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Bundestagswahl 2021: CDU / CSU

"Impfungen gegen das Corona-Virus bleiben freiwillig" - Michael Hennrich (CDU) im Interview

WAHL-SPEZIAL mit den gesundheitpolitischen Sprecherinnen und -sprechern der Parteien und Fraktionen
veröffentlicht am 05.08.2021 von Redaktion krankenkasseninfo.de

Michael Hennrich (CDU) Michael Hennrich (CDU)(c) CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag
Die Gesundheitspolitik im Wahljahr 2021 wird durch die Corona-Krise geprägt. Nicht nur das Thema Impfflicht ist essenziell, auch die Fragen der verfügbaren Klinikbetten, des Datenschutzes in der Digitalisierung oder der Schutz der gesetzlich oder privat Versicherten vor finanzieller Überforderung durch steigende Beiträge. Michael Hennrich antwortet als Obmann der CDU im Gesundheitsausschuss des Bundestages auf diese Fragen.  

2021-08-05T16:29:00+00:00
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krankenkasseninfo: Den Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen drohen deutlich steigende Beiträge. Derzeit werden diese noch mit Rekordzuschüssen aus dem Steuerhaushalt verhindert. Ist die 40-Prozent-Marke bei den Sozialbeiträgen und die Parität zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern noch zu halten?

Michael Hennrich: Bedingt durch die demographische Entwicklung und den medizinischen Fortschritt steht unser Sozialversicherungssystem vor großen Herausforderungen. Deshalb wollen wir mit unserem Modernisierungsjahrzehnt die Sozialversicherungsbeiträge stabil halten. Die gesetzliche Krankenversicherung werden wir weiter durch einkommensabhängige paritätische Beiträge, Eigenbeteiligung und einen Steueranteil für versicherungsfremde Leistungen, wie beispielsweise zur Bewältigung der Corona-Pandemie verlässlich finanzieren.

"Wir wollen mit unserem Modernisierungsjahrzehnt die Sozialversicherungsbeiträge stabil halten."

Dazu geben wir als Bund im kommenden Jahr ergänzend zu den festgeschriebenen 14,5 Millionen Euro sieben Milliarden Euro in den Gesundheitsfonds– wir haben verankert, dass der Bundesgesundheitsminister mit Zustimmung des Deutschen Bundestages diesen Posten auch anpassen kann, wenn belastbare Daten einen veränderten Finanzbedarf für 2022 ausweisen. Durch Sonderregelungen für 2021 haben wir dafür gesorgt, dass bei allen Krankenkassen ausreichende Finanzreserven verbleiben, um unerwartete Ausgabensteigerungen auffangen zu können.

krankenkasseninfo: Die Zahl der Krankenkassen sinkt beständig und auch der Wettbewerb stagniert, weil das Geld für Extraleistungen ausgeht. Wie kann die verbliebene Anzahl an Kassen und der Wettbewerb zum Vorteil der Versicherten erhalten bleiben?

Michael Hennrich: Klar ist für uns: Eine Einheitsversicherung und Schritte dahin lehnen wir ab. Wir erhalten unser sehr gutes Gesundheitssystem und eine umfassende, wohnortnahe Versorgung der Bürgerinnen und Bürger mit der bewährten Selbstverwaltung, der freien Arzt- und Therapiewahl und dem Zusammenspiel von gesetzlichen und privaten Krankenversicherungen. Wir wollen weiterhin die Möglichkeiten für Wahltarife und Satzungsleistungen zum Wettbewerb der Krankenkassen bewahren.

"Eine Einheitsversicherung und Schritte dahin lehnen wir ab"

Mit dem Gesundheitsversorgungs- und Pflegeverbesserungsgesetz – GPVG haben wir die Möglichkeiten der Krankenkassen, Selektivverträge schließen zu können, ausgebaut. So können beispielsweise regionale Versorgungsinnovationen gefördert und Versorgungsverträge auch mit nichtärztlichen Leistungserbringern geschlossen werden. Hieran knüpfen wir an.  

krankenkasseninfo: Im Wahljahr 2021 wird die Digitalisierung im Gesundheitswesen final durchgesetzt – mit neuen Anwendungen und einer riesigen zentralen Gesundheitsdatenbank als Kern. Warum hält es die CDU nicht für nötig, diese sensible Gesundheitsdaten der Versicherten zu verschlüsseln, auf die sogar die Forschung Zugriff haben wird?

Michael Hennrich: Um den medizinischen Fortschritt langfristig zu sichern, sind große Datenmengen wichtig. Deswegen haben wir dafür gesorgt, dass in einem Forschungsdatenzentrum die Abrechnungsdaten, welche den Krankenkassen vorliegen, pseudonymisiert zusammengefasst und sehr eng begrenzt für die Gesundheitsforschung zugänglich gemacht werden. Auch hier gilt derselbe Grundsatz wie bei der Digitalisierung im Gesundheitswesen insgesamt: Bei den sensiblen persönlichen Patientendaten muss der Datenschutz oberste Priorität haben.

"Um den medizinischen Fortschritt langfristig zu sichern, sind große Datenmengen wichtig"

Deswegen haben wir dafür Sorge getragen, dass die Struktur der Gesundheitsdatenbank sicher und in sich geschlossen ist. Zugriffsberechtigte Leistungserbringer sind geprüft und zertifiziert. Der Datenschutzbeauftragte des Bundes war in allen Schritten eingebunden und, wie bei allen Maßnahmen im Bereich E-Health war das BSI zur Informationssicherheit beteiligt. Werden – im eng begrenzten Rahmen - Forschungsanfragen zugelassen, werden diese nur anonymisiert oder pseudonymisiert herausgegeben.

krankenkasseninfo: Mit dem Masernschutzgesetz haben die Unionsparteien erstmals seit 1976 wieder eine  Pflichtimpfung per Gesetz auf den Weg gebracht. Dann kam Corona. Ist die Freiwilligkeit von Impfungen ein Grundsatz, an dem die CDU auch weiterhin festhalten wird ?

Michael Hennrich: Impfungen gegen das Corona-Virus bleiben freiwillig. Wir setzen auf Aufklärung, Information und Überzeugung und sorgen dafür, dass für alle Personen, die sich impfen lassen möchten, ein Angebot einfach erreichbar ist. Impfen ist der wichtigste Baustein, damit wir die Pandemie dauerhaft in den Griff bekommen. Wer sich impfen lässt, schützt sich selbst, aber auch sein persönliches Umfeld und andere Personen vor einer möglicherweise sehr schwer verlaufenden Krankheit. Die Menschen können darauf vertrauen, dass die Europäische Arzneimittelkommission die eingesetzten Impfstoffe sorgfältig auf ihre Sicherheit und Wirksamkeit geprüft hat.

krankenkasseninfo: Die Unionsabgeordneten stimmten gegen eine zeitweise Aufhebung des Patentschutzes für Corona-Impfstoffe, wie sie aus Reihen der Opposition gefordert wurde. Was spricht aus Sicht der CDU eigentlich gegen diesen Vorschlag und wie sollte sonst das Impftempo erhöht werden können?   

Michael Hennrich: Die Aussetzung oder Aufhebung des Patentschutzes lehnen wir ab: Bei der zunächst begrenzten Verfügbarkeit an Impfstoffen gegen das Corona-Virus lagen die Ursachen nicht in Patentfragen, sondern beispielsweise in der begrenzten Verfügbarkeit einzelner Lieferbestandteile oder der erforderlichen Dauer des Ausbaus von Produktionskapazitäten. Eine Patentfreigabe hätte daher nicht an den Ursachen angesetzt und nicht zu mehr verfügbaren Impfstoffen geführt. Zudem mindern wir mit der Aussetzung von Patenten den Anreiz für Unternehmen und Investoren, in die Forschung für neuartige Arzneimittel und Impfstoffe zu investieren, die mit einem großen Risiko verbunden sind.

"Um das Impftempo in unserem Land weiter zu erhöhen, spielen aufsuchende Angebote in den Bundesländern und Kommunen eine zunehmende Rolle."

Mehr als 50 Prozent der Deutschen sind Stand heute vollständig geimpft. Es sind ausreichend Impfstoffe vorhanden, damit wir in Deutschland allen impfwilligen Personen ab zwölf Jahren – d.h. für jene Altersgruppen, für die ein Impfstoff in der EU zugelassen ist – ein Impfangebot unterbreiten und ab Herbst Auffrischungsimpfungen für besonders gefährdete Personengruppen anbieten können. Um das Impftempo in unserem Land weiter zu erhöhen, spielen aufsuchende Angebote in den Bundesländern und Kommunen eine zunehmende Rolle. Darüber hinaus liefern wir über die bereits laufende umfängliche Unterstützung der internationalen Impfallianz COVAX/Gavi hinaus nun überzählige Impfstoffe an Drittstaaten, weil das Virus nur global erfolgreich bekämpft werden kann.

krankenkasseninfo: Der öffentliche Krankenhaussektor schwindet schneller als der private wächst. Im Ergebnis sinkt die Zahl der Krankenhausbetten. Ist die Politik der Klinikschließungen und des Bettenabbaus in Zeiten der Pandemie noch vertretbar oder denkt die Union hier über einen Richtungswechsel nach?

Michael Hennrich: Klar ist, dass unsere Krankenhäuser in den Städten und auf dem Land ein wichtiger Anker der medizinischen Versorgung sind. Das hat sich an in ihrem - gemeinsam mit niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten und Pflegeeinrichtungen und Rehabilitationseinrichtungen – entscheidenden Beitrag in der Corona-Pandemie eindrucksvoll gezeigt. Wir wollen, dass künftig die Ziele einer bedarfsgerechten und flächendeckenden Grund- und Regelversorgung in der Krankenhausplanung und insbesondere auch in der Finanzierung wesentlich stärker berücksichtigt werden – gerade für den ländlichen Raum.

"Für die bessere Patientenversorgung können Telekonsile und Televisiten neue Perspektiven eröffnen"

Gleichzeitig brauchen wir für die Patientensicherheit für komplexe Behandlungen eine stärkere Bündelung der klinischen Angebote. Als Bund wollen wir die mit dem Krankenhauszukunftsgesetz begonnene Offensive für mehr digitale Investitionen in den Krankenhäusern weiterführen. Mit dem virtuellen Krankenhaus wollen wir fachmedizinische Expertise überall im Land gleichermaßen verfügbar machen. Für die bessere Patientenversorgung können Telekonsile und Televisiten neue Perspektiven eröffnen - auch in der Pflege.

krankenkasseninfo: Auch den Privatversicherten drohen stark steigende Beitragslasten. Für ältere Versicherte sind die Prämien schon jetzt kaum noch zu bezahlen. Wie könnten PKV-Versicherte vor finanzieller Überforderung geschützt werden, wenn Steuerhilfen oder ein Systemumbau tabu sind?

Michael Hennrich: Wir setzen uns für den Erhalt des dualen Versicherungssystems ein. Auch für privat Kranken- und Pflegeversicherte müssen die Versicherungsbeiträge auch im Alter leistbar bleiben. Deswegen haben wir beispielsweise dafür gesorgt, dass Versicherte, die pandemiebedingt finanziell hilfebedürftig wurden, befristet in den Basistarif wechseln und dabei ein Rückkehrrecht in ihren alten Tarif behalten konnten. Klar ist für uns, dass wir die Belastungen der rund zehn Prozent Privatversicherten nicht außer Acht lassen dürfen. Daher wollen wir in der kommenden Wahlperiode auch darüber diskutieren, wie innerhalb der PKV das Versicherungssystem konkret reformiert werden kann, damit ältere Versicherte nicht vor kaum stemmbaren Beitragserhöhungen stehen.

 

  >> Wahlprogramm CDU/CSU

 

 

Im WAHL-SPEZIAL antworteten weitere Parteien u.a. alle im Bundestag vertretenen sowie Volt, PIRATEN, ÖDP, Freie Wähler und Graue Panther.

 

WAHL SPEZIAL 2021

 

Maria Klein-Schmeink (BÜNDNIS90/GRÜNE) Maria Klein-Schmeink (BÜNDNIS90/GRÜNE)
"Leistungseinschränkungen wird es mit uns nicht geben"Interview mit Maria Klein-Schmeink, gesundheitspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion BÜNDNIS90 / DIE GRÜNEN

 

 

 

Achim Kessler (LINKE) Achim Kessler (LINKE)(c) LINKSFRAKTION / Bundestag
"Für eine solidarische Gesundheitspolitik"Interview mit Achim Kessler, gesundheitspolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion DIE LINKE

 

 

 

Detlev Spangenberg Detlev Spangenberg(c) Deutscher Bundestag
"Den Gesundheitsfonds wollen wir abschaffen" - Detlev Spangenberg (AfD) im Interview

 

 

 

 

Christine Aschenberg-Dugnus (FDP) Christine Aschenberg-Dugnus (FDP)
"Ohne Veränderungen wird die Gesundheitsversorgung unbezahlbar" Interview mit Christine Aschenberg-Dugnus (FDP)"

 

 

 

 

 

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