Inkontinenz - die verschwiegene Volkskrankheit
Inkontinent sein heißt, dass man körperlich die Fähigkeit verliert, den Urin beziehungsweise Stuhl zurückzuhalten. Für das tägliche Leben kann das fatale Folgen heben, denn Betroffene können weder Ort noch Zeitpunkt für ihre Ausscheidungen kontrollieren. Laut WHO ist Inkontinenz eine anerkannte Krankheit, die wiederum auf andere Grunderkrankungen wie Demenz folgen kann. Die Krankenkassen stehen bei Diagnose, Behandlung und der Versorgung mit Hilfsmitteln unter Leistungspflicht.
Was weniger bekannt ist: Inkontinenz betrifft Millionen Menschen allein in Deutschland. Eine Studie aus dem Jahr 2005 besagt dass über alle Altersgruppen hinweg rund dreizehn von hundert Menschen betroffen sind. Laut "Stiftung Gesundheitswissen“ steigt die Zahl mit dem Alter stetig an. Insgesamt leiden aber weitaus mehr Frauen als Männer darunter.
Auch wenn Harninkontinenz häufig als Blasenschwäche bezeichnet wird, ist die Blase nicht immer die Ursache für den Harnverlust. Vielmehr kann es sich um Fehlfunktionen des Harntraktes wie zum Beispiel Entleerungsstörungen oder einen geschwächten Beckenboden handeln. Die medizinischen Hauptformen sind Dranginkontinenz und Belastungsinkontinenz sowie Mischformen aus diesen beiden. Bei Belastungsinkontinenz kommt es je nach Schweregrad schon bei kleinsten Anstrengungen zu unerwünschtem Harnverlust. Gründe hierfür können beispielsweise hormonelle Veränderungen oder auch eine Schwangerschaft sein. Bei einer Dranginkontinenz leiden die Betroffenem unter plötzlichem und starken Harndrang, der sich teilweise unwillkürlich äußert. Hier sind zum Beispiel Übergewicht oder Nervenschäden ursächlich. Weitere Formen sind eine Stressinkontinenz, Reflexinkontinenz, Überlaufinkontinenz oder Stuhlinkontinenz.
VIDEO: Verdacht auf Inkontinenz - Wohin wende ich mich?
Behandlungsmöglichkeiten bei Inkontinenz
Wer den Verdacht hat, inkontinent zu sein, sollte dahingehend einen Arzt konsultieren, um die Ursachen zu ergründen. Als Spezialisten zuständig sind beispielsweise Urologen, Gynäkologen oder auch Internisten. Anschließend gibt es verschiedene Möglichkeiten, eine Inkontinenz zu behandeln, die von Patient zu Patient unterschiedlich sind. Die Therapie nämlich sollte nicht nicht nur an den Grad der Inkontinenz, sondern auch an die Lebensumstände angepasst sein. Vielfältig sind die Behandlungswege jedoch allemal und reichen von Beckenbodentraining oder Gewichtsreduktion bis hin zu operativen Verfahren. Zur direkten Hilfe für Patienten und Patientinnen mit Inkontinenz werden spezielle Inkontinenzeinlagen, Einweghosen und auch Medikamente verschrieben.
Selbstakzeptanz statt Scham
Viele Menschen haben Probleme damit, den unkontrollierten Urinverlust zu akzeptieren. Die Scham vor den Mitmenschen kann im Extremfall zu sozialer Isolation oder Sozialphobien führen. An einer Harninkontinenz ist jedoch nicht verwerflich. Durch die große Behandlungsvielfalt ist eine relativ normaler Teilnahme am sozialen Leben weiterhin möglich. Genuss und Lebensqualität müssen nicht zwangsläufig darunter leiden. Für die Betroffenen kann der offenere Umgang mit dem Thema Inkontinenz eine Befreiung sein. Selbsthilfegruppen bieten dafür eine vertrauliche geschützte Umgebung.
- Training der Beckenbodenmuskulatur
- Abnehmen
- Ballaststoffreiche Ernährung
- Verzicht auf Blasen-reizende Lebensmittel
- Hinweise aus dem sozialen Umfeld ( TV oder Radio zu laut )
- Entspannungstechniken wie Autogenes Training oder PMR
Was zahlt die Krankenkasse bei Inkontinenz?
Gesetzlich Versicherte haben bei vorliegender ärztlicher Diagnose und Verordnung ein Anrecht auf Versorgung mit Inkontinenzhilfen. Die Kassen zahlen dann, wenn mindestens eine mittelgradige Inkontinenz vorliegt, das bedeutet, dass Betroffene innerhalb von vier Stunden 100 bis 200 Milliliter Urin oder Stuhl verlieren. In der ärztlichen Verordnung sollten nebst der Diagnose, auch die genaue Bezeichnung des zu verordnenden Produkts, die Menge und der Verordnungszeitraum angegeben sein. Außerdem sollte auch der Beweggrund aufgeführt sein, also beispielsweise, dass einem das Hilfsmittel die Teilhabe am sozialen Leben ermöglicht. Benötigt man die Produkte dauerhaft, so kann einem der behandelnde Arzt eine Dauerverordnung ausstellen, welche mehrere Monate gültig ist.
Als Versicherte haben Sie beim ärztlich verordneten Bezug von Inkontinenzhilfen einen Anspruch auf individuelle Beratung, Anpassung und Einweisung gegenüber dem Partnerunternehmen der Krankenkasse. Zum Anspruch gehört weiterhin, dass Sie auf Lieferung in neutraler Packung bestehen dürfen und dass die Lieferung innerhalb von 72 Stunden ausgeführt werden muss.
Die Stückzahlbegrenzung lässt sich umgehen, wenn Arzt oder Ärztin auf dem Rezept festhalten, dass ein Mehrbedarf vorliegt. Geltend gemacht werden kann im Rezept zu dem eine medizinische Notwendigkeit für ein höherwertigeres Produkt. So ist es möglich, dass die Krankenkasse auch eine über den Regelfall hinausgehende Versorgung bewilligt
Apotheke, Sanitätshaus oder Internet?
Für den Kauf bzw. Bezug von Inkontinenzhilfen ist es wichtig, Rückprache mit der Krankenkasse zu halten. Denn kostenfrei (außer der Zuzahlung) sind die Inkontinenzhilfen nur, wenn sie über die Vertragspartner der Kassen bezogen werden, also bestimmte Sanitätshäuser oder Apotheken, bezogen werden. Bezieht man Produkte eines nicht gelisteten Händlers, zum Beispiel im Internet, dann müssen unter Umständen die Differenzbeträge zwischen dem Preis des Vertragspartners und dem des Wunschhändlers aus eigener Tasche bezahlt werden. Bei Unzufriedenheiten mit den gelieferten Produkten und sonstigen Problemen kann man sich ebenfalls an die Krankenkasse wenden und gegebenenfalls den Händler wechseln. Denn meist bestehen mehrere Verträge mit unterschiedlichen Partnern.
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