Abfindung: Wann werden Beiträge zur Sozialversicherung fällig und wann nicht?
Bedingungen für beitragsfreie Abfindung
Eine Abfindung wird im Arbeitsleben beispielsweise dann gewährt, wenn Arbeitnehmer und Arbeitgeber ihren Arbeitsvertrag auflösen. Dies kann unter anderem bei einer betriebsbedingten Kündigung oder auch bei einem Jobwechselwunsch der Fall sein. Für privat krankenversicherte Arbeitnehmer wirkt sich das in keiner Weise auf die Krankenversicherungskosten aus.
Anders bei gesetzlich versicherten Arbeitnehmern: Erhalten Angestellte eine Abfindung, ist diese nur solange beitragsfrei wie sie:
- Den Verlust der Arbeitsstelle finanziell ausgleicht / zukünftig wegfallende Einkommensmöglichkeiten ausgleicht
- nach Beschäftigungsende keine freiwillige Mitgliedschaft in einer gesetzlichen Krankenkasse erfolgt.
Dasbedeutet, dass die Abfindung für die Zeit nach Beendigung der Anstellung gedacht ist. Ein Grund hierfür kann beispielsweise darin bestehen, den Arbeitgeber zu einer Einwilligung in den Auflösungsvertrag zu überzeugen. Sogenannte Sprinterklausel oder „Turboprämien“ bleiben ebenfalls von der Beitragspflicht ausgeschlossen, solange sie ausschließlich den Arbeitsplatzverlust ausgleichen.
Echte und unechte Abfindungen
Kommt einer der beschriebenen Fälle zum Tragen, spricht man von einer „echten“ Abfindung, im Unterschied zu einer beitragspflichtigen „unechten“ Abfindung. Nach § 14 SGB IV sieht der Gesetzgeber bei einer echten Abfindung die erhaltene Zahlung nicht mehr als Teil des Arbeitsentgeltes an, da sie nach dem Beschäftigungsende erfolgt. Damit erlischt die Beitragspflicht gegenüber Sozialversicherungen. Es erhöhen sich dadurch auch keine Rentenansprüche. Somit werden weder Extrakosten für Pflege- und Krankenversicherungen noch für Renten- und Arbeitslosenversicherung durch die vereinbarte Zahlung fällig. Angestellte, die noch familienversichert sind, brauchen ebenfalls keine entstehenden Beitragskosten durch eine Abfindung zu fürchten.
An Komplexität gewinnt die Situation, wenn eine so genannte unechte Abfindung vorliegt. In diesem Fall sind die Zahlungen sv-beitragspflichtig. Die Bedingungen und Umstände, die eine Abfindung als unecht deklarieren, sind vielfältig. Entscheidend dafür, ob eine Beitragspflicht bei Abfindungen besteht, ist generell der Bezug zum Arbeitsverhältnis.
So werden Beiträge für Krankenkassen, Renten- und Arbeitslosenversicherung bei Zahlungen fällig, die eine Gegenleistung für sich verschlechternde Vertragsbedingungen darstellen, während das eigentliche Arbeitsverhältnis aber fortläuft und nicht endet.
- Gehaltsausgleich nach einer niedrigeren tariflichen Eingruppierung
- Versetzung in einen anderen Bereich des Unternehmens
- Versetzung in einen anderen Bereich des Unternehmens
- bzw. einen anderen Arbeitsplatz/Filiale mit geringerem Gehalt
- Vermeidung einer betriebsbedingten Kündigung aufgrund verringerter Einsatzzeiten bzw. verkürzter Arbeitszeiten
Dies gilt nach entsprechenden Urteilen des Bundessozialgerichts von 1999 auch dann, wenn sich beide Parteien innerhalb einer Änderungskündigung auf Ausgleichszahlungen einigen oder einvernehmlich den Arbeitsvertrag dahingehend ändern.
Unechte Abfindungen bei Jobende
Eine weitere unechte Abfindung liegt immer dann vor, wenn das Arbeitsverhältnis zwar beendet wurde, die Abfindung jedoch arbeitsrechtliche Ansprüche vergeltet, die der Arbeitgeber noch während des Anstellungsverhältnisses zugesprochen bekam. Darin fallen zum Beispiel Urlaubsabgeltungen oder Weihnachtsgeld.Weiterhin gilt die Abfindung als unecht, wenn der Arbeitnehmer sie innerhalb einer Umwandlung von einer fristlosen hin zur fristgerechten Kündigung erhielt, bevor die Kündigung final erfolgte.
Es gibt zudem Spezialfälle, wo eine Abfindung zugleich als unecht und als echt eingestuft werden kann. Das ist der Fall, wenn die Abfindung sowohl Pauschalzahlungen als auch Nachzahlungen beinhaltet. Im Falle solch einer Konstellation müssen beide Zahlungen exakt unterteilt werden, um die Beitragspflicht zu ermitteln.
Entschädigungen bei freiwilliger Krankenversicherung
Eine der Bedingungen für beitragsfreie Abfindungen besteht darin, dass Betroffene nach dem Beschäftigungsende keine freiwillige Krankenversicherung eingehen. Eine freiwillige Versicherung in einer gesetzlichen Krankenkasse kommt zum Beispiel vor, wenn weder ein neues SV-pflichtiges Arbeitsverhältnis besteht noch eine Arbeitslosemldungt bei der Arbeitsagentur oder dem Jobcenter. Bei freiwillig Versicherten werden Entschädigungszahlungen bei Entsassung, zu denen auch Abfindungen zählen, beitragspflichtig gegenüber der Kranken- und Pflegeversicherung. Dies ist festgelegt in den Beitragsverfahrensgrundsätzen für Selbstzahler.
Einmalige und monatliche Entschädigungen
Der Gesetzgeber unterscheidet nicht zwischen einer Einmalzahlung der Entschädigung oder einer monatlichen Zahlung. Beide Zahlungsmethoden obliegen gewissen Beitragspflichten. Ein Unterschied besteht hingegen darin, dass monatliche Entschädigungen als Einkommen gewertet werden und daher entsprechend monatlich Beiträge entstehen.
Für Zahlungsmethoden, die nicht monatlich erfolgen, existiert allerdings eine Ausnahme. Da die Beitragspflicht rechtlich an einen Zuordnungszeitraum gebunden ist, greift sie nicht, wenn der Zeitraum unbestimmbar bleibt.
Eine Einmalzahlung wird hingegen nur zu prozentual beitragspflichtig. Wie hoch der Prozentsatz ausfällt, hängt dabei sowohl von der Beschäftigungsdauer ab als auch vom Alter des Arbeitnehmers beim Beschäftigungsende. Zur genauen Berechnung der Prozente treten zwei aufeinander aufbauende Beurteilungsschritte in Kraft.
Beurteilungsschritte zur Beitragsfestlegung
Für die beitragsrechtliche Zuordnung kommen zwei Beurteilungsschritte zur Anwendung. Der erste Schritt beurteilt die zeitliche Zuordnung der Entschädigungszahlungen, angefangen damit, ob ein entsprechender Zeitraum überhaupt bestimmbar ist.
Ruht durch etwaige Entlassungsentschädigungen das Arbeitslosengeld bzw. würde es potentiell zum Ruhen kommen, so lässt sich ein genauer Zeitraum nicht festlegen. Hierbei spielt allerdings ein weiterer Faktor eine wichtige Rolle, und zwar die fiktive Kündigungsfrist. So wird geschaut, inwieweit der Arbeitgeber eine Kündigungsfrist einhielt oder ob ein Aufhebungsvertrag die Kündigungsfrist aufhebelte.
Die Kontrolle einer fiktiven Kündigungsfrist greift für unkündbare Arbeitnehmer sowie für Arbeitnehmer, die kündbar sind und Entlassungsentschädigungen erhalten. Je nach Arbeitsverhältnis gibt es unterschiedliche, fiktive Kündigungsfristen:
18 Monaten, wenn eine ordentliche Kündigung zeitlich unbegrenzt auszuschließen ist.
12 Monaten, wenn unkündbare Mitarbeiter (z. B. Betriebsräte oder Schwangere) nur per Entlassungsentschädigung ordentlich kündbar werden.
Die ordentliche Kündigungsfrist greift, wenn eine ordentliche Arbeitgeberkündigung nur vorübergehend auszuschließen ist.
Entlassungsentschädigung für die oben aufgeführten Kündigungsfälle lässt sich beitragsrechtlich keinem genauen Zeitraum zuteilen. Daher bleiben sie beitragsfrei gegenüber den Krankenkassen und der Pflegeversicherung. In solch einem Fall beginnt der zweite Beurteilungsschritt.
Berechnung des Zuordnungszeitraums
Die zweite Beurteilungsphase nutzt Regelungen des § 158 Abs. 2 SGB III. Danach entspricht der Zuordnungszeitraum, unabhängig von weiteren Faktoren, maximal einem Jahr, beginnend mit dem jeweiligen Jahresanfang. Diese Jahresregelung wird durch eine weitere Kondition begrenzt.
Auf Basis des letzten Monatsbruttogehalts vor dem Beschäftigungsende rechnet die Krankenversicherung ein fiktives Einkommen solange weiter, bis dieses Einkommen rechnerisch der Entlassungsentschädigung entspricht. Damit definiert dieser mathematische Zeitpunkt den Zuordnungszeitraum.
Beitragshöhe bei Abfindungen
Die Berechnung, wie viel Prozent der Entschädigung als beitragspflichtiges Arbeitsentgelt zählen, richtet sich zudem nach dem Lebensalter und der Beschäftigungsdauer der Angestellten. Beispielsweise gilt der höchste Anteil von 60 Prozent der Entschädigung für Angestellte, die am Ende des Arbeitsverhältnisses noch unter 40 Lebensjahren waren und weniger als fünf Jahre im Betrieb arbeiteten.
Für Über-50-Jährige im gleichen Beschäftigungszeitraum sinkt der Anteil auf 45 Prozent. Angestellte mit über 40 Lebensjahren, die mindestens 15 Jahre im Betrieb waren, müssen für 40 Prozent der Entschädigungen Beiträge für Kranken- und Pflegeversicherung bezahlen.
Der Mindestanteil von 25 Prozent tritt für folgende Arbeitnehmer ein:
- Über 50 Lebensjahre und mindestens 20 Jahre im Betrieb
- Über 45 Lebensjahre und mindestens 25 Jahre im Betrieb
- Alle ab 40 Lebensjahren und mindestens 30 Jahren im Betrieb
Abschließend dividieren die Krankenkassen die Entschädigung durch das kalendertägliche Arbeitsentgelt des ehemaligen Anstellungsverhältnisses.
Die Berechnung muss dabei stets im Kontext des individuellen Arbeitsverhältnisses durchgeführt werden. Demnach müssen die Faktoren so in die Berechnung einfließen, dass im Sinne einer sogenannten Günstigerprüfung der kürzeste Beitragszeitraum entsteht.
Ein Rechenbeispiel
Nehmen wir beispielhaft einen als unkündbar geltenden Angestellten. Per Aufhebungsvertrag einigt sich dieser mit dem Unternehmen erstens auf ein Ende der Beschäftigung am 30. Juli des laufenden Jahres. Zweitens stimmt er einer Abfindung von 40.000 Euro zu. Der Angestellte ist zum Beschäftigungsende 47 Jahre alt und seit 9 Jahren im Betrieb tätig. Sein kalendertägliches Entgelt über die vergangenen 12 Monate liegt im Durchschnitt bei 120 Euro.
Gemäß diesen Berechnungsparametern ergeben sich folgende Ergebnisse: Durch Lebensalter und Beschäftigungszeit gelten 45 Prozent der Abfindung (40.000) Euro als fiktiver Entgeltanteil, also 18.000 Euro. Dieser Betrag dividiert durch 120 Euro kalendertägliches Entgelt ergibt 150 Kalendertage als Ruhezeitraum für den Anspruch auf Arbeitslosengeld, beginnend vom 1. August des Jahres.
Für diese 150 vollen Tage muss sich der ehemalige Angestellte freiwillig bei einer gesetzlichen Krankenkasse versichern. Bei einem allgemeinen Beitragssatz von 14,6 Prozent ergibt sich gegenüber der Abfindung eine Beitragspflicht von 2.628 Euro für den Zeitraum.
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