Hilfe durch Psychotherapie: Was zahlt die Krankenkasse?
Welche Therapiearten übernommen werden und welche Schritte dafür nötig sindWas passiert bei einer Psychotherapie?
Die Art und Dauer einer psychotherapeutischen Behandlung hängt von der konkreten Symptomatik der Störungen und dem Schweregrad der Erkrankung ab. Mit einigen Monaten sollten Betroffene aber auf jeden Fall rechnen und sich auf eine bis zu mehreren Therapiestunden pro Woche einstellen.
Zunächst versucht der Arzt oder Therapeut, seinem Patienten dessen Erkrankung verständlich zu machen. Patientinnen und Patienten sollen zudem darüber ins Bild gesetzt werden, was im weiteren Verlauf der Behandlung geschehen wird, und möglichst eine vertrauensvolle Beziehung zum Therapeuten aufbauen. Hierbei werden bereits gemeinsam erste Lösungsansätze für einen besseren Umgang mit der Erkrankung gesucht. Anschließend erfolgt die Auseinandersetzung mit den konkreten Problemen des Patienten. Dabei geht es auch um die Entwicklung von Bewältigungsstrategien.
Welche Therapiearten bezahlt die Krankenkasse?
Von den gesetzlichen Krankenkassen werden drei Therapiearten übernommen: tiefenpsychologische Verfahren, Psychoanalyse sowie Verhaltenstherapie. Weiterhin untrscheidet man in Kurzzeit-, Langzeit- sowie Gruppentherapie. Allen Verfahren ist gemein, dass der therapeutische Effekt mit Hilfe von Gesprächen erzielt werden soll.
- Kurzzeittherapien bestehen aus bis zu 24 Therapiesitzungen mit jeweils 50 Minuten. Zunächst werden 12 Therapieeinheiten (KZT1) beantragt und danach, falls erforderlich, 12 weitere (KZT2). Für die Kurzzeittherapie ist kein Gutachterverfahren nötig.
- Die Langzeittherapie (LZT) kann ohne vorherige Kurzzeittherapie beantragt werden. Hat zuvor eine KZT stattgefunden, muss die Beantragung der LZT spätestens bis zur 20. Sitzung der KZT2 erfolgt sein. Die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie umfasst bis zu 60 Stunden mit jeweils 50 Minuten. Bei der Psychoanalyse sind es bis zu 160 Therapiestunden. Auch hier kann eine Verlängerung beantragt werden: Bei tiefenpsychologischen Verfahren können bis zu 100 weitere Stunden, bei der analytischen Therapie bis zu 300 Stunden beantragt werden. Bei einer Verhaltenstherapie werden im ersten Bewilligungssschritt 60 und im zweiten bis zu 80 Therapiesitzungen bewilligt. Für die Genehmigung durch die Krankenkasse werden alle Therapiesitzungen angerechnet. Es wird also die Differenz aus den für die Langzeittherapie beantragten Sitzungen und den KZT-Terminen, sofern erfolgt, gebildet. Nur für diese Differenz wird dem Patienten eine weitere Kostenübernahme genehmigt. Bei Beantragung einer Langzeittherapie wird ein Gutachterverfahren durchgeführt.
- Gruppentherapien sind als gleichwertig zu den beiden anderen Formen anzusehen und kommen zum Einsatz, wenn sich der Therapeut hiervon ein positives Behandlungsergebnis für seinen Patienten erhofft. Hierbei werden wie bei der Einzeltherapie analytische Psychotherapie, tiefenpsychologische Therapie oder Verhaltenstherapie angewendet. Analytische Psychotherapie: Bis zu 80 und im zweiten Schritt bis zu 150 Einheiten werden bewilligt. Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie: Zunächst können 60, danach noch mal bis zu 80 Sitzungen beantragt werden. Bei der Verhaltenstherapie gibt es in Bezug auf die Anzahl der Einheiten keine Unterschiede zur Einzeltherapie. Eine Einheit dauert 100 Minuten.
Paar- und Familientherapien sowie ähnliche Angebote zählen nicht zur Psychotherapie, fallen also nicht in den Bereich der Heilkunde, sondern in den der psychologischen Lebensberatung. Die hierbei anfallenden Kosten werden daher auch nicht von der Krankenkasse übernommen.
Wie finde ich einen Therapieplatz?
Spielen Sie mit dem Gedanken, einen Arzt für Psychotherapie beziehungsweise einen Psychotherapeuten aufzusuchen, müssen Sie zunächst an einer psychotherapeutischen Sprechstunde teilnehmen. Für die ambulante Psychotherapie kommen dafür psychologische und ärztliche Psychotherapeuten infrage. Die Suche nach einem Therapieplatz erleichtert beispielsweise das Arztsuche-Onlineportal der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. Auch die Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigungen sind Suchenden behilflich, wenn sie keinen Therapeuten finden. Innerhalb von vier Wochen erhalten sie dann einen von der einer der Terminservicestellen vermittelten Termin zur Sprechstunde bei einem Psychotherapeuten in ihrer Nähe.
Zwar ist das Angebot einer psychotherapeutischen Sprechstunde seit dem 4. April 2017 für alle ärztlichen und psychologischen Psychotherapeuten mit Genehmigung zur Abrechnung von Psychotherapie nach Richtlinie verpflichtend, doch können sich lange Wartezeiten ergeben. Dies ist auf die erhöhte Nachfrage nach Psychotherapie bei gleichzeitiger geringer Anzahl von Therapeuten in manchen Orten Deutschlands zurückzuführen. Nutzen Sie aber beispielsweise den Dienst der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, ist Ihnen der Sprechstundentermin nach spätestens vier Wochen sicher.
Schritte hin zur Psychotherapie
Am Anfang steht die Sprechstunde bei einem ärztlichen oder psychologischen Psychotherapeuten, in der er sich mit Ihrer Problematik auseinandersetzen und feststellen kann, ob es sich um eine psychische Erkrankung handelt. Gegebenenfalls kann er auch schon eine erste Diagnose stellen. Erkennt er ein akutes Problem, kann er sofort mit einer sogenannten Akutbehandlung beginnen, welche bei längerem Bedarf im Rahmen einer Psychotherapie fortgesetzt werden kann. Voraussetzung für ein solches Überführen einer Akutbehandlung in eine Psychotherapie ist ab dem 01.04.2018 das Wahrnehmen einer psychotherapeutischen Sprechstunde.
Nach der Sprechstunde erfolgen probatorische Sitzungen (keine Überweisung nötig). Bei den Porbesitzungen handelt es sich um Termine, die vor allem dazu dienen, herauszufinden, ob die Chemie zwischen Ihnen und dem Therapeuten stimmt. Außerdem sollten Sie in den Sitzungen für sich klären, ob eine Psychotherapie der richtige Weg für Sie ist. Auch der Therapeut gibt hierzu seine Einschätzung. Für eine weitere Behandlung müssen mindestens zwei solcher Probesitzungen wahrgenommen werden. Entscheiden Sie sich dafür, den Psychotherapeuten zu wechseln, müssen auch bei diesem mindestens zwei probatorische Sitzungen erfolgen.
Wenn nach den probatorischen Sitzungen feststeht, dass Sie sich psychotherapeutisch von der Person behandeln lassen wollen, bei der Sie die Sitzungen absolviert haben, ist der nächste Schritt eine ärztliche Untersuchung. Durch diese soll eine organische Erkrankung als Ursache für das psychische Leiden ausgeschlossen werden. Kann dies ausgeschlossen werden, wird ein Konsiliarbericht verfasst, der zusammen mit dem Antrag von dem Therapeuten bei der entsprechenden Krankenkasse eingereicht wird. Der Bericht enthält ausschließlich die für die Entscheidung (Leistungsbewilligung bzw. -ablehnung) der Kasse nötigen Angaben.
Der Antrag auf die eigentliche psychotherapeutische Behandlung kann bereits nach der ersten probatorischen Sitzung gestellt werden, sofern ein Termin für eine weitere Sitzung vereinbart wurde. Sollen weitere Sitzungen erfolgen, können diese bis zum Beginn der eigentlichen beantragten Therapie wahrgenommen werden. Der Antrag gilt auch als bewilligt, wenn der Patient keinen Bescheid von seiner Krankenkasse erhalten hat und drei Wochen seit dem Antrag verstrichen sind. Für gewöhnlich wird aber ein formloses Bewilligungsschreiben von der Krankenkasse verschickt. Nun kann die eigentliche Behandlung beginnen.
Kostenübernahme durch die Krankenkasse
Die Krankenkasse kommt bei Erwachsenen für bis zu sechs Sprechstunden je Krankheitsfall mit insgesamt bis zu 150 Minuten Dauer und für bis zu vier probatorischen Sitzungen auf. Bei Kindern und Jugendlichen liegt das Maximum bei zehn Sprechstunden mit insgesamt bis zu 250 Minuten und sechs probatorischen Sitzungen. Weiterhin kann eine Kostenübernahme für bis zu 24 Therapieeinheiten à 25 Minuten für eine Akutbehandlung erfolgen. Für die Termine einer Akutbehandlung ist weder eine ärztliche Überweisung noch eine Genehmigung der Krankenversicherung nötig.
Damit die Kassen die Kosten für die eigentliche Psychotherapie übernehmen, müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein:
- Der Therapeut hat im Laufe der Probesitzungen festgestellt, dass bei seinem Patienten eine psychische Störung mit Krankheitswert vorliegt.
- Der Therapeut muss eine Kassenzulassung besitzen.
Wenn die Bewilligung der Krankenkasse zur Kostenerstattung vorliegt, muss der Patient keine Zuzahlungen leisten.
Heilkundliche Psychotherapie
Wer privat versichert ist oder auch als gesetzlich Versicherter bereit ist, eine Psychotherapie privat aus eigener Tasche zu bezahlen, kann auch eine heilkundliche Psychotherapie ohne Kassenzulassung in Anspruch nehmen.
Diese wird von bestimmten Berufsgruppen angeboten, die die geschützte Berufsbezeichnung 'Psychotherapeut' nicht führen dürfen, jedoch eine Erlaubnis zur Ausbübung der Psychotherapie nach dem Heilpraktikergesetz (HeilprG) besitzen.
Das können ausgebildete Heilpraktiker, aber auch Psychologen mit Heilkundeerlaubnis sein. Das Angebot an wissenschaftlich anerkannten Therapiemethoden ist in diesem Bereich wesentlich umfangreicher als der Bereich, der von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen wird. Es umfasst beispielsweise:
- Gestalttherapie (nach Pearls)
- Traumatherapie
- Psychodynamische Psychotherapie
- Hypnosepsychotherapie ( Hypnotherapie)
- NLP (neurolinguistisches Programmieren)
- Primärtherapie (nach Janov)
- Bioenergetik ( nach Lowen )
- Biodynamische Körperpsychotherapie ( nach Boyesen )
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"Das können wir nicht zulassen"
Das geplante Termin- und Servicegesetz von Gesundheitsminister Spahn (CDU) enthält Passagen über künftig vorgeschriebene 'Voruntersuchungen' bei Menschen die eine Psychotherapie benötigen. Mit einer Petition an den Bundestag meldeten die Verbände der Psychotherapeuten dagegen Protest an. -
Kosten für Haustiere sind auch bei laufender Psychotherapie Privatsache
Die gesetzlichen Krankenkassen sind nicht verpflichtet, die Haltungskosten für Haustiere wie Katzen oder Hunde zu tragen. Das hat das Sozialgericht Dortmund in einem aktuellen Urteil bestätigt. Diese seien weder ein Hilfs- noch ein Heilmittel im Sinne der Krankenversicherung. -
Ablehnungsquote für Psychotherapie stark angestiegen
Wer psychisch krank ist, aber dringenden Bedarf für eine Psychotherapie nachweist, kann laut Sozialgesetzbuch die Kosten für eine Therapie auch bei privaten Therapeuten abrechnen. Die Kassen lehnen allerdings immer mehr solcher Anträge ab – aus Kostengründen. -
Neues DMP-Programm für Menschen mit Depression
Menschen, die an längeren und wiederkehrenden Depressionen leiden, können in Zukunft in einem strukturierten Behandlungsprogramm (Disease-Management-Programm, DMP) behandelt werden. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat dazu Mitte August einen entsprechenden Beschluss gefasst.