, für mehr und fairen Wettbewerb im Gesundheitswesen einzutreten."

Dazu ist es wichtig, dass die Politik der Leistungsausgaben der letzten Jahre beendet wird. Ohne Veränderungen wird die Gesundheitsversorgung unbezahlbar. Es darf keine Abstriche an der Qualität der Versorgung geben. Deswegen wollen wir an Verwaltung und Bürokratie sparen, auf Digitalisierung setzen und alte Zöpfe bei den Strukturen im Gesundheitswesen abschneiden.

krankenkasseninfo: Die scheidende Koalition setzt im Gesundheitswesen die digitale Vernetzung durch. Teil des Plans ist eine zentrale Datenbank, auf der unverschlüsselte sensible Daten von Millionen Versicherten gespeichert werden sollen. Welche Kernforderungen zum Datenschutz stellt die FDP in Bezug auf dieses Projekt?

C. Aschenberg-Dugnus: Wir Freie Demokraten wollen die Digitalisierung im Gesundheitswesen durch klare und transparente Rahmenbedingungen voranbringen. Dazu benötigen wir offene Standards, Interoperabilität und Datensicherheit. Die Vernetzung zwischen allen Gesundheitsakteuren sowie Patientinnen und Patienten muss digital ausgestaltet sein. Nur so ist eine schnelle Verfügbarkeit der Patientinnen- und Patientendaten sicherzustellen.

"Wichtig ist dabei, dass die Datenhoheit immer in die Hand der Patientinnen und Patienten gehört."

Die Digitalisierung ist kein Wert an sich, sondern sie hat das Potential den Arbeitsalltag von allen Gesundheitsakteuren zu erleichtern. Wichtig ist dabei, dass die Datenhoheit immer in die Hand der Patientinnen und Patienten gehört. Gesundheitsdaten sind höchst sensible Daten, die in die Hand der Patientinnen und Patienten gehören. Die Datensicherheit muss an erster Stelle stehen. Dafür setzen wir uns ein. Experimente kann man sich hier nicht erlauben.

krankenkasseninfo: Die Anzahl der Krankenkassen ist im Sinken begriffen und auch der Wettbewerb zwischen Ihnen reduziert sich. Wie möchte die FDP die verbliebene Zahl gesetzlicher Kassen und den Wettbewerb zum Vorteil der Versicherten erhalten?

C. Aschenberg-Dugnus: Wir wollen unser Gesundheitswesen zukunftsfest machen. Für uns Freie Demokraten ist es deshalb ein elementares Ziel, für mehr und fairen Wettbewerb im Gesundheitswesen einzutreten und dieses Thema mit einem Gewinn an Wirtschaftlichkeit und einer Verbesserung der Qualität zu flankieren.

"Krankenkassen sollen ihren Versicherten finanzielle Anreize anbieten dürfen."

Wir Freie Demokraten setzen uns für einen qualitäts-, effizienz- und innovationssteigernden Wettbewerb unter den Kassen ein. Dieser sorgt dafür, dass Patientinnen und Patienten gut versorgt werden und schneller vom medizinischen Fortschritt profitieren. Dazu wollen wir den gesetzlichen Spielraum für qualitätssteigernde Verträge zwischen Krankenkassen und Gesundheitsakteuren ausweiten, um innovative Versorgungsformen zu stärken. Krankenkassen sollen ihren Versicherten finanzielle Anreize wie beispielsweise Selbstbeteiligungen, Bonuszahlungen oder Beitragsrückerstattungen anbieten dürfen. Dadurch können die Nachfrage gesteuert, Bürokratie abgebaut und Wirtschaftlichkeitsreserven erhöht werden. Zudem sollen Krankenkassen ihren Versicherten freiwillig zusätzliche Leistungen anbieten können, wie beispielsweise die Kostenübernahme für Verhütungsmethoden über das 22. Lebensjahr hinaus.

krankenkasseninfo: Die FDP befürwortete als Oppsitionspartei das Masernschutzgesetz von Union und SPD, das erstmals wieder für eine Impfpflicht in Deutschland sorgte. Welchen Stellenwert hat die Freiwilligkeit von Impfungen angesichts der Krise noch für Ihre Partei?

C. Aschenberg-Dugnus: Ich selbst befürworte eine Impfung gegen Covid-19 ausdrücklich. Ich bin selbst zweifach geimpft und kommuniziere dies auch öffentlich. Es ist allerdings wichtig, hierbei auf Aufklärung zu setzen. Nur so können Unentschlossene von einer Impfung überzeugt werden. Dazu gehören niedrigschwellige Impfangebote, eine zielgruppenorientierte Kommunikationsstrategie sowie wohnortnahe Impfangebote. Es muss da geimpft werden, wo sich die Menschen im Alltag aufhalten. Mobile Impfteams können sowohl Aufklärungsarbeit leisten als auch die Impfungen durchführen. Staatlicher Zwang darf auch in Krisenzeiten nicht unsere erste Reaktion sein.

krankenkasseninfo: Um das Impftempo erhöhen zu können, wurde im Bundestag die zeitweise Aufhebung von Patenten gefordert, welche die Anzahl der Hersteller begrenzen. Was spricht aus Sicht der FDP, die das ablehnte, gegen solch einen Schritt ?

C. Aschenberg-Dugnus: Für uns Freie Demokraten steht fest: Eine Aufhebung des Patentschutzes für Impfstoffe beseitigt die weltweite Knappheit an Impfstoff nicht. Wer in den Schutz geistigen Eigentums eingreift, der schwächt die Entwicklung künftiger, modifizierter Impfstoffe und Medikamente. Damit private Investitionen mobilisiert werden, muss geistiges Eigentum im Patentrecht strikt geschützt bleiben, auch bei Arzneimitteln für seltene Erkrankungen.

krankenkasseninfo: In Deutschland herrscht politischer Streit um die nötige Anzahl, Auslastung und Verteilung von Klinikstandorten. Unstrittig ist dagegen die Überlastung in der stationären Pflege. Welchen Plan hat die FDP für die Krankenhauslandschaft im Gepäck?

C. Aschenberg-Dugnus: Wir Freie Demokraten fordern eine nachhaltige Verbesserung der Investitionsfinanzierung für maximalversorgende und kleinere spezialisierte Krankenhäuser. Nur so können wir die bedarfsgerechte und qualitativ hochwertige Versorgung aller Bürgerinnen und Bürger sicherstellen. Höhere Qualität muss durch das Vergütungssystem belohnt werden. Die Strukturreform im stationären Sektor muss verantwortungsvoll weiterentwickelt werden. Eine Ungleichbehandlung von privaten, öffentlichen und konfessionellen Trägern lehnen wir genauso entschieden ab, wie eine Planungshoheit der Krankenkassen für die Versorgungsstrukturen.

krankenkasseninfo: Auch die Private Krankenversicherung wird immer teurer für ihre Mitglieder. Gerade im Alter können viele die hohen Prämien nicht mehr zahlen. Wie möchte die FDP die Versicherten der PKV vor finanzieller Überforderung schützen?

C. Aschenberg-Dugnus: Wir Freie Demokraten wollen den Wechsel zwischen gesetzlicher (GKV) und privater (PKV) Krankenversicherung in beide Richtungen vereinfachen. Wir stehen für ein solidarisches und duales Gesundheitssystem, in dem die Wahlfreiheit der Versicherten durch Krankenkassen- und Krankenversicherungsvielfalt gewährleistet ist.

"Wir Freie Demokraten wollen den Wechsel zwischen gesetzlicher (GKV) und privater (PKV) Krankenversicherung in beide Richtungen vereinfachen."

Dazu gehört neben einer starken privaten auch eine freiheitliche gesetzliche Krankenversicherung. Diese soll Versicherten- und Patienteninteressen in den Mittelpunkt rücken und Möglichkeiten bieten, aus verschiedenen Modellen zu wählen.

 

--> Wahlprogramm der FDP

 

 

WAHL SPEZIAL 2021

Im WAHL-SPEZIAL antworteten weitere Parteien u.a. alle im Bundestag vertretenen sowie Volt, PIRATEN, ÖDP, Freie Wähler und Graue Panther.

 

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