Scheinselbstständigkeit vermeiden - Worauf es bei Verträgen ankommt
Kapp vier Prozent aller Erwerbstätigen in Deutschland arbeiten als Solo-Selbstständige. Als Unternehmer ohne Angestellte nehmen sie Aufträge an oder schließen für Ihre angeboteten Tätigkeiten und Dienstleistungen Honorarverträge ab.
Selbstständig oder scheinselbstständig
Immer wieder kommt es dabei vor, dass die Indizien einer Scheinselbstständigkeit bewusst oder unbewusst nicht gesehen werden. Schöpft eine Krankenkasse oder das Finanzamt konkreten Verdacht, wird ein so genanntes Statusfeststellverfahren eingeleitet. Dabei handelt es sich um eine Art Tiefenprüfung über alle relevanten Abrechnungs- und Beauftragungsvorgänge. Die untersuchende Behörde oder Körperschaft ermittelt anhand der verfügbaren Daten, ob es sich um eine selbstständige oder scheinselbstständige Tätigkeit handelt. Endet das Feststellungsverfahren mit der Bestätigung einer Scheinselbstständigkeit, wird nachträglich eine Versicherungspflicht für den betreffenden Zeitraum verfügt. Sowohl Auftraggeber als auch Auftragnehmer müssen dann Beiträge für die Krankenversicherung, Arbeitslosenversicherung, Rentenversicherung, Pflegeversicherung und die Unfallversicherung nachzahlen. Die aufgelaufenen Sozialschulden können eine enorma finanzielle Belastung für kleinere Firmen darstellen und sogar zu Konkurs führen.
Für die Definition einer Scheinselbstständigkeit gelten klare Kriterien, die sowohl den Auftraggebern als auch den Auftragnehmern bekannt sein sollten. Selbstständige und Freiberufler sollten beispielsweise eine aktive Auftragsaquise am Markt und möglichst mehrere Auftraggeber nachweisen können. Eine Referenzliste mit allen aktuellen Kunden auf der eigenen Homepage kann hier bereits hinreichend für einen Nachweis sein.
Ausgewogene Umsatzverteilung
Ein typischer Fallstrick für die Scheinselbstständigkeit lauert, wenn es einen langfristigen Hauptauftraggeber gibt, über dessen Aufträge fast der gesamte Umsatz generiert wird. Hier gilt die so genannte Fünf-Sechstel-Regel, wonach eine Scheinselbstständigkeit vorliegt, wenn ein Selbstständiger mehr als fünf Sechstel seines Einkommens bei einem einzigen Auftraggeber verdient. Bevor man sich als Freiberufler für einen größeren Auftrag an einen einzigen Auftraggeber bindet, der die meiste Arbeitszeit in Anspruch nimmt, sollte man in beiderseitigem Interesse die Option auf eine vorübergehende Teilzeitanstellung in Betracht ziehen. Die Selbstständigkeit kann für den Zeitraum beim Finanzamt vorübergehend ale nebenberuflich deklariert und zusätzlich ausgeübt werden.
Freie Zeiteinteilung ohne Präsenzpflicht
Vor wenigen Jahren galt eine Anwesenheitspflicht am Arbeitsplatz als Unterscheidungsmerkmal zwischen freiberuflicher und lohnabhängiger Beschäftigung. Die zunehmende Flexibilisierung und Virtualsierung der Arbeitswelt ließ dieses Kriterium mehr oder weniger hinfällig werden. Genauer ist hier die Feststellung, ob der Auftragnehmer seine Arbeitszeit frei einteilen kann oder sich verpflichtet, eine feste Arbeitszeit pro Tag oder Woche am Projekt zu arbeiten. Hier gilt: Selbstständige können über ihre Arbeitszeit verfügen und sich diese frei nach Auftragslage einteilen.
Selbstständige hören nicht auf einen "Chef"
Ein ziemlich klares Unterscheidungsmerkmal ist das Verhältnis zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer. Ist der Auftragnehmer per Vertrag weisungsgebunden und angewiesen, regelmäßig Bericht über den Fortgang des Auftrags zu erstatten, weist das auf eine mögliche Scheinselbstständigkeit hin. Bei der Vertragsgestaltung mit Freelancern sollte daher auf entsprechende Offenheit in der Formulierung der Klauseln geachtet werden. Hier helfen entsprechende Musterverträge von Berufsverbänden, um gefährliche Klippen zu umschiffen.
-
Krankenversicherung für Selbstständige
Selbstständige und Freiberufler können sich entweder freiwillig in einer gesetzlichen Krankenkasse versichern oder eine private Krankenversicherung wählen. Erfahren Sie, welche Vorteile die beiden Möglichkeiten einer Krankenversicherung für Selbstständige bieten und wie sich die zu zahlenden Beiträge jeweils zusammensetzen und berechnen. -
Mehr Krankengeld für Selbstständige – was bringt ein Wahltarif?
Wer selbstständig ist, hat im Normalfall erst nach sechs Wochen Anspruch auf Krankengeld. Mit einem Wahltarif lässt sich diese Frist verkürzen. Die Tarife und Konditionen unterscheiden sich von Krankenkasse zu Krankenkasse. -
Online-Petition für gerechte Krankenkassenbeiträge bei Selbstständigen
Selbstständige zahlen in der GKV oftmals überteuerte Beiträge jenseits der Belastungsgrenze. Das liegt an der fiktiven Bemessung: Anstatt nach dem realen Bruttoverdienst werden fiktive Größen zur Berechung der Beiträge herangezogen. Das Ergebnis: Nicht selten sind mehr als 30 Prozent des Gewinns an die Krankenkasse abzuführen.