A1 Bescheinigung - für Entsandte und Selbstständige im Ausland
Will man zeitweise seinem Beruf in anderen Ländern der EU nachgehen, gewährt eine A1 Bescheinigung deutschen Rechtsanspruch in bezug auf die Sozialversicherung. Fehlt einem Arbeitnehmer bei der Arbeit im Ausland dieser Nachweis, greifen die Rechtsvorschriften des jeweiligen Einsatzlandes. Ohne A1-Bescheinigung können also zusätzliche Kosten und organisatorischer Aufwand für den Arbeitgeber entstehen. Eine A1 Bescheinigung ist bei Auslandstätigkeiten daher sinnvoll sowohl für Arbeitnehmer als auch ihre Arbeitgeber, aber auch für Beamte sowie Selbstständige.
Vorteile einer Entsendung
Von einem längeren Aufenthalt in Form einer Entsendung profitieren alle Beteiligten: Neue Methoden und Verfahren lassen sich studieren und im eigenen Land übernehmen. Zudem besteht die Möglichkeit, einen internationalen Kundenkreis aufzubauen. Für die entsandten Arbeitnehmer kann der Auslandseinsatz positiv für die Karriere ausfallen. Und natürlich hilft sie, Sprachkenntnisse zu erweitern, neues Wissen, Fähigkeiten und Best Practice Methoden kennenzulernen und sich mit der Kultur des Gastlandes vertraut zu machen.
Staaten mit A1 Bescheinigungspflicht
Die Entsendebescheinigung gilt für die Europäischen Union als auch für die Schweiz und Nordirland. Zusätzlich kommen Staaten des erweiterten Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) hinzu wie Island, Liechtenstein und Norwegen. Seit dem Austritt Großbritanniens aus der EU greift im Falle einer Beschäftigung im Vereinigten Königreich ein neues Partnerschaftsabkommen. Darin bleibt die A1 Bescheinigung bei einer Entsendung weiterhin als Sozialversicherungsnachweis bestehen. So ist es auch bestätigt durch die Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung - Ausland (DVKA). Die genannten Staaten und die EU kontrollieren Beschäftigte aus dem Ausland u.a. dahingehend, ob eine Sozialversicherung in ihrem Herkunftsland für sie besteht. Die A1 Bescheinigung weist bei Entsendung den Sozialversichertenstatus aus. Der Grund für die Überprüfungen liegt in dem sich verschärfenden Vorgehen gegen Schwarzarbeit sowie Lohndumping. Somit ermöglicht die Entsendebescheinigung als Nachweis einerseits einen Rechtsanspruch und sorgt andererseits für ein unkomplizierteres Arbeiten der Erwerbstätigen im Ausland. Zudem befindet sich der Arbeitgeber ebenfalls auf der rechtlich sicheren Seite.
Kurze oder lange Entsendung
Nicht jeder Beschäftigte, der für ein Unternehmen eine Tätigkeit im Ausland aufnimmt, benötigt zur Entsendung einen A1-Nachweis. Erst unter bestimmten Bedingungen wird eine Beantragung der A1-Bescheinigung notwendig. Dazu zählt zunächst die Dauer der Arbeit im europäischen Ausland.
Voraussetzungen einer kurzen Entsendung
Dienstreisen und Geschäftsreisen einer Abordnung oder einer Einzelperson gelten bereits als kurze Entsendungen und erfordern eine A1 Bescheinigung. Das betrifft beispielsweise auch LKW-Fahrten, welche die EU-Länder bzw. EWR-Mitgliedstaaten und die Schweiz nur zur Durchreise nutzen, da die Fahrt bereits als Arbeit gilt. Für berufliche Aufenthalte von maximal sieben Tagen lässt sich die A1 Bescheinigung auch im Nachgang beantragen. Dazu muss die Tätigkeit folgende Bedingungen erfüllen:
- Die Arbeit lässt sich unabhängig von einem konkreten Ort durchführen.
- Die Arbeit im Ausland gehört zum Tätigkeitsprofil.
- Die Arbeit kann in kurzer Zeit (einige Stunden bis unter einem Monat) erbracht werden.
Bedingungen einer langen Entsendung
Eine längere Entsendung von mehr als einem Monat obliegt klassischerweise der Meldepflicht gegenüber den entsprechenden Ämtern des Einsatzlandes. Die Eingangsfrist bestimmen die jeweiligen Länder. Daher sollte man sich rechtzeitig über die Vorschriften im Einsatzland informieren.
Die Beantragung einer Entsendebescheinigung erfolgt dann bei der Krankenkasse des Arbeitnehmers oder beim GKV-Spitzenverband. Die maximale Gültigkeitsdauer einer einzelnen A1-Bescheinigung beträgt 24 Monate. Danach erlischt normalerweise die deutsche Sozialversicherungspflicht für den weiteren Auslandsaufenthalt. Ebenfalls vereinbaren Beschäftigte und Arbeitgeber einen Entsendungsvertrag. Darin definieren die Parteien beispielsweise die Einsatzdauer, Aufgaben, Höhe der Reisekosten, gesonderte Urlaubsansprüche, Rechenschaften und Weisungsbefugnisse.
Besonderheiten der Ausnahmevereinbarung
Eine der entscheidenden Voraussetzungen für eine erfolgreiche Antragstellung stellt der „persönliche Geltungsbereich“ dar. Im Falle eines Antrags auf eine A1 Bescheinigung bezieht sich dieser auf die Staatsangehörigkeit der zu entsendenden Person. Einige Mitgliedstaaten schränken den Geltungsbereich für Personen aus bestimmten Ländern ein. So erhält ein deutsches Unternehmen, beispielsweise für seinen Mitarbeiter mit norwegischem Pass, keine A1 Bescheinigung für die Arbeit in der Schweiz. Daher sollte man vorab die Rechtsvorschriften des Beschäftigungslandes recherchieren. Sollte man die Voraussetzungen für eine Entsendebescheinigung nicht erfüllen, kann man eine Ausnahmevereinbarung beantragen. Diese bindet einen weiterhin an die in Deutschland geltenden Rechte zur sozialen Sicherheit und nicht an die des Einsatzlandes. Dazu gehören:
- Die Versicherung bei einer gesetzlichen Krankenkasse
- Die Renten- und Pflegeversicherungen
- Die Arbeitslosenversicherung
Den Antrag auf eine Ausnahmevereinbarung reicht man als elektronisches Formular beim GKV-Spitzenverband ein. Die Ausnahmevereinbarung kann zudem verlängernd wirken, wenn die maximale Dauer der A1 Bescheinigung von 24 Monaten ausgereizt wurde.
Zuständige Stellen für die Antragstellung
Wo der Antrag auf eine A1 Bescheinigung eingereicht wird, ist abhängig davon, welche Form der Krankenversicherung vorliegt. So kümmert sich die gesetzliche Krankenkasse um alle Anträge der gesetzlich Krankenversicherten. Dies gilt für:
- Pflichtversicherte
- freiwillig Versicherte
- Familienversicherte
- gesetzlich Versicherte, die zudem privat zusatzversichert sind
Im Falle einer Mitgliedschaft in einer privaten Krankenkasse als auch einer berufsständischen Versorgungseinrichtung übernimmt die Arbeitsgemeinschaft berufsständischer Versorgungseinrichtungen (ABV). Liegt nur eine private Krankenversicherung vor, reicht man die Anträge bei den verantwortlichen Rentenversicherungsträgern ein.
Antragsstellung über die DVKA
Für Berufstätige mit deutschem Wohnsitz, die Auslandsarbeit in mehreren Mitgliedstaaten nachgehen, fällt die Antragszuständigkeit auf die Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung - Ausland. Dies schließt auch Flugpersonal sowie Seeleute mit deutscher Heimatbasis ein. Für solche sogenannten „gewöhnlichen Mehrfacherwerbstätigkeiten“ kann sich die Gültigkeitsdauer der Bescheinigung auf fünf Jahre erhöhen. Dabei gilt eine Bescheinigung für alle angegebenen Länder. Die DVKA ist Teil des GKV-Spitzenverbandes, der als zentrales Organ die Belange der gesetzlichen Krankenkassen und Pflegekassen der BRD vertritt. Bei der Entscheidung über die Anträge achtet die DVKA auf folgende Rechtsvorschriften:
- Die Aufenthaltsdauer liegt in einem überschaubaren Rahmen.
- Als weisungsbefugt während der Entsendung gilt weiterhin der Arbeitgeber.
- Der deutsche Arbeitgeber zahlt weiterhin das Gehalt und übernimmt dessen Abrechnung.
- Die Entsendung dient nicht der Ablösung eines bereits entsandten Arbeitnehmers.
- Der Arbeitnehmer verpflichtet sich dazu, stets den Nachweis seiner Sozialversicherung in der BRD mit sich zu tragen.
Elektronisches Antragsverfahren
Unabhängig von der Art der Krankenversicherung wird die Entsendebescheinigung stets elektronisch beantragt. Hierfür hat die GKV in Zusammenarbeit mit der Informationstechnischen Servicestelle der Gesetzlichen Krankenversicherung (ITSG) das SV-Meldeportal eingerichtet. Dieses löst seit Oktober 2023 das sv.net ab. Das Portal dient dabei weiterhin, als Ausfüllhilfe für Entsendungsanträge zur codierten, digitalen Übermittlung der Sozialversicherungsmeldungen als Alternative zum systemgeprüften Entgeltabrechnungsprogramm. Wer den Antrag stellt, hängt von dem Beschäftigungsverhältnis ab. So übernehmen Arbeitgeber die Beantragung über das SV-Meldeportal für ihre Beschäftigen. Vorgesetzte beantragen für ihre Beamten bzw. Beamten gleichgestellte Personen. Und Selbstständige veranlassen eine Entsendebescheinigung für sich selbst. Dazu können alle genannten Personengruppen sowohl das SV-Meldeportal als auch ein von der ITSG systemgeprüftes Entgeltabrechnungsprogramm nutzen.
Neben dem elektronischen Verfahren existieren einige wenige Ausnahmen, die auch das Formular in Papierform erlauben. Dazu zählen zum Beispiel Beschäftigte mit einer Sozialversicherung in Deutschland, aber mit Wohnsitz im Ausland. Genauso gibt es die Möglichkeit für einige Formen der Mehrfacherwerbstätigkeit, ein händisches Formular zu nutzen.
Steuern bei Entsendung
Geht jemand einer Arbeit nach, erhebt der Staat eine Einkommenssteuer. Bei einer Entsendung ins EU-Ausland kann es zunächst fraglich sein, ob man im Zielland oder im Inland die Steuer entrichtet. Drei Faktoren entscheiden darüber:
- der Ort des Wohnsitzes der entsandten Person
- Aufenthaltsdauer im Tätigkeitsstaat
- Zwischenstaatliche Steuerrechtsverträge
Erstens bleibt demnach die Steuerpflicht in Deutschland erhalten, solange die Entsandten ihr Wohnverhältnis in Deutschland während der Entsendung beibehalten. Dies gilt auch bei einer Zwischenvermietung der eigenen Wohnung von maximal einem halben Jahr. Zweitens entrichtet man weiterhin in der BRD die Steuern, solange man sich maximal 183 Tage körperlich im Einsatzland aufhält.
- Hat der Arbeitgeber eine Betriebsstätte im Tätigkeitsland, darf diese den Lohn nicht zahlen
- Die 183-Tage-Regel gilt für das jeweilige Kalenderjahr
Drittens hat jedes Einsatzland im Sinne des „Welteinkommensprinzips“ das Recht auf die Besteuerung von Arbeitern aus dem Ausland. Um doppelte Steuerabgaben zu vermeiden, hat Deutschland mit vielen Staaten ein Doppelbesteuerungsabkommen, welches die Steuerpflicht in Deutschland sichert. Genauso regelt es auch das Sozialversicherungsabkommen für Sozialabgaben.
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