Erster Schritt zur Therapie: Die psychotherapeutische Sprechstunde
Erstbehandlung ohne ÜberweisungsscheinWenn ein Mensch eine persönliche Krisenzeit durchlebt und sich selbst nicht mehr zu helfen weiß, ist es sehr ratsam, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. In Deutschland betrifft das pro Jahr mindestens ein Fünftel aller Erwachsenen. Die am häufigsten auftretenden Krankheitsbilder sind dabei Angststörungen, Depression, Alkoholsucht oder Medikamentenabhängigkeit. Eine psychotherapeutische Sprechstunde aufzusuchenm, ist für die Betroffenen ein erster wichtiger Schritt in eine heilsame Therapie.
Warum eine psychotherapeutische Sprechstunde?
Die psychotherapeutische Sprechstunde dient als Erstkontakt dazu, die ambulante psychotherapeutische Versorgung für hilfesuchende Menschen schneller zugänglich zu machen. Die anbietenden Praxen koordinieren
als Lotse im Sprechstunde als
Gesetzlich Versicherte können alle zugelassen Anbieter aufsuchen und sich mit ihrer elektronischen Gesundheitskarte wie in einer ärztlichen Praxis anmelden. Während der Sprechstunde stellt sich heraus ob eine psychische Erkrankung vorliegt. Bei Bedarf kann eine Sprechstundenzeit von insgesamt 150 Minuten in Anspruch genommen werden. Für Menschen unter 21 Jahren stehen 250 Minuten zur Verfügung. Eine Sitzung dauert jeweils 50 Minuten. Die Therapeuten nehmen während dieser Zeitspanne eine orientierte Diagnostik vor und stellen zunächst eine Verdachtsdiagnose gestellt.
Anbieter für psychotherapeutische Sprechstunde
Wichtig dabei ist: Es muss sich um eine Praxis mit Kassenzulassung (Vertragspraxis) handeln.
Bezahlt die Krankenkasse meine Behandlung?
Für eine spätere Kostenübernahme durch Ihre Krankenkasse ist es notwendig, dass Sie vor Beginn einer Psychotherapie bei einer psychotherapeutischen Sprechstunde gewesen sind. Die Sprechstunde ist somit verbindlich und verpflichtend für eine weitere Behandlung. Falls Sie nach Ihrer Sprechstunde mit Ihrer Psychotherapeutin oder Ihrem Psychotherapeuten eine weiterführende Behandlung vereinbart haben, wird diese unter bestimmten Voraussetzungen von Ihrer Krankenkasse übernommen.
Die Voraussetzungen für eine Kostenübernahme sind, dass es sich um eine psychische Störung mit Krankheitswert handelt und dass die weiterführende Psychotherapie nach anerkannten Verfahren durchgeführt wird.
Zu psychische Störung mit Krankheitswert zählen unter anderem:
• Angststörungen
• Depressionen
• Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen
• psychosomatische Störungen
• Suchterkrankungen
• Zwangsstörungen
Welche Verfahren werden übernommen?
Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen die Kosten, wenn die Behandlung als Richtlinienverfahren zugelassen ist. Das heißt, die psychotherapeutische Behandlungsmethode muss wissenschaftlich anerkannt und wirtschaftlich sein. Dazu gehören derzeit:
• Verhaltenstherapie
• tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie
• analytische Psychotherapie
• Systemische Therapie
• Eye Movement Desensitization and Reprocessing (EMDR) bei Behandlung von Posttraumatischen Belastungsstörungen
Ersten Schritte für professionelle Hilfe
Falls Sie keine Therapeutin oder keinen Therapeuten für die psychologische Sprechstunde in Ihrer Nähe finden können, können Sie sich an die Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigung wenden. Diese ist bundesweit unter der einheitlichen Telefonnummer 116117 zu erreichen. Parallel bieten die Servicestellen auch eine elektronische Terminvermittlung per App an. Auf der Seite www.eterminservice.de/terminservice wird Ihnen dazu, nachdem Sie einen Vermittlungscode per E-Mail bekommen haben, online weitergeholfen.
Des Weiteren können Sie sich auch an die telefonische Kundenbetreuung Ihrer Krankenkasse wenden. Dort wird Ihnen eine psychologische Sprechstunde vermittelt, vorausgesetzt die Krankenkasse bietet einen Facharzt-Terminservice an.
Die Richtlinien sehen vor, dass Ihnen innerhalb von vier Wochen ein Termin für eine psychotherapeutische Sprechstunde angeboten werden muss. Bei einer Akutbehandlung wird Ihnen ein Termin innerhalb von zwei Wochen vermittelt. Für die Inanspruchnahme der Sprechstunde ist jeweils keine Überweisung vom Hausarzt oder Facharzt notwendig.
Was passiert bei der Sprechstunde?
Während der persönlichen Sprechstunde können Sie Ihre Problemlage schildern und Ihre Ängste offen ansprechen. Da während einer 25-minütigen Sitzung die Zeit ziemlich schnell verstreicht, kann das vorherige Aufschreiben Ihrer Anliegen vorteilhaft sein. Die Psychotherapeutin oder der Psychotherapeut beurteilt nach mehreren Sitzungen Ihre Situation. Anschließend wird in einem gemeinsamen Gespräch das weitere Vorgehen geklärt.
Nach den Sitzungen bekommen Sie einen Befundbericht ausgehändigt. Nicht immer ist in einer prekären Situation eine Psychotherapie das beste Hilfsmittel. Sie werden Informationen darüber erhalten welche Selbsthilfe- und Beratungsangebote Ihnen helfen können oder ob eine weiterführende psychotherapeutische Behandlung notwendig ist. Die Anträge für eine weiterführende Psychotherapie werden meistens von den Therapeuten und Therapeutinnen bei den Krankenkassen gestellt. Das passiert natürlich in Absprache mit Ihnen.
Viel Erfolg!
Weiterführende Infos
Die Psychotherapie-Richtlinie stellt die gesetzliche Grundlage für die Durchführung von psychotherapeutischen Behandlungen in der vertragsärztlichen Versorgung dar. Die Richtlinie regelt alle ambulanten psychotherapeutischen Behandlungs- und Anwendungsformen, welche zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen durchgeführt werden.
Auf der Webseite des Bundesgesundheitsministeriums können Sie ebenfalls Informationen rund um die psychotherapeutische Sprechstunde nachlesen.
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