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Gesellschaft

Krankenversicherung während und nach der Haft

veröffentlicht am 15.11.2024 von Redaktion krankenkasseninfo.de

Krankenversicherung in der Haftanstalt (JVA)Krankenversicherung in der Haftanstalt (JVA)(c) getty Images / Elmar Gubisch
Das Verbüßen einer Haftstrafe ist mit vielen sozialen und organisatorischen Fragen für die Betroffenen verbunden. Zu klären sind etwa die Weiterzahlung von Miete oder Kündigung von Mietwohnugnen , laufende Kreditraten und ein Autostellplatz bzw. eine KFZ-Abmeldung. Aber auch über den Krankenversicherungsschutz während der Haftstrafe herrscht oft Unklarheit bei den Betroffenen.

2024-11-15T12:04:00+00:00
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Krankenversicherungsschutz in der JVA

Mit dem Verbüßen einer Haftstraße erlischt nicht das Recht auf Mitgliedschaft in einer gesetzlichen Krankenversicherung. Allerdings übernimmt die Krankenkasse während der Haft keine diagnostischen oder therapeutischen Leistungen während der Haftzeit. Für die gesundheitliche Versorgung von Inhaftierten in der JVA kommt die Freie Heilfürsorge auf.

Die Freie Heilfürsorge regelt die Behandlungen von Menschen in einem öffentlich-rechtlichen Amt- oder Dienstverhältnis arbeiten. Das betrifft Angehörige bestimmter Berufsgruppen wie Feuerwehrleute oder Vollzugsbeamte, aber auch Zivildienstleistende sowie die Insassen einer JVA mit ein.  indirekt über die zuständige Amts- oder Dienststelle, die als Dienstherr bzw. Arbeitgeber fungiert. Das Leistungsangebot und die Regelungen zur Kostenübernahme der Heilfürsorge variieren von Bundesland zu Bundesland. Generell aber orientiert sich die Heilfürsorge an den Standards der Gesetzlichen Krankenversicherung.

Freiwillige GKV-Mitgliedschaft während der Haftzeit

Für gesetzlich Versicherte ruht während der Haftzeit ihr Anspruch auf Leistungen durch eine gesetzliche Krankenversicherung. Unter bestimmten Voraussetzungen werden zudem die Versicherungsbeiträge übernommen. Dafür muss eine absehbare Dauer der Inhaftierung von maximal zwei Jahren bestehen. Zweitens muss der Inhaftierte nachweisen, dass er nach der Haft in die finanzielle Bedürftigkeit rutscht.

Der Leistungsanspruch ruht im Moment

  • einer Untersuchungshaft
  • einer einstweilligen Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik bzw. Entziehungsanstalt nach § 126a der Strafprozessordnung
  • Unterbringung in einer JVA

Trotz ruhenden Leistungsanspruchs bleibt die Mitgliedschaft und der grundsätzliche Leistunmgsanspruch gegenüber der Krankenkasse bestehen. Daher kann für freiwillig Versicherte während eines Hafturlaubs oder eines Freigangs der Leistungsanspruch gegenüber der GKV für diesen Zeitraum wieder gelten.
Spätestens die Haftentlassung hebt den Ruhestatus auf und man kann sich als aktives Mitglied der Krankenkasse weiterversichern oder die Krankenkasse wechseln.

Beantragung der freiwilligen Krankenversicherung

Bestand vor Haftantritt eine gesetzliche Krankenversicherung, so muss man innerhalb von drei Monaten eine freiwillige Mitgliedschaft in der GKV beantragen, sofern man während der Haft in der GKV verbleiben will. Die freiwillige Weiterversicherung ist aber nur möglich, wenn man vor dem Verbüßen einer Haftstrafe ausreichend lange in einer gesetzlichen Krankenversicherung war. Dies bedeutet, man musste entweder mindestens 12 Monate durchgehend gesetzlich versichert gewesen sein. Oder man war innerhalb von 5 Jahren mindestens insgesamt 24 Monate gesetzlich versichert.

Welche Ansprüche gelten in der JVA?

Im Sinne des Sozialstaatsgebots besteht auch beim Verbüßen einer Haftstrafe das Äquivalenzprinzip. Mit diesem Prinzip geht der Angleichungsgrundsatz einher. Angewendet auf den Strafvollzug besagt der Grundsatz, dass die grundlegenden Lebensverhältnisse der Allgemeinheit auch während des Vollzugs bestehen bleiben müssen. Das betrifft auch die Leistungen des Gesundheitswesens. Daher erhalten Gefängnisinsassen die zweckmäßige medizinische Versorgung, ähnlich der Versorgung, die gesetzlich Krankenversicherte des öffentlichen Lebens genießen. Darin eingeschlossen sind unter anderem

  • Die Verschreibung hochwertiger Medikamente
  • Die Verschreibung von Verbands-, Heil- und Hilfsmitteln
  • Die Konsultation von medizinischen Experten
  • Betreuung und therapeutische Maßnahmen auch über einen langen Zeitraum hinweg

Das Äquivalenzprinzip zieht auch das Wirtschaftlichkeitsprinzip mit ein. Die Kosten für operative Eingriffe, Diagnosemethoden und Therapien dürfen dabei also nicht unverhältnismäßig hoch sein. Die JVA muss zudem dafür Sorge tragen, dass Behandlungen mit den nötigen Mitteln stattfinden können. Medizinische Behandlungen dürfen beispeilsweise nicht aufgrund fehlender und veralteter Ausstattung, fehlenden Personals oder geringer finanzieller Ressourcen unterlassen oder abgebrochen werden. In Bezug auf Vorsorgeuntersuchungen gelten in der Haft die Standards der gesetzlichen Krankenkassen. Frauen ab 20 Jahren und Männer ab 45 können beispielsweise pro Jahr eine Untersuchung zur Krebsvorsorge durchführen lassen.

Medizinische Versorgung während der Haft

Genau wie im zivilen Leben außerhalb einer JVA muss man sich in der Haft selbst um Arztbesuche kümmern. Daher kann man seinen Anspruch auf Vorsorgeuntersuchung während der Haft nur auf persönlichen Antrag wahrnehmen. Des Weiteren müssen etwaige Erkrankungen überhaupt in ihrem frühen Stadium diagnostizierbar sein, um den Anspruch auf eine Untersuchung geltend zu machen. Das Recht auf Vorsorgeuntersuchung trifft auch für mögliche Erkrankungen zu, deren Behandlung oder Folgebehandlung in die Zeit nach der Haftentlassung fällt. Einschränkungen gibt es ebenfalls für Routineuntersuchungen. Bedürfen diese eines großen Aufwandes oder hoher Kosten, braucht es triftige Verdachtsmomente.

Die Krankenbehandlung innerhalb einer Justizvollzugsanstalt orientiert sich an den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung. Damit haben auch Insassen das Recht auf Behandlungen, um Krankheiten zu heilen oder deren Symptome zumindest zu lindern sowie einer Verschlechterung vorzubeugen.
Damit einher geht das Recht, die Anliegen einem Arzt, in diesem Fall dem Anstaltsarzt, vorzutragen. Eine Diagnose und Behandlung durch externe Ärzte wird nur in wenigen Ausnahmen gewährt. Auch die Bereitschaft, entstehende Kosten für externe Mediziner selbst zu tragen, entbindet nicht von dem Besuch beim Anstaltsarzt. Der Anstaltsarzt entscheidet nach der Diagnose über:

  • weiterführende gesundheitliche Maßnahmen
  • Überweisungen zu Fachärzten / anderen Ärzten
  • Bescheinigung der Arbeitsfähigkeit
  • Bescheinigung über Vollzugstauglichkeit des Erkrankten

Alle Maßnahmen und Überweisung dürfen ausschließlich mit der Erlaubnis des Insassen durchgeführt werden. Die ärztliche Schweigepflicht sowie das ärztliche Recht auf Aussageverweigerung in einem Prozess bleiben auch in der Beziehung von Arzt und Patient innerhalb einer Strafanstalt bestehen.

Zahnärztliche und psychotherapeutische Leistungen im Strafvollzug

Leistungen der Freien Heilfürsorge zu Behandlungen von Zahnerkrankungen sowie von psychischen Erkrankungen leiten sich ebenfalls von den Richtlinien gesetzlicher Krankenkassen ab. So besteht beispielsweise die Möglichkeit, einen Zuschuss für Zahnersatz zu bekommen, wie er gesetzlich Versicherten in Freiheit zusteht. Den Eigenanteil kann die JVA in Härtefällen für mittellose Insassen auf Antrag übernehmen.

Unter psychischen Erkrankungen leiden zahlreiche Insassen von Jusizvollzugsanstalten, häufig verbunden mit Suchtproblemen. Die psychiatrische und psychotherapeutische Versorgung in der Haft ist daher eine weitere wichtige Säule der medizinschen Versorgung während der Haft. 
 

Regelungen der Krankenversicherung nach der Haftentlassung

Sofern man vor Haftantritt oder während des Verbüßens der Strafe seine Mitgliedschaft in einer gesetzlichen Krankenversicherung nicht gekündigt hat, besteht die Mitgliedschaft auch nach der Haftentlassung fort. Die allgemeinen Pflichten zur Sozialversicherung richten sich danach, ob der Haftentlassene sofort eine neue Anstellung eingeht oder im Anschluss an die Haft Sozialleistungen bezieht. Erhält der Entlassene Arbeitslosen- oder Bürgergeld, übernimmt der Staat die Beiträge für Kranken- und Pflegeversicherung. Ein Beschäftigungsverhältnis verpflichtet den ehemals Inhaftierten hingegen zu Abgaben gegenüber der Kranken- und Rentenversicherung genauso wie gegenüber der Arbeitslosen- und Pflegeversicherung. Fällt der Lohn allerdings unter die Jahresarbeitsentgeltgrenze, befreit dies von der Krankenversicherungspflicht. Abgaben zur Sozialversicherung übernimmt wie üblich der Arbeitgeber.

Übergangsfristen für ein GKV-Mitglied

Durch den Beschäftigungsstatus erhält der Haftentlassene das Recht zur Krankenkassenwahl. Nach der Unterzeichnung des Arbeitsvertrages hat er eine Frist von zwei Wochen für den Krankenkassenwechsel. Bleibt die Frist ungenutzt, so fällt seine Mitgliedschaft automatisch der Krankenkasse zu, in der er vor Haftantritt Mitglied war. Der Krankenkassenwechsel ist jedoch erst möglich, nachdem die Bindungspflicht von 12 Monaten erfüllt wurde. Die gleichen Rechte und Fristen kommen auch beim Bezug von ALG oder Bürgergeld zum Zug.

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