Zuzahlungsbefreiung
Damit der Patient durch die Zuzahlung finanziell nicht überfordert wird, ist eine Zuzahlung nur bis zur Höhe einer bestimmten Belastungsgrenze zu leisten. Ab dem Erreichen dieser Grenze ist auf Antrag eine Zuzahlungsbefreiung in der gesetzlichen Krankenversicherung möglich.
Belastungsgrenze und maximale Zuzahlung
Seit 2004 erbringen gesetzlich Versicherte für die meisten Leistungen eine Zuzahlung von zehn Prozent, aber höchstens zehn Euro und mindestens fünf Euro, jedoch nie mehr als die tatsächlich entstandenen Kosten.
Ausnahmen, die nicht bei der Belastungsgrenze berücksichtigt werden, bilden hierbei:
- Eigenanteile zum Zahnersatz,
- Eigenanteile für Hilfsmittel, die gleichzeitig Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens sind,
- Kosten für Leistungen, die ohne ärztliche Verordnung in Anspruch genommen werden,
- Aufwendungen für Mittel, die komplett selbst bezahlt werden müssen, weil die Krankenkasse die Kosten nicht übernehmen darf,
- Kosten für Individuelle Gesundheitsleistungen (Igel-Leistungen).
Im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung werden grundsätzlich alle Zuzahlungen für das Erreichen der Belastungsgrenze berücksichtigt.
Zuzahlungsbefreiung beim Erreichen der Belastungsgrenze
Wird die Belastungsgrenze bereits innerhalb eines Kalenderjahres erreicht, hat die Krankenkasse eine entsprechende Bescheinigung auszustellen, dass für den Rest des Jahres keine Zuzahlung mehr zu leisten ist. Diese Befreiung muss über einen Antrag durch den versicherten an die Krankenkasse angefordert werden. Sobald die Belastungsgrenze von dem Versicherten erreicht wurde, ist er sowie die mitversicherten Familienmitglieder für den Rest des Jahres von allen weiteren Zuzahlungen befreit.
Die Versicherten werden beim Erreichen der Belastungsgrenze nicht automatisch von ihrer Krankenkasse benachrichtigt. Aus diesen Gründen ist es ratsam einen Überblick über die eigenen Zuzahlungen zu behalten und alle Zahlungsbelege aufbewahren. In Apotheken gibt es hierfür Unterlagen, Computerausdrucke oder Hefte, in denen die Zuzahlungen quittiert werden können.
Leistungen ohne Zuzahlung
Kinder bis 18 Jahre sind grundsätzlich von Zuzahlungen befreit. Die einzige Ausnahme bildet hierbei die Zuzahlung bei Fahrkosten. Diese müssen auch von Versicherten gezahlt werden, die noch nicht volljährig sind.
Weiterhin fallen keine Zuzahlungen bei:
- den Untersuchungen zur Vorsorge und Früherkennung, die von den gesetzlichen Krankenkassen getragen werden,
- den empfohlenen Schutzimpfungen und
- Harn- und Blutteststreifen an.
Berechnung der Belastungsgrenze
Die Belastungsgrenze beträgt für alle Versicherte zwei Prozent der jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt. Für chronisch Kranke, die wegen derselben schwerwiegenden Erkrankung in Dauerbehandlung sind, beträgt sie ein Prozent der jährlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt.
Als Einnahmen zum Lebensunterhalt können als ‚Familienbruttoeinkommen‘ verstanden werden. Zu diesen gelten neben den Einnahmen des Mitglieds auch die Einnahmen anderer im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen.
Somit errechnet sich die Belastungsgrenze aus den Bruttoeinnahmen aller Familienmitglieder. Im Einzelnen handelt es sich hierbei um den Ehegatten sowie die familienversicherten Kinder. Partner aus einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft zählen nicht zu den Angehörigen.
Durch Einzelfallprüfungen durch die Krankenkasse können neben den Kindern oder den Ehepartnern auch andere Angehörige in die Berechnung einbezogen werden, wenn sie den gesamten Lebensunterhalt mit der Familie zusammen bestreiten.
Sind die Kinder beispielsweise als Student oder Auszubildender selbst versichert, werden die Kinder separat beurteilt und die Bruttoeinkommen der Kinder bleiben unberücksichtigt.
Ein gemeinsamer Haushalt setzt voraus, dass mehrere Familienangehörige ihren Wohnsitz zusammen an der gleichen Stelle (Haus, Wohnung) begründet haben und in einer Wirtschaftsgemeinschaft leben. Ein gemeinsamer Haushalt liegt auch dann vor, wenn sich Ehegatten oder Kinder zwar vorübergehend nicht in dem gemeinsamen Haushalt aufhalten, dort jedoch noch einen (ersten oder zweiten) Wohnsitz haben. Renten, Miet- und Pachteinnahmen werden ebenso wie Abfindungen und Betriebsrenten als Einnahmen veranlagt.
Einnahmen zum Lebensunterhalt
Die Spitzenverbände der Krankenkassen haben in einem gemeinsamen Rundschreiben festgelegt, was zu den Einnahmen zum Lebensunterhalt zählt und was nicht.
Dazu zählen beispielsweise:
- Arbeitseinkommen aus selbständiger Tätigkeit,
- Krankengeld und Kinderkrankengeld,
- Arbeitslosengeld,
- Pflegeunterstützungsgeld,
- Übergangsgeld,
- Elterngeld (nur Betrag, der beim Basiselterngeld über 300 Euro, beim ElterngeldPlus über 150 Euro liegt) und
- Renten (aus der gesetzlichen Rentenversicherung sowie Renten aus der gesetzlichen Unfallversicherung).
Nicht dazu zählen unter anderem
- das Pflegegeld,
- das Kindergeld,
- Landeserziehungsgeld und Elterngeld,
- Blindenhilfe und Landesblindengeld,
- Ausbildungsförderung (BAföG) und
- Beschädigten-Grundrente nach dem BVG.
Zugzahlungsregeln für Familien
Die für die Familien geltenden Freibeträge, die von den jährlichen Bruttoeinkommen zum Lebensunterhalt abgezogen werden können, richten sich nach der sogenannten Bezugsgröße. Diese ist ein Durchschnittswert der Jahreseinnahmen der Versicherten.
Die Bezugsgröße liegt Stand 2021 bei 39.480 Euro. Zudem wird ein Freibetrag von 8.388 Euro (Stand 2021) für jedes minderjährige oder familienversicherte Kind des Versicherten und des Lebenspartners berücksichtigt.
Empfänger von Sozialhilfeleistungen
Bei Sozialhilfeempfängern gilt der Regelsatz des Haushaltsvorstands als Berechnungsgrundlage für die Belastungsgrenze der kompletten Bedarfsgemeinschaft. Bezieher von Sozialhilfe mit hohen Zuzahlungen innerhalb kurzer Zeit, können mit dem jeweiligen Sozialhilfeträger eine darlehensweise Übernahme vereinbaren, um die finanzielle Belastung auf mehrere Monate zu verteilen. Hierfür ist Voraussetzung, dass sich zuvor die Sozialhilfeträger und die Krankenkasse auf ein solches Verfahren verständigt haben.