Einrichtungsbezogene Impfpflicht: Wer ist betroffen und welche Ausnahmen gelten?
Rechtsgrundlage für die Branchen-Impfflicht
Gesetzlich verankert ist die einrichtungs- und unternehmensbezogene Impfpflicht in § 20a Infektionsschutzgesetz (IfSG). Als Teil des „Gesetzes zur Stärkung der Impfprävention gegen COVID-19 und zur Änderung weiterer Vorschriften im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie“ wurde die Norm Mitte Dezember 2021 vom Bundestag beschlossen und trat am 12. Dezember 2021 in Kraft.
Auf Grundlage dieser Regelung müssen Personen, die in bestimmten Einrichtungen und Unternehmen tätig sind, gegen COVID-19 geimpft oder davon genesen sein. In Anknüpfung daran gelten Nachweispflichten und Meldepflichten. Laut dem angepassten § 73 IfSG können Verstöße dagegen mit Bußgeldern geahndet werden. Die regelung gilt zeitlich begrenzt vorerst bis Jahresende 2022.
Wer genau ist betroffen und wer nicht?
Von § 20a IfSG werden alle Personen erfasst, die in den genannten Einrichtungen und Unternehmen regelmäßig und über einen längeren Zeitraum tätig sind. Dabei kommt es nicht auf das genaue Vertragsverhältnis an. Entscheidend ist allein die Tätigkeit in den jeweiligen Einrichtungen, weshalb die Regelung auch für externe Personen gilt, die nicht im engeren Sinne als Betriebszugehörige gelten. Erfasst werden beispielsweise:
- medizinisches bzw. Pflege- und Betreuungspersonal (einschließlich zusätzlicher Betreuungskräfte nach § 53b SGB XI)
- Hausmeiser sowie Transport-, Küchen- oder Reinigungspersonal
- Auszubildende und Praktikanten
- ehrenamtlich Tätige und Personen im Freiwilligendienst (Bundesfreiwilligendienst, Jugendfreiwilligendienst)
- Zeitarbeitskräfte
Der Paragraf § 20a stellt lar, dass die Impfpflicht ausschließlich für alle in den Einrichtungen Arbeitende, nicht aber für Patienten oder sonstige Betreute gilt. Patienten in einem Krankenhaus müssen demnach weder geimpft noch genesen sein.
Ausdrücklich ausgenommen sind Personen, die aufgrund einer medizinischen Kontraindikation nicht gegen das Coronavirus geimpft werden können (§ 20a Abs. 2 S. 2 IfSG), für die die Impfung also ein erhebliches gesundheitliches Risiko birgt.
Wer nur zeitlich vorübergehend, also etwa nur wenige Minuten in jenen Einrichtungen und Unternehmen tätig ist, unterfällt der Regelung nicht. Das trifft zum Beispiel auf Postboten und Lieferdienste zu. Auch Handwerker können, je nach Dauer der Tätigkeit, ausgenommen sein. Friseure, die regelmäßig zum Haareschneiden kommen, Orthopädietechniker und medizinische Fußpfleger hingegen müssen eine Impfung nachweisen. Personen, die zwar länger oder regelmäßg, aber nur außerhalb der Gebäude tätig werden wie Bauarbeiter oder Gebäudeaußenreiniger, sind nicht betroffen.
Betroffene Einrichtungen und Unternehmen
Nach dem neuen Paragrafen müssen Personen, die in bestimmten Einrichtungen und Unternehmen tätig sind, hinsichtlich COVID-19 geimpft oder genesen sein. Die davon betroffenen Stellen sind im Gesetzestext aufgelistet. Es zählen unter anderem dazu:
- Krankenhäuser und Rettungsdienste
- Einrichtungen für ambulantes Operieren
- Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen
- Dialyseeinrichtungen
- Tageskliniken
- Geburtshäuser, Hebammenpraxen und andere Entbindungseinrichtungen
- Arztpraxen und Zahnarztpraxen
- Praxen für Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie
- Psychotherapeutische Praxen und Therapieeinrichtungen
- Heilpraktiker
- voll- oder teilstationäre Pflegeeinrichtungen und ambulante Pflegedienste
Hinter dieser Auflistung steht der Gedanke des Gesetzgebers, dass sich in bestimmten „Settings“ typischerweise eine Vielzahl an so genannten vulnerablen Personen aufhalten, die bei einer Infektion mit dem Coronavirus ein höheres Risiko für schwere Verläufe tragen. Das können etwa Pflegebedürftige, Menschen mit Behinderungen und Beeinträchtigungen oder auch Schwangere und Neugeborene sein. Um diese Menschen zu schützen, müssen Personen, die dort tätig sind, geimpft oder genesen sein. Laut der Begründung des Gesetzgebers geht von Geimpften und Genesenen ein deutlich geringeres Risiko aus, weil sie seltener infiziert und somit seltener zu Überträgern des Coronavirus werden und weniger bzw. für einen kürzeren Zeitraum infektiös sind.
Beschäftigungs- und Tätigkeitsverbot für Ungeimpfte
Personen, die zum 15. März 2022 bereits in den betroffenen Einrichtungen und Unternehmen tätig sind, müssen bis zu diesem Stichtag einen Impfnachweis oder Genesenennachweis oder ein ärztliches Zeugnis darüber, dass nicht gegen das Coronavirus geimpft werden können, vorlegen, § 20a Abs. 2 IfSG. Der jeweilige Nachweis muss der Leitung der Einrichtung oder der Unternehmensführung vorgelegt werden.
Werden die entsprechenden Nachweise nicht (rechtzeitig) erbracht, muss die Einrichtungs- bzw. Unternehmensleitung unverzüglich das zuständige Gesundheitsamt benachrichtigen. Weiterhin sind alle Beschäftigten auch dem Gesundheitsamt gegenüber nachweispflichtig, wenn Sie dazu aufgefordert werden. Auch wer ab dem Stichtag neu in einer betroffenen Einrichtung tätig werden will, unterliegt ebenfalls der Nachweispflicht und muss diesen vor Beginn der Tätigkeit vorgelegt werden. Ohne Nachweis besteht ein Beschäftigungsverbot und Tätigkeitsverbot (§ 20a Abs. 3 S. 4, 5 IfSG). Ist ein Nachweis abgelaufen, muss innerhalb von einem Monat ein neuer gültiger Nachweis vorliegen. Ansonsten muss die Einrichtungsleitung unverzüglich das Gesundheitsamt benachrichtigen.
Arbeitsrechtliche Folgen bei Verstößen
Fehlt ein entsprechender Nachweis oder wird dieser nicht (rechtzeitig) vorgelegt, stellt sich die Frage nach den arbeitsrechtlichen Konsequenzen.
Ein Verstoß gegen das Beschäftigungs- und Tätigkeitsverbot ist sowohl für die Arbeitnehmer als auch die Einrichtungen mit einem Bußgeld belegt (§ 73 Abs. 1a Nr. 7g IfSG). Wurde der Arbeitsvertrag schon vor der Vorlage des Nachweises geschlossen, bleibt dieser grundsätzlich auch bestehen; der fehlende Nachweis wirkt sich dahingehend zunächst nicht aus. Allerdings wird der Arbeitgeber nach dem Grundsatz „Kein Lohn ohne Arbeit“ von seiner Lohnzahlungspflicht befreit, wenn wegen des fehlenden Nachweises ein Beschäftigungsverbot besteht, der Arbeitnehmer also nicht arbeiten kann.
Weitere arbeitsrechtliche Konsequenzen können Abmahnung und Kündigung sein. Beide Seiten können sich – angesichts der zeitlichen Begrenzung der Regelung bis Jahresende – auch auf eine unentgeltliche Freistellung einigen.
Für Personen, die schon vor dem 16. März 2022 in genannten Einrichtungen beschäftigt waren, ist kein solches gesetzliches Beschäftigungsverbot vorgesehen. Die Einrichtungsleitung ist jedoch zur Meldung an das Gesundheitsamt verpflichtet, welches wiederum zur Vorlage des Nachweises auffordern kann. Kommt der Arbeitnehmer dem nicht nach, kann das Gesundheitsamt ein Betretungs- und/oder Tätigkeitsverbot aussprechen (§ 20a Abs. 5 S. 3 IfSG). Auf den Arbeitsvertrag hat dies zwar keinen Einfluss. Doch kann der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung in diesem Fall nicht erbringen, weshalb der Arbeitgeber von der Lohnzahlungspflicht frei wird. Abmahnung sowie Kündigung kommen außerdem ebenfalls in Betracht. Solange das Gesundheitsamt kein Betretungs- oder Tätigkeitsverbot ausspricht, kann die betroffene Person weiterbeschäftigt werden. § 20a IfSG begründet insbesondere also kein alleiniges Recht des Arbeitgebers zur Freistellung.
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