Für einen Qualitätswettbewerb der Kassen
Maria Klein-Schmeink, gesundheitspolitische Sprecherin der GRÜNEN im Bundestag / Die GRÜNENVergleichstests für Krankenkassen werden von unabhängigen Agenturen und Verbrauchermagazinen regelmäßig durchgeführt. Warum plädieren die Grünen nun auch noch für einen zusätzlichen gesetzlichen „Kassen-TÜV“ ?
Es gibt mittlerweile etliche Möglichkeiten zum Vergleich von Krankenkassen. Unser Ziel ist nicht, diese Vergleiche durch einen gesetzlichen TÜV zu ersetzen. Diese Webportale haben sicher ihre Berechtigung. Was bislang aber dominiert sind Vergleiche etwa zum Beitragssatz, zu Bonuszahlungen, zur Servicequalität oder zu Satzungsleistungen. Wir wollen den Sachverständigenrat jedoch damit beauftragen, Kriterien und Verfahren zu definieren, damit die Strukturqualität und das Gesundheitsergebnis der Kassen längerfristig gemessen und miteinander verglichen werden können.
Damit sollen die Kassen am Ende stärker ermuntert und belohnt werden, weniger auf die kurzfristige Höhe des Zusatzbeitrages zu schielen, sondern langfristig in eine gute Versorgung und damit die Gesunderhaltung und Gesundung ihrer Versicherten zu investieren. Dem Preiswettbewerb der Kassen wird ein Qualitätswettbewerb zur Seite gestellt. Es schafft auch mehr Transparenz für die Versicherten der Kassen. Und nicht zuletzt stützt es die Bemühungen für mehr Qualität in der Versorgung, denn auch Krankenhäuser und - wie von uns gefordert - niedergelassene Ärzte – sollen sich einer stärkeren Qualitätstransparenz unterwerfen.
Die unterschiedlichen Ergebnisse bei den Kassentests zeigen, dass es noch keine einheitlichen Maßstäbe zur Bewertung von Krankenkassen gibt. Sehen Sie es auch als Aufgabe an, mit dem Kassen-TÜV diese Standards nun festzulegen?
Es spricht sicher nichts dagegen, wenn die Ergebnisse der von uns vorgeschlagenen Qualitätsvergleiche auch in die vorhandenen Krankenkassentests einfließen. Es geht uns wie beschrieben um die Versorgungsqualität und das Outcome der Krankenkassen. Insbesondere der zweite Aspekt ist voraussetzungsvoll und wird eher mittelfristig realisiert werden können. Letztlich sollen die Versicherten sehen, welche Kasse sich wirklich um gute Versorgung bemüht und welche nur mit einem niedrigen Beitrag oder Bonuszahlungen auf Kundenfang geht.
Fünfundneunzig Prozent aller Kassenleistungen sind durch Gesetze vorgeschrieben und für alle Versicherten, egal bei welcher Kasse, gleich. Wo genau würden Sie als grüne Gesundheitspolitikerin die Messlatte für die Qualität einer Krankenkasse anlegen wollen?
Das sagt ja noch nichts darüber aus, in welcher Qualität die gesetzlich vorgeschriebenen Leistungen erbracht werden und ob die Kassen wirklich die Gesundheit bzw. das Wohlbefinden ihrer Versicherten verbessern. Die Kassen haben mittlerweile durch Versorgungsverträge, durch Anstrengungen zur Erhöhung der Gesundheitskompetenz ihrer Versicherten sowie zur Unterstützung von Gesundheitsförderung einen erheblichen Einfluss auf die Versorgung. Diese Möglichkeiten werden künftig weiter zunehmen. Maßstäbe für eine gute Krankenkasse wären demnach zum Beispiel Versichertenbefragungen, die Versorgung mit Hilfsmitteln, die Erreichbarkeit, das Engagement für besonders vulnerable Patientengruppen, das Verhalten bei der Bewilligung von Antragsleistungen aber auch die Verbesserung des Gesundheitsergebnisses einer Kasse.
Wie wurde der politische Vorschlag der Grünen im Bundestag angenommen und auf welchem Weg bei Erfolg in die aktuelle Gesetzgebung einfließen können?
Der Vorschlag ist Teil eines Antrages unserer Fraktion zum derzeit beratenen Versorgungsstärkungsgesetz. Wir gehen nicht davon aus, dass die Koalition unseren Antrag unterstützt. Unser Ziel ist eine Diskussion, wie die von der Koalition verursachte Dominanz des Preiswettbewerbs zwischen den Kassen durch einen stärkeren Qualitätswettbewerb behoben werden kann und welche Instrumente hierzu nötig sind.
Der jetzige Bundestag wird noch zwei Jahre Gesetze verabschieden. Welche weiteren gesundheitspolitischen Initiativen und Vorschläge möchten die Grünen in dieser Zeit noch einbringen?
Wir wollen eine Demokratisierung des Gesundheitswesens und hierzu die Bürger- Patienten- und Versichertenorientierung auf möglichst vielen Ebenen ausbauen. Hierzu streben wir auch eine stärkere Steuerung der Gesundheitsversorgung auf regionaler Ebene an. Daneben arbeiten wir weiter an Konzepten zu einer gerechteren und nachhaltigen Finanzierung des Gesundheitswesens durch eine Bürgerversicherung.